Volltext Seite (XML)
Das Rathaus Treppe, Parral Kan>el vau 1537 „An dein Winkel der RathanStreppe vereinigt siel' eine solche Fülle glücklicher Motive, nm dieser zunächst ans den, Bedürfnis heraus ge- scl'assenen Einlage den Stempel höchster ninlerifcl'er Schönheit im architektonischen Sinne aufzuprägen, daß er in deutschen Landen seinesgleichen nicht findet." So urteilt der Landeskonservator Lutsch in seinen „Bau- und Kunstdenkmälern Schlesiens" über dieses köst liche Werk. Nachdem im Jahre iZZ4 der Rat unserer Stadt die Westseite des Archivflügels (Abbildung auf Seite 68) mit solchen Steinbildhauer arbeiten hatte versehen lassen, wie sie mehrere reiche Bürger schon vor einigen fahren an ihren Bauten angewandt hatten, ließ auch er drei Iabre später in Verbindung wohl mit einem teilweisen Umbau des Rathauses die neue Treppenanlage schassen. In leichtem Schwünge, siel' rechts an die großen Sandsteinquadern des Turmes anlehnend, heben sich die Stufen bis zur Höhe des ersten Stockwerkes. Das steinerne, durch Kannelüren belebte rechte Treppengeländer läßt in halber Höhe freien Raum für den Turm eingang, der spätgotische formen trägt. Aus dem derben zylindrischen Pfosten, an dem das stärker geschwungene linke BrüstttttgSgeländcr endigt, erhebt sich eine reichgescbmückte Säule. Ihre Fläche ist mit phantastischen Tiermenschen, Sirenen mit Bockssüßen, Schlangen mit gekrönten Adlerköpsen, mit Kränzen und Fruchtgehängen reich verziert. Ein mit niedlichen Kinderköpsen besetztes Kapitäl schließt zunächst die Säule ab, eine Krone umschließt sie in halber Höhe. In unmittelbarer Verbindung mit der Treppe steht die Kanzel, die, für Ansprachen gedacht, anch wohl ost bcnntzt sein mag. Sie wird ge tragen von zwei jonischen Sänken, deren kurze gedrungene, in der Witte nmgürtete Schäfte die Schwere des auf ihnen lastenden Balkons trefflich zum Ausdruck bringen. Als Gegenwirkung, »m diese Last zn stützen, ist eine starre, schlanke Sänke zwischen beide ge stellt. Uber ihnen ragen weitere, mehrfach verzierte Platten vor, bis die Größe des Balkons erreicht ist. Zwei kleine Hffmurgen dienen zur Entwässerung: Spruchbänder an ihren Seiten trage» die Jahreszahl »ls Zeit der Herstellung. Die Brüstung der Kanzel ist in Pfosten und Füllnngen aufgelöst. Die Pfosten sind mit ansstcigendem Blattscl'nmcke, mit Vasen, Delphinen und in der Witte nach venetianiscl'er Weise mit eingelegten Kreisscl'ildern ans rötlichem Marmor ausgesüllt. Die Füllungen tragen als Scl'nmck eine Eva und drei Sirenen in starkem Relief. Das Portal, in dem die Treppe mündet, ist von kräftigem Ausbau. Die Leibungen der Nische sind ebenso wie die Pfeiler des Rundbogens kanneliert nnd in der Witte von Nnndscl'ildern unterbrochen. Der Rundbogen ist mit einem Flecl'tband, die Zwickel sind mit Engels köpfen ansgesüllt. Drei mit Akantlmsblättern belegte Konsolen tragen die mit einem Akroterion besetzte Brüstung, über der sich das hohe, dein Innern Licht spendende Fenster erhebt. Anck hier sind die Leibungen der seitlichen Pilaster sowie der Mittclposten mit schönen Füllnngen versehen. Uber dem weitvorkragenden Arcl'itrave schließt eine ans schön geschwungenenBlattvolnten zusammengesetzte Akroteric den ganzen Aufbau wirkungsvoll ab. Ans der Säule erhebt sich die im Jahre gefertigte Randfigur der Justitia mit Schwert und Wage, in der freieren Haltung der Spätrenaissance dargestellt. Hierzu kommt noch das prächtige, im Jahre 1488 zu Ehren des Königs Matthias Eorvinuö in den Turm eingelassene Wappen, ein Gesamtbild, wie es in unseren deutschen Lande«» nicht seinesgleichen hat.