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O^eßqewäilder und '.Ilaria in 0er .Hdssnunst Zu Pracht und Schönbeit batte sieb unsre Peterskirche iui lö-Zabr- hundert äußerlich und innerlicl, entwickelt, als im 16. Jahrhundert die Nesormation ihren Einzug hielt und die ans Glaube und brauch der alten Kirche heransgewachsenen Kleinodien als wesensfremd beiseite setzte. Aber diese Hinterlassenschaften wurden als wertvolle Zeugen der Vergangenheit treulich bewahrt, um noch beute Zeugnis abzulegen von der äußeren Pracht des damaligen Gottesdienstes wie von der hoben Kunst der Zeit, die in den Dienst der Kirche trat. Meßgewänder, Statuen und ein einziger Kelch mit Patene sind es, die uns ein Bild jener Zeit geben follen, Kulturfehätze, die die Kirchen verwaltung in dankenswertester Weife dem Mnfeum zur Schau stellung, Belehrung und wiffenschaftlicben Bearbeitung übergab. Vier Meßgewänder stellen wir an die Spitze: das eine aus Samt mit Granatapfelnmster und Rückenkrenz in Plattstickerei und Einlege arbeit mit Darstellungen von Gott Vater, Christus am Kreuz, Petrus und Paulus, der Maria mit Johannes mid der Anna selb- dritt, der ja die Auuakapellc geweiht wurde, eine Kafel aus dem iH.Zabrbundert. — Ferrier eine Kafel gleicher Zeit aus rotem Seidenrips mit Darstellung der Vermählung der Maria, der Ver kündigung, der Geburt, der Anbetung der Weifen, der Beschneidung nnd der N^aria als Schmerzensmutter vor Simeon. — Sodann aus dem iö-Zabrbundert eine Kafel aus hellgrünem Scidendamast mit Drnamemen und Blumen. Das Nückeukreuz zeigt auf rhombisch angelegtem Goldgründe Gott Vater, (Christus am Kreuz, Maria und Johannes, Maria Bragdalena mit Salbgefäß, nnd unten Petrus und Paulus in ganzer Figur, deren Brustbilder nochmals im Querbalken erscheinen. Die älteste Kasel aber, Görlitzcr Arbeit, schon ans der Zeit mn > ans der so überaus wenig erhalten ist, besteht aus rotem Seidenrips. Eine ganz erstaunliche Höbe der Kunst bat, wie die Abbildung zeigt, das prächtige Rückenkrenz geschaffen, das in Anlegearbeit ans spiralig geordnetem Goldgründe im Schcicberkrenzc oben den Pelikan darstellt, der seine Brut mit den« eigene«, Herzblnte nährt. Dem Heilande am Krenzesstanmic in edelster Ausgestaltung des Körpers und des ganzen Ausdruckes zu Füßen sehen «vir Maria Ntagdalena. Ihre Gestalt wie der Pelikan sind in feinstem Kettclsticb blau und weiß schattiert in stcadelmalerei ansgefübrt, während der ans Seide ausgeschnittene Christus, ans Leinwand gebracht, gemalte Angen nnd gesticktes Bart baar bat — eine in ihrer Gesamtheit noch beute erstaunliche und packende Kttnstleistmig. — Die Vorderseite zeigt ein Kreuz, ebenfalls aus roten,, mit goldnen Spiralfäden gezierten Grunde: Gott Vater, Christus am Kreuze mit Maria mid Johannes, und zwei Apostel. Eine andre schlesische Kasel aus dem k^.Zakrbundert im schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer in Breslau bringt im Rückenkrenz eineHeimsucblmg zurDarstellung, wobei die ungeborenen Kinder sichtbar im Schoße erscheinen. Mau mag über derartige Dar stellungen denken n'ie man wolle: sie sind aus dem Geiste der späteren Gotik mit allen ihren phantastischen Gestaltungen heraus geboren und in ihrer realistischen Weise immerhin unzähligen Frauen ein Gegenstand hoher Verehrung nnd der Untergrund ihrer Gebete gewesen, wie ganz wenige noch erhaltene plastische R.tariensiguren beweisen, an denen man die Leibesfrucht durch ein kleines Fensterlein ans Marienglas im Leibe siebt: eine ans Burg Falkcnstein im Harz aus Elfenbein, eine in Bogen an der Donau und eine ans Stein — nicht ans Holz, wie ein archäologiscbesKnnstwerk irrtümlich angibt — ans der Peterskirche in nnserm Museum.