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Kelch v. Uechtritz von 1600 Zu den wertvollen Schätzen unseres Museums gebört auch ein Ritter- pokal, der ebedem in Kroppen, Kreis Hoyerswerda, als Abendmahls kelch benutzt und im Iabre 1904 angekanft wurde. Hatten wir aus Seite 16 die Schönbeit eines gotischen Kelches be wundern können, so zeigt uns die nebenstebcnde Abbildung ein Werk edelster Renaissance. Der glockenförmige Fuß besteht ans zwei Wulsten, die durch eine glatte Hohlkehle getrennt sind. Ilm den unteren Wulst zieht sich ein schönes Pflanzenornament, der obere ent hält zwischen zwei Fruchtschalen drei ovale Medaillons, die eine Meerkatze, einen Hund und einen Delpbin in Landschaften zeigen. Ans drei abgesctzten, glatten Reisen erbebt sich der doppelte Knalls, aus dessen Pflanzenschmuck drei Engelsköpfe in Hochrelief hervor treten. Der eigentliche Pokal steht aus schlankem, glatten« Stengel nnd wird von drei doppelt geschwungenen Voluten gebalten. Er ist von kunstvoll getriebener Arbeit und zeigt zwischen zwei Kränzen von Früchten, Pflanzen, pflanzlichen Ornamenten, Engelsköpsen nnd Masken acht Wappen OberlausitzerAdelsfamilien: derer v. Uechtritz und v. Ntzstitz mit ihren Ahnen. An das hier rechts sichtbare Ntzstitz- sche Wappen schließen sich rechts die Wappen derer v. GerSdorf, v. Braun und v. Schreibersdorf, an das links sichtbare Uechtritzsche die Wappen derer v. Rechenberg, v. Döbscbütz nnd v. Knobelsdorf. Der hochgewölbte Deckel gleicht in seinem pflanzlichen Schmucke dem zweiten Wulst des Fußes; doch enthalten hier die drei größeren Medaillons die Europa auf dem Stier, PhrixoS aus dem Widder und Ganymed ans den, Adler. Aus der den Deckel abschließenden Rosette erhebt sich ein Krieger in römischer Rüstmrg, in der Rechten die Lanze, in der Linken den Schild mit der» Uecbtritzscben Wappen und den Buchstaben V.— I^.V. (Abraham v. Uechtritz nnd Hiob v. Uechtritz). Im Innern des Deckels ist eine WidnulngStafel, die das iUostitzscbe Wappen und folgende Inschrift trägt: iVIni inn. X. 6. I^O8titxen Iictt clisen IleUier Inssen mnclien xu z-gitem (chdec1itniu8. Danach hat Marianne Uechtritz, geb. i) costitz, diesen Becher machen lassen zum Gedächtnis an ibre Söhne Abrabam und Hiob, deren Namen ans dem Schilde des Kriegers stellen, jedenfalls für ihren Gemabl Haus, der im Iabre 1608 starb. Um 1700 kam der Pokal durch Erbschaft mit dem Gute Holzkirch, das der Familie 0. Uechtritz gehörte, in den Besitz der Familie v. Schindel. Ein Nachkomme dieses Geschlechts, Earl Otto Gustav v. Schindel, besaß 1828 bis das Rittergut Kroppen und schenkte den Pokal der dortigen evangelischen Kirche nach Anbringung folgender Inschriften: am Fuß: „Der Kirche zu Kroppen am n. April i8zo", am Boden des Kelches: „Zum Andenken E. O. G. v. Schindel", am Rande des Kelches: „Nebmet hin und trinket alle daraus." Außerdem trägt der Pokal zweimal das Bescbanzeichen 6 mit Krone (—Görlitz) sowie das Meisterzeichen 1^ (— Joachim Leucke). Uber ihn beißt es in der Görlitzer Bürgerrechtsliste von 1515—1602 beim Jahre 1599: „Joachim Leucke, Goldschmidt von Hamelen (gebürtig), sein Bürger recht erlangt im sitzenden Natke. Gescbcben den 2i.^Xu^u8ti cli 8ntui ni. Oetit 4 Schock." Somit kann der Pokal nicht vor 1599 und nicht nach 1608, dem Tode des Hans v. Uechtritz, gefertigt sein. — Als Scblrtzmaßregel gegen Fälschungen bei Goldschmiedearbeiten wurden schon frübzeitig die Gegenstände nach Prüfung ibres Fein- gebalteS mit einem Bescbanzeichen verseben: auch mußte jeder Meister ans seiner Arbeit sein Meisterzeichcn anbringen. Bei der Prüfling „bestrichen" die Vertrauensmänner das Werk mit der Stricknadel, nm seine Vollwertigkeit zn erproben. Das gut befrmdene Stück wurde an vielen Orten auch „bestochen", d. h. mit einer Zickzacklinie ver seben. Schließlich beglaubigte das Beschattzeichen der Stadt die Güte der Arbeit und die Echtbeit des Meisterzeichens.