I. Gegen Militarismus und Krieg Die Lage in Deutschland 1917/18 Nahezu dreieinhalb Jahre dauerte bereits das imperialistische Völker morden. Die Politik der Imperialisten, eine Neuaufteilung der Welt zu ihren Gunsten durchzuführen und die Weltherrschaft an sich zu reißen, war in den Jahren 1917/18 hoffnungslos gescheitert. Der Welt krieg, ein Ereignis der tiefen Widersprüche zwischen den imperalisti- schen Großmächten, brachte den Völkern Millionen Tote und Ver krüppelte, wirtschaftlich zerrüttete Länder und ein kaum noch zu überbietendes Elend breitester Volksschichten. Besonders hatte die deutsche Arbeiterklasse unter diesen Auswirkungen imperialistischer Politik zu leiden. Folgende Indexziffern spiegeln die Not und das Elend des Proleta riats wider: Während die Lebenshaltungskosten von 1900 bis 1917 auf 329 % stiegen, sanken im gleichen Zeitraum die Bruttolöhne um 30 %. Der Verbrauch an Fleisch betrug nur noch 31°/o, von Schmalz und Hülsenfrüchten 14 % und von Kartoffeln 71 % des Vorkriegs verbrauches. Es war die Zeit des Kartoffelkriegsbrotes, der Kohl rüben und des Dörrgemüses. Eine bisher nicht gekannte Massenver elendung setzt ein. In Deutschland stieg die Sterblichkeit auf das Doppelte und die Rate der tödlichen Unfälle durch die Arbeitshetze in der Rüstungsindustrie von 1914 bis 1917 um 70 % an. 1 ) Die herrschende Klasse bediente sich eines ganzen Systems des Zwan ges und der Unterdrückung, um ihre schon märchenhaften Profite noch weiter zu steigern. So schüttete die Ludwig-Hupfeld-AG in Böhlitz-Ehrenberg, nachdem sie sich 1917 voll auf die Rüstungspro duktion umgestellt hatte, nicht weniger als 20 % Dividende aus. Im Vorjahr waren es „nur“ 6 % gewesen. Die Aktionäre der Wotan- Werke-AG erhielten sogar 30 %. Nicht weniger Profit machten die Aktionäre und Besitzer der Polyphonwerke oder Pittier-AG in Wah ren, Hugo Schneider-AG oder Karl Zschiege in Paunsdorf, Körting & Mathiesen in Leutzsch, Meyer & Weichelt in Großzschocher, die Deutschen Flugzeugwerke in Lindenthal bei Leipzig und andere Rü stungsunternehmen. Die Regierung hatte den Belagerungszustand verhängt und bereits 1916 das Hilfsdienstgesetz eingeführt, das alle Männer zwischen 17 und 60 Jahren für arbeitspflichtig erklärte und dadurch die Arbeiter politisch völlig rechtlos machte. Hohe Geldstrafen, Zuchthaus und Zwangsbestimmungen waren die Druckmittel des Staates. Deutsch- ’) Siehe Jürgen Kuczinski, Geschichte der Lage der Arbeiter in Deutsch land von 1789 bis zur Gegenwart, Bd. 1/2, Berlin 1954, S. 99—147. 3* 35