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Demrcmiplatz Straus; unb Frauenkirche Ehe wir »ns der Betrachtung der nebcnstellendcn Bilder widmen, schauen wir uns die köstliche Kreidezeichnung mit der Frauenkirche nocb einmal an (Seite 26). Das Gelände mit Wiese, Busch nnd knorriger Eicbe war dec Platz, den llente das Kaufhaus zum Strauß einnimmt. Jenes kleine Häuschen aber rechts, das die Kirche zum Teil verdeckt, ist der Nacbbar des alten Strauß. Scbanen wir mm das obere Bild ans dieser Seite an, so erkennen wir es wieder: ancb auf ibn: ist eine kleine Dachluke sicbtbar. Es sind die Prorscllen Häuser mit der Schmiede. Daneben steht der Strauß in seiner alten Gestalt. Über seinem dnrcb Pfeiler gebildeten nnd rnndbogig geschlossenen Portale bängt das Wirtsbansscbild „Zmn goldenen Strauß" von 1786, das sich heute in der beimatknndlichen Abteilung unseres Museums befindet. (Siebe auch Seite HZ.) An diese Häuser schließt sich rechts die bobe Maner, die Kirche und Friedllof umgibt. Die Südseite des Platzes aber nehmen die Radeläuben ein, sene alten, malerischen Facbwcrklläuser, die sich von der Frauenkirche bis zum Töpsertorc, durch das die Straße nach Bautzen führte, hinzogen. Wie gemütlich und schlickt schauen sie uns an; fast gleich in der Form und doch abwechslungsreich durch das Bindewerk. So mögen auch in ältester Zeit die Lauben aus dem Untern,arkte ausgesehen haben, bis sie durch die wuchtigen und festen Steinbauten ersetzt wurden, die beute dem Mittelpunkte der Altstadt ihren Stempel aus drücken. Wie angencbm mag es sich unter den Lauben von, Fraucntore bis zmn Töpfertor geschlendert baben, besonders wenn der Regengott ferne Schleusen öffnete. Und dort, wo heute das Wartehäuschen der Elektrischen sein neuzeit liches Kleid zeigt, stand damals die alte Nöbrbiitte und Pumpe, die, gespeist von den Quellwassern weit außerhalb der Stadt, das Wasser für Hans nnd Hof lieferte. Wie ost mögen da an warmen Sommer abenden die Hausfrauen und Mägde plaudernd gestanden haben, um sich wichtige Neuigkeiten zu erzählen und dann mit gefüllten Kannen heimzugchen. Wenige Iallre später ändert sich das Bild. Das Bindewerk der Facbwerkbällser verschwindet unter Kalk und Putz, und bald schon steigt das erste massive Haus in dieser langen Reibe empor. Den An fang macht ein „großstädtisches Kafsecbaus", dem bald, weil es ibn, in seinem alten Gewände unbebaglicb wird, ein zweites folgt. Zwar zeigen der Stranß nnd seine Nachbarn noch das alte Gesicht; anck die Nöbr- büttc stellt noch an illrem alten Platze. Aber die alte Mauer um Kirche und Friedllof llat einem „neumodischen Gitter" Platz machen müssen. Wo ist er geblieben, der Friedllof? so wird man fragen. — Auch er ist ein Qpfer des Verkehrs geworden, wie so manches Schöne diesen, Tyrannei, llat weicken müssen. Bis zum bentigcn Postgebäude zog er sich bin und östlich bis zum ehemaligen Wilhelmtheater. Mit hohen Manern war er umgeben, mit Wehrtürme,, geschützt und zur Verteidigung eingerichtet; denn er lag sa vor den Toren der Stadt. — Zweimal freilich wurde die Rnlle der Toten gestört: einmal und zuletzt durch die endgültige Beseitigung des Fricdllofes, zuvor aber im Jallre 18^7. Der Magistrat beabsichtigte nämlich bier ein Leichenhaus zu bauen. Um hierfür Platz zu gewinnen, sollten einige Gräber verlegt werden. Durch die nnglanblichen Gerüchte aber, man mißhandle die Leichen nnd zerschlage die Särge, batten in der Nackt zmn 20. Ink, Scharen von Menschen die Mauern erstiegen, um die Weiterarbeit zu hindern. Weitere Tumulte am folgenden Abend zwangen Polizei, Bürgergarde nnd Militär, einzuschreiten. Erst eine eingehende Ver öffentlichung des Magistrats, die die Gerückte als Lügen brand markte, bcrulligte die Gemüter.