In Leipzig ging die übergroße Mehrheit der SPD-Mitglieder (zirka 35 000) zur USPD über. Nur ein kleiner Teil (ca. 250) eingefleischter Rechtssozialisten, vorwiegend Gewerkschafts- und Parteibeamte, ver blieb in der Partei der Regierungssozialisten. Die „Leipziger Volks zeitung“ (im folgenden LVZ abgekürzt) wurde zu einer führenden USPD-Zeitung in Deutschland. Ebenso wie im Reichsmaßstab bestand auch in Leipzig die USPD größtenteils aus Arbeitern, die von Zentristen geführt wurden. So wird es auch verständlich, daß die USPD für einen revolutionären Ausweg aus dem Kriege nur in Worten eintrat. Während sich in den Massen große Kampfbereitschaft zeigte, schrieb Kautsky eine Bro schüre über „Die Übergangswirtschaft“, deren Kernstück der Ver zicht auf die revolutionäre Umgestaltung der Produktionsverhält nisse war. Wenn sich auch die zentristischen Führer im Verein mit den Rechts sozialisten bemühten, die revolutionäre Massenbewegung zu bremsen, so konnten sie doch den Revolutionierungsprozeß des Proletariats nicht aufhalten. Ein Höhepunkt des Kampfes der deutschen Arbeiterklasse waren die im April 1917 geführten Streiks, die in ganz Deutschland unter Lo sungen gegen Militarismus und krieg und für einen sofortigen demo kratischen Frieden einsetzten. Die illegale Spartakuspropaganda gab dieser Massenstimmung vor allem auch in Leipzig Ziel und Richtung. In Leipzig traten vom 16. bis 20. April 1917 ca. 30 000 Rüstungsarbei- ter in einen wuchtigen p o 1 i t i s c h e n Massenstreik. Sie verlangten in einer mächtigen Streikkundgebung im Brauereigarten in Stötteritz, an der ca. 10- bis 12 000 Streikende teilnahmen, in einer einstimmig angenommenen Resolution: 1. Ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit billigen Lebens mitteln und mit Kohlen. 2. Erklärung der Regierung zur Friedensbereitschaft ohne An nexionen. 3. Aufhebung des Belagerungszustandes und der Zensur. 4. Aufhebung der Beschränkung des Koalitions-, Vereins- und Ver sammlungsrechtes. 5. Aufhebung des schändlichen Zwangsgesetzes. 6. Befreiung der wegen politischer Vergehen Festgenommenen und Niederschlagung aller politischen Strafverfahren. 7. Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts in allen Körperschaften des Staates und der Gemein den.