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192 — Gebirge. Auch verbarg man Wertsachen aller Art, obgleich die Preußen den Bewohnern Schuh von Leben und Eigentum zugesichert hatten. Am 23. Juni früh traf mit der Nachhut der tags zuvor erschienenen Truppen der Befehlshaber der 1. preußischen Armee, Prinz Friedrich Karl, hier ein, begleitet von zahlreichen Generalstabs- und Ordonnanzoffizieren. Er ritt um die östliche Promenade und die Grottauer Straße hinaus. Kinter dem österreichischen Zollamt besichtigte er den Vorbeimarsch seiner Truppen. Gegen 7 Uhr begann unter endlosem Kurra der Übergang des Armeekorps über die Grenze. Jäger und Ulanen, Kusaren, Infanteristen und Artilleristen folgten einander in stundenlangem, buntem Zuge mit vielen Wagen und Geschützen. Wenige Tage darauf vernahm man den fernen Kanonendonner. Dann kamen Züge mit Verwundeten hier an. Das städtische Krankenhaus (das vormalige Militärlazarett) und die 1. Bürgerschule dienten als Lazarette. Im „Kälterhause" an der Kältergasse wurden Eholerakranke verpflegt, von denen sieben starben. Die Bahn, die bis zum l6. Juli für das Publikum gesperrt war, beförderte täglich große Mengen von Proviant und Munition sowie frische Truppen nach den Schlachtfeldern, von wo zahlreiche eroberte Kanonen und andere Kriegsbeute abtransportiert wurden. Auch Gefangene sah man hier oft auf der Durchreise. Denen, die zu Fuß ankamen, wurde kurze Rast im Marstall oder Gewandhause gewährt. Am 30. Juni kam der König Wilhelm mit Bismarck und Roon durch Zittau, um sich nach dem Kriegsschauplätze zu begeben. Am 4. August berührte der König von Preußen bei seiner Rückreise nach Berlin abermals unsere Stadt. Unsere Zittauer Truppen (die Brigade „Kronprinz") kämpften in diesem Kriege mit am 29. Juni in der Schlacht bei Gitschin, wo bei der Verteidigung des Dorfes Dieleh ihr Kommandeur, der Oberst von Boxberg, tödlich ver wundet ward, sowie am 3. Juli in der Entscheidungsschlacht bei Königgräh. Die vielen durch den Krieg von 1866 der Stadtgemeinde Zittau erwach senen Unkosten beliefen sich auf mehr als 113 000 Taler. Als Vergütung wurde der Stadt von Preußen nach dem Friedensschlüsse eine namhafte Ent schädigungssumme überwiesen. Auch in dem denkwürdigen Kriege von 1870/71, in dem das Deutsche Reich wiedererstand, haben unsere Zittauer Soldaten wacker mit gefochten. Unser Regiment verließ am 27. und 28. Juli 1870 mit der Bahn die hiesige Stadt, um sich dem großen Keere des Prinzen Friedrich Karl, der !I. deutschen Armee, anzuschließen. Später ward es der (IV.) Armee des Kronprinzen Albert von Sachsen zugeteilt. Es kämpfte mit am 18. August bei St. Privat und am 29. August im Gefecht von Nouart bei Beaumont. Am 1. September beteiligte es sich an der Schlacht bei Sedan und später an den Belagerungs gefechten vor Paris. Am 12. Juli 1871 kehrten die siegreichen Truppen in ihre Garnisonsstadt zurück, wo sie von der Bevölkerung mit großem Jubel empfangen wurden. In jener Kriegszeit erregten in Zittau zahlreiche hier untergebrachte Franzosen die Neugier der Bewohner. Die ruhmvollen Waffentaten der deutschen Armeen wurden, wie allerorten, auch in unserer Gegend vielfach gefeiert. Eine Fülle von kriegerischen Ereignissen brachte endlich ddr furchtbare Weltkrieg. Vom August 1914 bis zum schimpflichen Frieden von Versailles (28. Juni 1919) — wie zahlreich waren die Bilder von großen und er habenen, aber auch von tieftraurigen und schrecklichen Begebenheiten! Nach