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130. Landsknechte. 37. Die Türkennot in unserer Keimat. In der Zeit, als die große Glaubensspaltung in Deutschland eintrat, drohte der Christenheit von Osten her eine furchtbare Gefahr durch das Vor dringen der fanatischen Türken. Nachdem diese die Balkanländer erobert hatten, drangen sie 1521 in Ungarn ein. Wiederholt mußten von da an auch die Sechsstädte geworbene Truppen (Landsknechte) dem Kaiser zu Kilfe schicken sowie zur „Türkensteuer" Beiträge leisten. Als der Sultan Soliman 1529 bis vor Wien gedrungen war, dachte man sogar an die Möglichkeit, daß die wilden Korden in die Lausitz einfallen könnten. Darum bot man in Zittau alles auf, die Stadt zu befestigen. Aus gesammeltem Metall wurden in der Frauenkirche, von der man auch eine Glocke dazu genommen hatte, „Stücke" (Kanonen) gegossen, denn wiederholt erging in diesen Zeiten die Mahnung an die Bürger, in guter Bereitschaft zu sein. Damals war der Ruf: „Die Türken ziehen!" die größte Schreckenskunde, und manchem geängstigten, gläubigen Kerzen entrang sich das Gebet: „Vor des Türken grausamem Mord behüt' uns, lieber Kerre Gott!" 1566 bot der Kaiser Maximilian II. ein großes Keer auf, um den Feind der Christenheit tatkräftiger bekämpfen zu können. Da mußten auch die Ritter der Umgegend und die adligen Bürger wie Dornspach und der Stadt richter Milde das Kriegsroß besteigen, während die bürgerlichen Stadt bewohner sich mit Geld lösen durften. So brachten die Sechsstädter an 9000 Gulden zusammen. Bei Görlitz wurden die Truppen gemustert, und am 28. September zogen dann 1000 Reiter und 5 Fähnlein Fußvolk durch Zittau „auf Wien". Nun erklang durchs ganze Land das Türkengeläut, bei dessen Klange die Leute allerorten kniefällig Gottes Beistand für die ausgerückten Streiter erflehten. Und ihre Wünsche erfüllten sich, Soliman fand vor Szigeth seinen Tod, und die Türken drangen nicht weiter vor. Im Jahre 1593 zeichnete sich Melchior von Redern auf Friedland (wo sein berühmtes Grabmal zu sehen ist) durch siegreiche Kämpfe mit jenen Feinden aus. Die Sechsstädte wurden auch später noch öfters um Kilfeleistung wider die Türkengefahr angegangen. (In jener Not kamen die Bußtage auf.) Immer und immer wieder auch wurde „umgeschlagen" (die Werbetrommel i) ') Nachdem die stehenden Keere aufgekommen waren, ließen die Landesherren durch Werbungen in Städten und Dörfern Rekruten sammeln. So kamen z. B. 1689 Werber nach Zittau, stellten vor der „Sonne" einen Tisch aus und lockten durch Trommel- und