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XXI. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 3. 1903/1904. 24 hier beschriebenen Versuchen ist es ein Körper, der in der Mitte steht zwischen Leitern und Nichtleitern, der für gewöhnlieh absoluter Nichtleiter ist, sich aber leicht in einen absoluten Leiter verwandeln läßt. Die Begriffe „absoluter Leiter“ und „absoluter Nichtleiter„ ver stehen sich selbstverständlich für Schwaehstrom, da es bekanntlich für hochgespannte Ströme keine Nichtleiter giebt. Ich stellte nun die Richtigkeit dieser, die eigentümlichen Eigen schaften des Selens erklärenden Ansicht durch Experimente fest und verfuhr in folgender Weise. Ich stellte zunächst „Selenzellen“ her, also Vorrichtungen, daß zwei mit beiden Polen einer Stromquelle verbundene gute Leiter einander in größerer Ausdehnung sehr ge nähert werden, ohne sieh jedoch direkt zu berühren, wobei der Zwischenraum mit Selen ausgefüllt wird. Die Zellen wurden in der Weise angefertigt, daß in Gips ringsum laufende Schraubengänge eingeschnitten und in diese die Drähte gewickelt wurden, deren freie Enden mit Gips befestigt waren. Die beste Form einer solchen Vor richtung ist die zylindrische. Man kann den Gips auch dazu benutzen, um das Selen darauf zu schmelzen. Man hat eine Form der Zellen vorgeschlagen, wonach man zwei Drahtspiralen fertigen und sie so ineinander legen soll, daß sie sich nicht berühren, doch verursacht die Anfertigung derselben ganz unnötige Mühe. Zwischen die um Gips gewickelten Kupferdrähte wurde nun sublimiertes Selen, ein mal mit Wasser ein anderes mal mit Spiritus zu einem Brei ange rieben eingetragen. Da sich meine Ansicht über die Ursachen, welche das Leitendwerden des Selens bewirken, bereits geklärt hatte, wonach es darauf anzukommen schien, möglichst viel rotes Selen zu erhalten, wurde die ganze Zelle in Schwefeldampf geräuchert, wo bei infolge der 1 reduzierenden Wirkung der schweflischen Säure das Selen rot wurde. Die Zellen wurden darauf getrocknet und sodann in den Stromkreis eines Daniell-Elementes eingeschaltet. Es zeigte sich, daß der Strom ebenso durchging, als wenn die Drähte direkt verbunden worden wären. Ich glaubte zunächst, auch dies Selen leite nur bei Lieht, doeh zeigte sich später, als ich die Zellen in eine lichtdicht schließende Kapsel einsehloß, daß es im Dunkeln ebensogut leitet. Das Anräuchern des Selens geschieht am besten in folgender Weise: Man verbrennt auf einem durchlöcherten Stück Blech einige Stüekehen Schwefel und setzt über denselben einen metallenen Zylinder. In den ausströmenden Rauch hält man die Zelle wenigstens einige Minuten lang. Später stellte ieh fest, daß Selennadeln von verschiedener Farbe sich verschieden gegen den elektrischen Strom verhalten. Die weißen Nadeln, welche aus seleniger Säure bestehen, ferner das sieh noch am Boden auscheidende braun- und grauschwarze Selen mit glasigem Bruch leiten den Strom nicht, völliges rotes Selen dagegen leitet ihn genau wie ein Metall und ist überhaupt als Metall zu be trachten, bleigraue Selennadeln dagegen leiten ihn ebenfalls, jedoch nicht ebensogut und das Leitungsvermögen ist von dem Grade der Beleuchtung abhängig. Ich habe nun noch zu erklären, in welcher Weise Licht auf Selen einwirkt und es für die Dauer der Einwirkung in einen Leiter verwandelt. So viel ich weiß, hat bisher noch niemand eine Erklärung für diese merkwürdige Erscheinung zu geben vermocht. Selen ist ein Metall, das jedoch sehr leicht Verbindungen, be sonders Sauerstoffverbindungen eingeht, aus denen es jedoch reduziert werden kann. Bleigraues krystallinisches Selen ist neutral, d. h. es kann sowohl leicht in einen Leiter als auch leicht in einen Nicht leiter verwandelt werden. Reduzierende Mittel, welche das erstere leicht vollbringen sind, Licht und Wärme. Beide Faktoren wirken auf Selenkrystalle in derselben Weise ein, wie auf Silberverbindungen, wo sie metallisches Silber abscheiden: ein Unterschied besteht nur insofern, als beim Selen die durch Licht bewirkte Veränderung un beständig ist und sobald die Ursache aufhört, wieder in den früheren Zustand zurüekkehrt. Ebenso wie die Wärme nun reduzierend wirken kann, eben sogut kann sie auch oxydierend wirken. Als Beispiel hierfür kann das Verhalten des Lucksilbers dienen, das durch Wärme oxydiert, während Queeksilberoxyd durch Wärme zu Quecksilber reduziert werden kann. Ganz ähnlich verhält sich Selen. Das rote Selen wird nämlich durch Wärme oxydiert, in graues verwandelt, das die Elektrizität gar nicht oder nur bei Lieht leitet. Diese Umwandlung kann herbeigeführt werden durch ein optisches Mittel, das geeignet ist Licht zu konzentrieren, also eine Linse, ein sphärischer oder parabolischer Hohlspiegel, in deren Brennpunkt oder Brennlinie Selen gebracht wird. Ieh hoffe, daß die hier mitgeteilten Wahrnehmungen Beachtung finden. Einrichtung zur elektrischen Beleuchtung von Eisenbahnzügen. Bei den bisherigen Einrichtungen zur elektrischen Beleuchtung von Eisenbahnzügen mittels Sammlern und Stromerzeugern verwendet man gewöhnlich den Dynamostrom nicht nur zum Aufladen der Batterien, sondern auch unmittelbar zum Speisen der Lampen. Wegen des Unterschiedes zwischen der Lade- und Entladespannung der Sammler muß man vor die Lampen während der Ladung einen Widerstand vorschalten, welcher bei derEntladung durch einen selbst tätigen Apparat kurz geschlossen wird. Da jedoch bei Verwendung eines solchen Widerstandes kleine Schwankungen in der Helligkeit des Lichtes nicht immer zu vermeiden waren, so hat man sich, um diesen Mangel zu beseitigen, der ausgleichenden Wirkung von Sammlern bedient, die man unmittelbar an die Lampenleitungen an schließt. Eine weitere V ervollkommnung haben die Akkumulatoren werke System Pollak in Frankfurt a. M. getroffen, die nach stehend beschrieben ist. In nebenstehender Figur bezeichnen die Zahlen 1, 2, 3 die dureh den ganzen Zug gehenden Hauptleitungen und zwar 1 die Lade leitung, 2 die Lichtleitung und 3 die gemeinsame Lade- und Licht leitung, a eine Dynamomaschine, b die in den einzelnen Wagen befindlichen Sammler, e eine Ausgleiehbatterie, als welche beispiels weise die im Gepäckwagen befindliche verwendet werden kann. Ferner bedeutet d die in jedem Wagen befindlichen Vorschaltwider stände, welche zwischen die Leitungen 1 und 2 geschaltet sind, e einen gemeinsamen selbsttätigen Umschalter, der die Batterie b zur Ladung mit der Dynamomaschine direkt verbindet, zur Entladung aber sämt liche Widerstände d kurz schließt, um die volle Entladespannung aller Batterien den Lampen zuzuführen. Der Ausgleiehsbatterie c fällt die Aufgabe zu, die Lampenspannung auch dann konstant zu erhalten, wenn durch ungenaues Arbeiten des Umschalters e größere Spannungsschwankungen im Stromkreis der Dynamomaschine ent stehen. Vor der kleinen Lampengruppe g befindet sich ein Vor sehaltwiderstand d und ein zweipoliger Ausschalter h. Im Gegensatz zu den bekannten Systemen, welche nur einen von Hand verstellbaren Hauptwiderstand für den ganzen Zug be sitzen, sind hier die Vorsehaltwiderstände d auf die einzelnen Wagen oder Lampengruppen verteilt. Durch diese Anordnung erzielt man eine Selbstregelung der Spannung, welche während der Ladung von der Dynamomaschine aus über die Widerstände d zu den Lampen gelangt, entsprechend der Anzahl der im Zuge befindlichen Wagen. Bei Verwendung nur eines Hauptwiderstandes würde man den rich tigen Spannungsabfall nur für einen Zug von beispielsweise vier Wagen erhalten. Der Abfall würde also zu groß werden, wenn mehr Wagen üngehängt werden sollten, sodaß eine Nachstellung von Hand aus unvermeidlich wäre. Bei dieser Anordnung schaltet aber jeder angehängte Wagen oder jede hinzukommende Lampengruppe oder Einzellampe ihren Widerstand d parallel zu den anderen und vermindert dadurch den Gesamtwiderstand zwischen den Leitungen 1 und 2 derart, daß der SpannungsVerlust bei allen Stromstärken konstant bleibt. — n. Ankerwicklung für durch Veränderung der Polzahl anzulassende Wechselstrommotoren. Bei Elektromotoren für einphasigen und mehrphasigen Wechsel strom und bei Wechselstromapparaten überhaupt, wo kurzgeschlossene ! Induktionsspulen verwendet werden, ist es unter Umständen not wendig, in den Stromkreis dieser Induktionsspulen Widerstände ein zuschalten, um den Phasenwinkel zu ändern, besonders beim An lassen von Motoren, um die Umfangskraft zu erhöhen. Zu diesem Zwecke werden bei mehrphasigen und auch bei Einphasen induktionsmotoren in der Regel Schleifringe am Anker angebracht und mittels Bürsten in den Stromkreis der Ankerwicklung Wider stände eingeschaltet, welche wieder ausgeschaltet bezw. kurz geschlossen werden, sobald der Anker eine entsprechende Umdrehungs geschwindigkeit erreicht hat. Hierdurch wird der Bau des Ankers in verschiedener Hinsicht schlechter und verwickelter. So wird z. B. die Herstellung der Ankerwicklung schwieriger, ihre Induktion minder wirksam, es werden Schleifringe, Bürsten und Verbindungen erforderlich. In anderen Fällen, namentlich bei einphasigen Wechselstrom motoren, will man in die Wicklung des Ankers einen Stromwender einschalten, um mit dessen Hilfe durch Schrägstellen und Kurz schließen von Bürsten eine bedeutende Umfangskraft zum Anlassen des Motors herzustellen. Die Führung der induzierten Ströme durch Stromwender und Bürsten ist jedoch nur während der Ingangsetzung des Motors notwendig und wird unterbrochen, wenn der Anker eine gewisse Geschwindigkeit erreicht hat; von da ab wird der Anker