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Das Rathaus Ostseite Südseite Das heutige Görlitzer Rathaus in seiner Gesamtheit setzt sich aus vielen einzelnen Gebäuden zusammen, die erst in, Laufe der Jahr hunderte, den steigenden Bedürfnissen entsprechend, aneinander ge fügt und miteinander verbunden wurden. Venn man auch aunebmeu darf, das sich ein älteres, zunächst höl zernes Rathaus in dem Häuserblocke auf der Mitte des heutigen Uutermarktes befand, das z. B. im Jabre iZ9Z ^wechm wird, so lag die Gerichtsstätte schon früher an der Westseite des Marktes, wo heute das Rathaus steht. Über die ältesten Bauausführungen fehlen uns die Urkunden; doch wurden im letzten Viertel des 14. Jahr hunderts umfangreiche Änderungen und Erweiterungen an ihm ans- gefübrt. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts setzt eine neue Bautätigkeit ein. Wohl angeregt durch die im neuen Stile der Renaissance ansge- führten Bauten reicher Bürger ging die Stadt daran, auch das Rat haus zeitgemäß auszugestalten. So entstand im Jahre die Westseite des Hofes, iZZ? wurde der Balkon am Treppenaufgange und wohl gleichzeitig das Hauptportal, 1564 die Gerichtslaube ge baut, r,z66 die schöne Tür im Ratssitzungsfaale fertiggestellt. Mit diesen umfangreichen Erneuerungen ist dann die Bautätigkeit fiir lange Zeit erschöpft; künstlerisch besonders hervorragende Werte sind nicht mehr geschaffen worden. Versuchen wir mm, uns das langsame Größerwerden und Wachsen des Rathauses vorzustellen. Da dieses auf der Mitte des Marktes vorgesehen war, bauen sich die ersten Besitzer der Grundstücke aus der Westseite ihre Laubcnhäuser gleich den andern. Als sich, wohl am Ende des iz. Jahrhunderts, die Vergrößerung des Rathauses als nötig erwies, der Raum auf der Mitte des Marktes, der „Zeile", aber hierzu nicht ausreichte, kaufte die Stadt die drei erstell Häuser nächst der Brüderstraße und erbaute au Stelle der vorgelcgten tauben dcu Turm und deu Teil, in dem die „Königsstube", beute Zimmer des Oberbürgermeisters, liegt. Das Haus an der Brüderstraße erhielt den großen Saal und das „Prätorimn", aus dem zweiten bildete mau den Hof und der» späteren „Ärcbivflügel", das dritte wurde das Ratssl'tzungszimmer, sedoch in geringerer Breite wie heute. Im Jahre »449 kaufte der Rat das nächstfolgende Haus, das vorher in Privat hand war, binzn rmd richtete hier die Münze ein. Ein Teil des ersten Stockwerkes wurde zur Verbreiterung des Natssitzurrgszimmers ver wandt. 80 Jahre später, 1529, kaufte die Stadt das nächste Haus, das sie aber nur 19 Jahre wegen der Folgen des Pönfalles (154?) behalten konnte. Es ging wieder in Privatbände über und kam erst im Jabre 1847 an die Stadt zurück, die es für Zwecke des Rathauses umbaute. Im Jahre 1901 endlich kaufte die Stadt auch die beiden Brauhöfe der Pilzlärrben sowie das angrenzende Haus Jüdengasse i, ans denen daun der neue Nathausbau entstand. Die älteste bekannte Äusicht des Rathauses ist aus dem Stadtbilde von Metzker und Scharfenberg vom Jabre 1565 zu sehen (Raeb- bildung auf Seite 4.4). Hier hat der Turm noch seinen gotischen Helm und das Dach noch seine gotischen Giebel. Än der Seite des Unterrnarktes ist ein Ältan vorgebant, der später in veränderter Form wicderkcbrt. Auch die Ratsapotheke bat in dem Erdgeschoß des Flügels an der Brirderstraße ehemals ihren Sitz, bis sie im Jabre I7ZZ in das Hans am Untermarkte verlegt wurde. Än Besonder heit ist »roch das Uhrwerk zu erwähnen, das der Uhrmacher Bastian Petzscb im Jabre 1584 fertiggestellt batte, bei dem mit den Schwingungen des Pendels gleichzeitig die Äugen eines in der Mitte der Uhr befindlichen Kopses rollten, was auch noch heute zu sehen ist. Im 16. Jahrhundert brüllte auch zur Zeit des Menmotldes der Löwe, der auf der Fensterbank über der Ubr liegt, dermaßen, daß jeder mann, der das Geheimnis nicht kannte, heftig erschrak.