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— 107 — geübt. Laut Artikel 52 der Verfassung des Freistaates Sachsen vom 1. Noo. 1920 sind die politischen Sonderrechte der Oberlausitz aufgehoben. Doch bestehen die Landkreisstände des ehemaligen sächsischen Markgraftums Oberlausih als Körperschaft des öffentlichen Rechts auch nach Wegfall ihrer politischen Aufgaben unverändert fort. Sie sehen sich aus den Besitzern der landtagsfähigen Ritter güter und 48 von den Landstädten und Landkreisgemeinden in ebensoviel Wahlbezirken gewählten Vertretern zusammen und vereinigen sich auf Ein berufung und unter Vorsitz des Landesältesten der Oberlausih nach altem Recht in der Landtagsversammlung zu Walpurgis jeden Jahres zur Förderung ihrer verfassungsmäßigen gemeinnützigen Zwecke. Kauptzweige ihrer Tätigkeit bilden neben Unterstützung der Gemeinden bei Wohlfahrtsunternehmungen aller Art die mit Beihilfe von Land und Reich im großen Stil betriebene Forschung auf dem Gebiet der Landarbeitslehre sowie die Verwaltung der Landständischen Bank und zahlreicher Stiftungen. Als Forschungsanstalt dient das den Ständen gehörige Rittergut Pommrih, das durch Pachtung wesentlich erweitert worden ist. Die Landständische Bank pflegt neben anderen Bankgeschäften vornehmlich die Kreditbeschaffung für die Landwirtschaft. Die den Ständen anvertrauten Stiftungen, aus denen sonst zahlreichen Personen Erziehungsbeihilfen und andere Unterstützungen gewährt wurden, leiden zurzeit unter den Folgen des Vermögensverfalles. Das 1817 in Bautzen gegründete Landständische Seminar, auf das sich ehemals die Fürsorge der Prooinzvertreter mit erstreckte, steht jetzt (als Landständische Oberschule) unter staatlicher Leitung, doch haben die Landkreisstände noch Einfluß auf die Besetzung der Lehrerstellen. Eine Erziehungsanstalt für junge Leute, die in Bautzen höhere Schulen besuchen, ist ein Unternehmen speziell der ritterschaft- lichen Stände. Die laufenden Geschäfte der Stände werden durch Vermittelung der Landständischen Kanzlei erledigt, die sich bei der Landständischen Bank in dem 1911 erbauten neuen Bauhner Ständehause befindet, in dessen stattlichen Räumen auch alle Sitzungen der Stände abgehalten werden. v. Das Land Zittau und seine Kerren. In ältester Zeit regierte das Land Zittau im Auftrage des böhmischen Königs ein Burggras. Er schirmte und verwaltete es und zog die Steuern ein. Von 1303 an werden Zittauer königliche Landvögte genannt, die nach 1357 in der Burg Karlsfriede wohnten. Der Vogt bezog die Gerichtsbußen, die Land abgabe der Bauern, den Straßen- und den Judenzotl. Die Landabgabe, einen Getreidezins, erhielt er für den Schutz der Straßen und Dörfer durch Land reiter, den Straßenzoll für Geleit auf der Gabler Waldstraße. Der Iudenzoll war die Gegenleistung der Juden für das ihnen zustehende, den Christen durch die Kirche versagte Recht, Geld auf Zinsen auszuleihen. Der Zittauer Land vogt besaß in den meisten Stücken gleiches Recht wie der in Görlitz oder in Budissin. Von 1366 bis 1389 und 1396 t) bis 1412 war die Stadt Pacht inhaberin der Vogtei. 1412 ward das Land Zittau dem Budissiner Landoogt mit unterstellt. Dieses Gebiet, auch das Zittauer Weichbild 2) genannt (von vic —Ort und dilct —Recht, der Bezirk also, wo Zittauer Recht galt), hat sich im Lauf der Zeit sehr geändert. 1396 umfaßte es die alten Kerrschaften >) Von 1389—95 war Anshelm von Vonow Inhaber der Vogtei. 9 1396 umfaßte es 3 Städte und 36 Dörfer.