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(Äorlitz 1575 Der erste namhafte Buchdrucker, der i» Görlitz einzog, erhielt im Jahre 1565 „die alte Schule", das Waidhaus, für seine Tätigkeit, uud es ist bezeichnend für die Heimatliebe der alten Görlitzer, das;, jedenfalls auf seine Veranlassung, der Goldschmied Metzker und der Formenscbneider Scharfenberg einen großen Holzschnitt von Görlitz in dem gewaltigen Ausmaße von 228:55 Zentimeter schufen, dessen Originalbolzstöcke noch heute die Sammlungen der Gedenkhalle bergen. Das etwas gar zu große und unhandliche Bild sand eine neue Be arbeitung durch Georg Braun und Franz Hogenberg in Köln, die im Jahre 1588 ein vierbändiges Kartenwerk vollendeten unter dem Titel: Idrliium prnecipuni um inuriclitlienli uni — Schaubühne der hervorragendsten Städte der Erde. Unter ihnen findet sich ein kost bares Bild von Görlitz in einer Bildgröße von .50:50 Zentimeter aus dem Jahre 1.575, und zwar in offenbarer Anlehnung an das erst genannte Werk gefertigt. Von den östlichen Höhen jenseits der NAßebrücke tut sich der Blick ans nach unserm alten schönen Görlitz des 16. Jahrhunderts, das sich bereits von den schweren Kämpfen der Hussitenkriege wie vom Pön- falle (1.547) erholt hatte und noch nicht ahnte, welche neue Opfer und Verluste ihm der Dreißigjährige Krieg auferlegen würde. Stolz ragen feine mit spitzen gotischen Helmen geschmückten Türme zum Himmel: die PeterSkirche in ihrer alten Gestalt vor dem Brande von 1691 mit 4 Türmen und 4 Dachreitern, rechts von ihr hinter der Wehrmauer mir dein Wichhanse nnd dem Hotherrnrni der Vogtshof mit Erker Im Graben am Hothertor, dem Hirschwinkel, tmnmeln sich die Hirsche, und ein breiterWeg, der zum Kuttelhose, dem alten Scblacht- hause der Stadt, bei der Mündung der Lunitz, führt, trennt das be festigte Görlitz von dem ehemaligen Dorfe Görlitz mit feiner Nlkolai- kirche. Ihr Dach war 1.543 abgetragen und durch einJnnendach bis r.582 ersetzt worden. Links neben ihr im Hintergründe die Heilige- Grab-Kircbe mit dem früher niedrigeren Turme. Der Vordergrund zeigt das starke äußere (Ueißtor, das Spitteltor, neben dem Hciligen-Geist-Spital, die ersten Anfänge der Frager und Breslauer Straße, früher Naben- nnd Obergasse, und die alte malerische bedeckte Brücke, die zn der umfangreichen Befestigung des inner» dceißtores führt, das vom dHißtucme überstiegen wird, neben dein das Waidhaus in gefälligerer Form als heute in die Erscheinung tritt. Ilber ihm ragt „der dVkolcms" hervor. Gewaltig zieht sich die Doppelmauer mit ihren zahllosen Türmen und Basteien nach links am Ochsentor vorüber bis znm später so genannten Schwedischen Fähnrich, mn dort scharf nach Westen in der Nicbtung ans den Dicken Turm, den „Franentnrm", nmznbiegen. Marstall, Stockhans und Annenkirche begleiten die innere Südmaner, währens die wuchtige Masse des „Mönchsklosters" mit Kirche und Tnrm im linken Hintergründe den Reichenbacher Turm mit der „dienen Pasthei" (Kaisertrntz) in ihrem alten Kleide zeigt. RatStnrm nnd Nathans ragen stolz über die nieder« Dächer der llmgebnng empor in einer heute nicht mehr geahnten Gestalt. Links im Vordergründe (Kahle und Lindenallee) sind Gartenanlagen, die später der Schrickellsche Garren schmückte, das Schießhaus an der dceiße, darüber die Herren-Schermen (Villa Müller) nnd die Vogelstange (Villa Lüders) mit dem VogelschießhauS (Mühl weg In), die Francnkirche, noch ohne Turm, nur mit Dachreiter, mit Maner und Nondellen nm den bewehrten Kirchhof, und ganz links die „St. Jakobskirche" mit Hospital (bei der Adler-Apotheke) weit vor den Toren der Stadt. Welch mächtiges, fesselndes Bild entrollt sich da unserm staunenden Ange! Je länger wir es betrachten, desto mehr wird es uns erzählen!