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XXI. Jahrgang, ELEKTROTECHNISCHE KUNDSCHAU. No. 15. 1*03/1904. 183 Fig. 2. Eisen- wild Stahlwerk Bethlen-Falva A.-G., Schwientochlowitz O.-S. Walzenstrassen-Antriebe und Ilgner Uniformer. Erfahrungen und Annahmen des Dampfbetriebes abweichendere Klarstellung der tatsächlichen Verhältnisse als gerade bei der Walzen zugmaschine. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Walzwerke sich die Vorzüge der elektrischen Betriebsweise über kurz und lang all gemein aneignen werden. Nur wenige große Werke sind heut im Besitz ausgebauter elektrischen Zentralanlagen \ die Exploitation des Großgasmotors, sowie die Einführung der Dampfturbine werden ohne Frage die Pläne zur Reife bringen, welche zur Zeit im Schoße der Verwaltung ruhen. Diesem Entwicklungsgang folgend erscheint die Elektrotechnik auf eine lange Reihe von Jahren bezüglich der Ausnutzung und Entfaltung ihrer Fabrikationseinrichtungen reichlich versorgt, während die beteiligten Industrieen die Vorteile der Großkraftübertragung in der Vervollkommnung und der Verbilligung ihrer Betriebe sich zu Nutze machen werden. Der Nutzen des Dampfmantels. Obgleich Dampfmäntel um die Zylinder der Dampfmaschinen fast ebenso lange angewendet werden, als man überhaupt Dampfmaschinen baut, und obgleich damit in den letzten Jahren sehr viele Versuche gemacht wor den sind, sind die Meinungen über den Nutzen der Dampfmäntel immer noch geteilt. Allerdings haben die Versuche sehr verschiedene Resultate ergeben, in manchen Fällen bis zu 30°/ 0 Ersparnis, in anderen wieder sogar einen absoluten Verlust. Es lohnt sich daher, die Bedingungen zu untersuchen, unter denen Dampf mäntel von Nutzen sind, und wir entnehmen einem Aufsatze von A. H. Gilson in der „Eng. Review“, Februarheft 1904, die folgenden Ausführungen. Warum wird zunächst ein Dampfmantel an gebracht? Nehmen wir an, gesättigter Dampf ströme in den Zylinder einer Dampfmaschine ohne Dampfmantel. Die Zylinderwände haben niedrigere Temperatur als der Dampf und werden so eine gewisse Dampfmenge niederschlagen, bis die frei gewordene latente Wärme die Zylinderwände bis auf die Dampftemperatur erwärmt hat. Ein Teil dieses Niederschlags wird einen Wasserschleier auf den Zylinderwandungen und auf den Schieberflächen bilden, mit denen der Dampf in Berührung kommt. Wenn jetzt der Dampf abgesperrt wird und expan diert, so wird dabei Arbeit auf Kosten eines Teiles der im Dampf enthaltenen Wärme geleistet, und ein Teil des Dampfes wird verflüssigt und schlägt sich ebenfalls als Schleier auf den Wänden nieder. Die Wirkung dieses Wasserschleiers ist nun eine Ver ringerung des Wirkungsgrades der Maschine. An gestellte Versuche haben gezeigt, daß bei einem Schieber, wenn er in Bewegung ist, oft beträcht liche Dampfverluste auftreten, mag er im kalten Zustande auch noch so gut auf seinen Sitz passen und im Ruhezustand vollkommen dicht halten. Nun ist es höchst wahrscheinlich, daß diese Dampfverluste einem solchen Wasserschleier zuzuschreiben sind, und daß sie durch Kondensation und Wiederverdampfen an den Schieberflächen entstehen. Nachdem diese durch den Abdampf abgekühlt sind, schlägt sich ein Teil des mit ihnen in Be rührung kommenden Frischdampfes darauf nieder und bildet einen Wasser schleier. Bedeckt dann der Schieber die Ausströmkanäle, so verdampft das Wasser wieder, und der Dampf gelangt so in den Ausströmkanal, ohne im Zylinder irgend welche Arbeit geleistet zu haben. Weiter ist bekannt, daß weit mehr nasser Dampf durch eine Spalte entweicht, als trockener unter sonst gleichen Umständen, was auf einer ähnlichen Wirkung des Wasserschleiers beruht; und es ist sehr wahrscheinlich, daß am Kolben ein derartiger Verlust stattfindet, sogar in weit beträcht licherem Maße, als man im allgemeinen annimmt. Es ist also klar, daß weit weniger Dampflässigkeitsverlust eintreten würde, wenn diese Kondensation an den Zylinderwandungen vermieden würde. Aber dieser Wasserschleier verringert die Oekonomie der Maschine noch in andererWeise. Während der Dampfzuströmung und zu Beginn der Expansion geht ein Teil der latenten Wärme des sich niederschlagenden Dampfes in die Zylinderwandungen. Da nun bei adiabatischer Expansion eine teilweise Kondensation bis zum Hubende stattfindet, so sind die Wandungen bei Beginn der Ausströmperiode noch naß, und da sie wärmer sind als der Dampf, geben sie einen Teil ihrer Wärme wieder ab, um das Wasser zu verdampfen. Hierbei findet ein direkter Wärmever lust in den Kondensator hinein statt, und es wird ein vergrößerter Gegendruck im Zylinder erzeugt, also in doppelter Hinsicht der Wirkungsgrad verschlechtert. Nun wird die Wärme von einer trockenen Metallfläche auf trockenen Dampf nur in geringem Maß übertragen, und der Wasserschleier auf der Oberfläche unter stützt die Wärmeabgabe in hohem M ie; es ist also von großer Wichtigkeit, daß die Bildung des Wasserüberzuges der Zylinderwandung möglichst vermieden wird. Welchen Bedingungen muß nun ein Dampfmantel ent sprechen, damit die Bildung des Wasserschleiers verhindert wird? Betrachten wir einen speziellen Fall, nämlich eine einzylindrige, doppelt wirkende Maschine mit Schiebersteuerung, die mit Kon densation ai beitet. Diese Maschine habe 12 Zoll (305 mm) Durchmesser, 3 Fuß (914 mm) Hub, 100 Touren per Minute, 100 lbs (7 Atm.) Ueber- druck Anfangsspannung, 50°/ 0 Füllung und 4 lbs (0.28 Atm.) abs. Gegen druck. Aus Versuchen wissen wir, daß die Temperatur der Zylinder wände um ca. 10’ F. (5,5° C.) schwankt, und die notwendige Wärme menge zur Erzeugung einer Reihe solcher Schwankungen in einer Minute demnach ca. 200 T.U. Quadrat-Fuß Oberfläche (543 cal./qm) beträgt. Die Oberfläche der Zylinderwandung und des Schieberkanals beträgt ca. 19 Quadrat-Fuß (1,77 qm), sodaß aus dem Dampfmantel durch die Zylinder ist. Zunächst tritt bei Walzenstraßen der Elektromotor dort an die Stelle der Dampfmaschine, wo es sich um Triostraßen, Doppelduos, d. h. um solche Straßen handelt, die stets in einem Dresinne arbeiten. Die Vorzüge des elektrischen Betriebes gipfeln hier in der nunmehr gegebenen Möglichkeit — speziell bei Verwertung der Armgase — auch diese schweren Arbeitsmaschinen in das Netz der Zentralisation hineinzuziehen, ferner in der jetzt gegebenen Freiheit, die Disposition der Straßen zu den Oefen sowohl, als gegeneinander dem Arbeitsgange anzupassen. Weitere Vorteile liegen in der Gleich förmigkeit der Walzgeschwindigkeit, die bei dem elektrischen Betrieb je nach dem augenblicklich vorliegenden Walzprogramm in weiten ] Grenzen verschieden gewählt, dann aber absolut fest eingestellt Fig. i. Zentrale III der A.-G. Gutehoffnungshütte, Oberhausen. Drehstromdynamomaschine 300 Kilovolt X Ampere bei 3100 Volt und 150 Umdr.'Min. Gichtgasmotor von Gasmotorenfabrik Deutz. werden kann ; weiter zeichnet das elektrische Walzwerk die Unab hängigkeit der einzelnen Straßen von einander aus, die geringen stets kontrollierbaren Leerlaufsarbeiten und ein idealer Ausgleich der Energieaufnahme der Straßen untereinander und zu dem Netz. Die A. E. G. hat bisher 30 Antriebe von Walzenstraßen und zwar in Stab- und Bandeisen, Blech-Platinen-Röhren- etc. -Walzwerken aus geführt und an Hand eingehender Messungen und Aufzeichnungen ein reiches Material zur Beurteilung für die Dimensionierung und Disposition der elektrischen Betriebsmittel aufgesammelt. Bei kaum einer anderen Arbeits- oder Formveränderungsmaschine gewährt die Einführung des elektrischen Betriebes bezüglich Energie bedarf und günstigster Arbeitsgeschwindigkeit eine gegen die früheren