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16 XXI. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 2 1903/1904 zu einer Konstruktion mit mehreren Achsen wie aus der Fig. 1 zu ersehen ist. Die Lenkstange enligt am Unterteil des Wagens bei K. Bei einiger Ueber- Iegung ist sofort ersichtlich, daß man von hier nicht direkt die Achse bezw. den Ring beeinflussen kann, weil sich zu K dieser nicht zentrisch bewegt. Man muß vielmehr von K auf eine am Drehzapfen befindliche lose Scheibe und von dieser erst auf dem Ring und die Vorderachse behufs Lenkung einwirken. Da die vordere Achse am wenigsten belastet ist, so gibt sie schon dem geringsten Druck nach. Die mittlere und Hinterachse folgen dann von selbst der Richtung der Vorderachse, sodaß das Lenken, obwohl es in einer gewissen Reihenfolge der Achsen geschieht, doch sehr rasch und piäzise ausgeführt werden kann. Der Stromabnehmer ist in Fig. 2 und 3 abgebildet, daselbst ist a der Anker, m der Magnet und g das Gehäuse des Elektromotorchens. Die Achse b desselben trägt die Lauf- und Kontaktrollen c, welche isoliert aufgebracht sind, ferner die Stromabnehmer-Bürsten s. Die Lagerdeckel 1 sind ebenso wie das Gehäuse g von der Achse b, welche letztere auf den Rollen k läuft, isoliert. Bei näherer Ueberlegung findet man, daß die Achse des Motorchens auf den Fahrdrähten fortrollt, während der Magnet auf derselben Achse hängt und durch sein eigenes, sowie durch das Gewicht d verhindert wird, an der Drehung teilzunehmen. Das Strom-Kabel f ist nicht direkt am Stromabnehmer befestigt, sondern an einem Hebel r des Pendels d. Damit das Kabel beim Wenden nicht verdrillt wird, führen die Zuleitungs drähte aus den Abnahme-Bürsten s zu den Schleif-Bürsten und Kontaktringen p p u. s. w., sodaß sich der unterhalb des Magneten befindliche Teil auf den Kugeln n unabhängig vom oberen drehen kann. Die gewöhnliche Länge des Stromzuführungskabels ist so beschaffen, daß sich der Wagen bis zu 8 m von den Fahrdrähten entfernen kann. Sollte vor kleine Städte für Vorort-, Bade-, Ausstellungs- und Vergnügungsverkehr endlich für den Verkehr von Dorf zu Dorf die geeignetesten Verkehrsmittel; sie können dazu dienen, die Verbindung von Ortschaften mit Eisenbahnstationen zu vermitteln und können in verkehrsarmen Gegenden die bisher nur durch Kleinbahnen erreichte Wohltat billiger Transportmittel bieten. Kontroll-Automat und Fernsclialter. Der Kontroll-Automat ist ein selbsttätiger Schalter, welcher verhindert, daß eine Konsumstelle mehr Strom entnimmt, als vereinbart oder gewünscht ist. Der Apparat lesteht aus einem Elektromagneten C (Fig. 3), dessen um J drehbarer und horizontal angeordneter Anker mit einer Glasröhre E starr ver bunden ist. Die AVicklung des Elektromagneten und der Quecksilberfaden F der Glasröhre sind hintereinander geschaltet. Der Strom geht von der Anschluß klemme G durch den Elektromagneten C über die Zuleitungsdrähte zum Queck silber in der Glasröhre und za der zweiten Anschlußklemme H. Der Apparat wird wie ein gewöhnlicher Strommesser an G und H in die Leitung eingeschaltet. In der Ruhelage stellt das Quecksilber den Stromläuf her; sobald aber die Stromstärke in der Konsumstelle ein bestimmtes Maß über schreitet, zieht der Elektromagnet den Anker an. Dadurch fli-ßt der Queek- Fig. 5. übergehend eine größere Entfernung Vorkommen, so bietet die Konstruktion der Führungsstange für das Kabel auf dem Wagen Gelegenheit, die Kabellänge zu verdoppeln. Zu dem Zweck ist der obere Teil a (Fig. 4) der Stange umlegbar und wird nur durch die Feder c in der aufrechten Lage gehalten. Bei größerem Zuge legt sich die Stange um, ein an ihr befestigter Daumen d tritt nach links zurück und gibt die Oeffnung des Winkels f frei, sodaß der Ring g, an dem das Kabel befestigt ist, herausfällt und die Rolle i sich zur Verlängerung des | Kabels von selbst abrollt. Um die technisch praktische Ausgestaltung der gleislosen Bahnen hat sich auch der Zivil-Ingenieur Max Schiemann ungewöhnliche Verdienste erworben. Im Juli 1901 ist die von ihm erbaute Bielatalbahn in der Sächsischen Schweiz dem Betriebe übergeben worden. Die Anlage ist in der Weise aus geführt, daß bei dem 2,8 km langem Wege, welcher von dem Orte Königstein in das Bielatal führt und größtenteils chaussiert, zum Teil auch mit Kopfstein pflaster belegt ist, eine doppelte Oberleitung gespannt wurde. Außerdem wurden in die vorhandenen älteren Omnibuswagen mit sehr geringen baulichen Veränderungen Elektromotore eingesetzt. Auf den Wagendächern wurde die Stromabnehmervorrichtung angebracht. Bei den Stromabnehmern des Schiemann’schen Systems liegen Stangen und Kontakt im Horizontal- und Vertikalgelenk. Der an die Leitung angedrückte Kontaktschuh wird nicht geschoben sondern gezogen. Hierin liegt zweifellos ein Hauptvorteil des Systems. Die Ausweichfähigkeit dieses Kontaktes beträgt nach jeder Seite 3V a m, so daß 7 m Straßenbreite beherrscht werden. Hierzu kommt die zwei malige Halbwagenbreite, sodaß im Ganzen eine Fahrbahn von mindestens 8 m vollständig ausgenutzt werden kann. Da es nur ausnahmsweise Chausseen gibt, welche mehr als 7 m Fahrbahnbanket haben, ist diese Stromzuführung vollständig ausreichend. Die Wagen der Bielatalbahn drehen mit großer Virtuosität auf 8 m breiter Straße mit Strom um, ohne den Kontakt zu verlassen. Bei diesem Umwenden allerdings kommt dem System gerade das von „Unten- Andrücken“ mittels steifer Stange außerordentlich zugute. Ob der auf Drähten laufende Kontakt der Kritik des Publikums und der Behörden gegenüber dem Schiemann’schen außerordentlich einfachen Kontakt mittels steifer Stange wird standhalten können, ist eine Frage, welche die Erfahrung längerer Praxis entscheiden wird. Welche Mängel auch allen diesen Systemen noch anhaften, welche Erfahrungen fortgesetzte Versuche auch zeitigen mögen, die Vorteile der gleislosen Bahnen haben nun einmal das Bedürfnis nach diesem Verkehrsmittel akut werden lassen. Die elektrischen Omnibusbetriebe sind in der Tat für Fig. 1. Fig. 2. silbeifaden nach der anderen Seite der Röhre (in der Fig. 2 nach links) und reißt zwischen den Stromzuführungen ab. Damit ist die Leitung unterbrochen, der Elektromagnet wird stromlos. Der Anker sinkt wieder herab und der Quecksilberfaden kommt in seine frühere Lage, stellt also wieder Stromschluß her. Nun beginnt das beschriebene Spiel wieder, um so lange anzuhalten, als die Ueberlastung ia der Konsumstelle dauert. Der Apparat arbeitet bei dieser Funktion als Kontroll-Automat im Gegensatz zu ähnlichen Apparaten durchaus selbsttätig. Er unterbricht bei Ueberlastungen den Betrieb der Konsumstelle nicht dauernd, sondern er zeigt nur durch abwechselndes A r erlösehen und AViederaufleuchten der Lampen an, daß zu viel Strom entnommen wird, während das Licht sofort wieder ruhig wird, sobald der Konsum auf das eingestellte Maß zurückgeht. Diese Ein stellung kann je nach Bedürfnis innerhalb gewisser, ziemlich weiter Grenzen erfolgen. Fig. 3. ' Fig. 4 Danach liegt die Bedeutung des Kontroll-Automaten in Folgendem: 1. In Anlagen mit Pauschaltarif. In diesen wurden bisher für jede installierte Lampe pro Jahr eine bestimmte Summe bezahlt, gleichgiltig ob und wie lange der Konsument die Lampe brannte. Da der Preis von der Gesamt zahl der installierten Lampen abhängig war, schränkte der Konsument natur gemäß den Umfang der Installation scharf ein. Mit Benutzung des Kontroll- Automaten können nun beliebig viele Lampen und an beliebiger Stelle installiert werden; es wird nur die Zahl der Lampen, welche gleichzeitig brennen können, auf ein gewisses Maß beschränkt. Nach der hierfür sich ergebenden Strom stärke wird der Preis berechnet und der Kontroll-Automat eingestellt. Ueber- schreitet der Konsument diese vereinbarte Zahl um eine einzige Lampe, so tritt das oben beschriebene Spiel in Funktion, und der Konsument muß die Entnahme auf die vereinbarte Menge zurückführen.