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(^locken Welch gewaltigen Eindruck macht das Geläut der Glocke» auf Herz ^allssi^okke Gemüt! Welche Weibe baden sic mit ibrem Klange über Stadt nnd Land gebreitet! — Seit wann? fragen wir. Die ältesten Glocken waren klein und ans Blech. Seit dein st. Jabrbnndert wnrden sic gegossen, erst von Mönchen, dann von Laien, nm in den Dacbrcitern, nicht in den Türmen, gehängt zu werden. Die älteste datierte Glocke ist von i i44- Erst im i-z. und il>. Zabrbnndcrt erscbeinen größere mit Inschriften. So aucb in Görlitz. Das ältesteGeläut unsrer Peterskirche stammte aus dem Jahre 1472: die Susanna, die Salve-, die Desperglocke und das Scblnßglöcklein. Die Snsanna wurde mit einem Gewicbt von rost Zentner aus der Diebweide (beute Park) gegossen. 1516 trat eine uocb größere im Frauenzwinger von Andreas Hilliger gegossene mit einem Gewichte von 165 Zentner hinzu. Der Pfarrer Martin Faber taufte sie Maria. Sie bing r4 Iabre in einem Glockenbanse beim Vogtsbofe und wurde erst 1531 zur Glockenstube ausgezogen. Der Brand von 1691 hat auch die alten Glocken vernichtet, aber au ibre Stelle traten bald neue und noch gewaltigere, von denen die größte nach zweimal mißratenem Guß im Landhause 1696 fertiggestellt und am ersten Pfingsttage 1697 zum ersten Male geläutet wurde. Sie war die viertgrößte Glocke in Deutschland. (Claris glorios» in Erfurt — von 1497 — 275, Kölner Dom — von i44st — 224, St. Elisabetb, Breslau — von 1507 — 220, St. Peter und Paul in Görlitz 217 Zentner.) Noch größere sind aus neuerer Zeit. Sie wurde von acht Mann an zwei Schwengeln gezogen. St. Peter nnd Paul nebst dem Stadtwappen waren ihre Zierden. Schon im August 1691 hatte man mit dem Gusse der neuen Glocken begonnen. — Heute sind sie mit der mächtigen Glocke von 217 Zentner, die der Görlitzer Freude und Stolz war, nicht den Flammen, sondern dem Weltbrande des Krieges zum Opfer gefallen, und nur ibre Abgüsse in der Kirche und im Ratbanse künden in stummer Klage von altem Glück, von alter Macht und Pracht der Stadt! — Eine weitere Glocke, die Brand und Not verschonte, ein Kunstwerk, das »ms Iabr 1Z50 entstand nnd bereits den ältesten Ban der Kirche vor ibrer Erweiterung seit 142Zsab,ist eineTausglockc ansBronzeguß. Wir wissen, daß in alter Zeit die Täuflinge getaucht wurden in glocken- oder kelchsöcmigen Taufsteinen ans Stein oder Metall, nach dem das Tansrecbt erst im i Z. Iabrbnndert von den bischöflichen Kirchen mit ibren Tausbrmmen allmäblich auch aus andre über gegangen ivar. Der Derleibung des Tausrechts an die Peterskircbe verdankt unsre altebrwürdige, prächtige Taufglocke ihr Dasein. — Ilm ibren oberen Rand, der einen Durchmesser von 80,5 Zentimeter bat, sieben in mittelbocbdeutscber Sprache die Worte: „Wer Ozv HemvI^elle Vsrn Der ^ul 8ic1i t Der I Iivtle Ijevvnrri." — Die einzelnen Worte trennen gekrönte Franenköpfe, und am obersten Rande befindet sich ein Köpfchen, das die Stelle angeben mußte, wo der Täufer zu stehen hat. Die Mitte umzieht ein zweiter Fries mit doppeltgescbwänzteu böbnüscben Löwen im Schilde und ge krönten Fraueuköpseu, den untern Rand dieselben Bilder in umge- kebrter Richtung. Plastische bekrönte Fraueuköpse betonen auch die Stellen, wo die drei starken Bronzesüße augeuietet sind, zwischen die erst um i6no ein schön gearbeitetes Scbmiedegitter nnd der untere Blattkranz der Glocke trat. Das prächtige Schmiedegitter, das in 2 Meter Höbe nnd 7,st Meter Länge den Tansranm umschließt, trat 1617 an die Stelle des früberen ans bearbeiteten Steinen. Die Stelle, an der die Glocke stebt, ist die durch älteste Tradition ge- beiligte: am westlichen Ende der Kirche, meist ans der (nördlichen) Franenseite. Die Versetzung des Taufsteines in den hohen Chor scheint nur aus äußeren Gründen in den evangelischen Kirchen erfolgt zn sein. 14