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135 XXL Jahrgang. ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU. No. 12. 1903/1904. Fig. 7. Elektroden bei Anwendung von Drehstrom. Die Elektroden 1, 2 und 3 bestehen aus Stahl, während die gegenüberstehende Elektrode 4 von einer in einer Ausbuchtung befindlichen Quecksilbermenge ge bildet wird. Die Kugel ist evakuiert und somit nur mit Quecksilberdampf erfüllt. Schaltet man diese Lampe nach dem Schema der Figur 8 an eine in Stern geschalete Drehstromquelle, indem man die 3 Phasenenden mit 1, 2 und 3 verbindet, so fließt zwischen dem Nullpunkt der Drehstrom-Maschine und der Quecksilber-Elektrode 4 ein Gleichstrom. Es ist dies kein eigentlicher konstanter Gleichstrom, sondern ein pulsierender Strom; seine Pulsationen sind umso geringer, je mehr Phasen der einge leitete Wechselstrom hat; hieraus folgt, daß einphasiger Wechselstrom am ungeeignetsten ist. Mit Hülfe dieser Anordnung ist es möglich, aus einem Wechselstromnetz Gleichstrom zu entnehmen und damit z. B. Akkumulatoren zu laden, wie es in der Figur 8 dargestellt ist. Um das Verhalten der Hewitt- Lampe als Stromumformer ver stehen zu können, ist es notwendig 4 i den Lichtbogen zwischen 2 ver- dff^\ schiedenen Elektroden zu betrachten. ) Benutzt man 2 Leiter, die ver schiedene Verdampfungstemperatur besitzen, so z. B. Kohle und irgend ein Metall, so zeigt sich folgendes: Ist die am schwersten verdampf bare Kohle Kathode, das Metall Anode, so ist es leicht einen Bogen bilden, da die an der sehr hoch er hitzten Anode gebildeten Metall- Fig- s. dämpfe den Strom leicht überführen dagegen umgekehrt, so kann der Bogen nur bei '*2 ft können ist] es höherer Spann ung^l bestehen. Das Aehnliche gilt beim Elektroden- material Stahl und Quecksilber. Ist Stahl Kathode und das sehr leicht flüchtige Quecksilber Anode, so geht der Strom leicht über; ist aber Quecksilber Kathode und Stahl Anode, so ist dies nicht der Fall.'> Schickt man demnach durch eine Hewitt-Lampe Wechselstrom, so wird nur die Wechselstromhälfte den Bogen passieren können, die das Quecksilber momentan zur Anode macht; die andere Hälfte geht entweder gar nicht oder nur unvollkommen durch. Ebenso wie der gewöhnliche Kohlenbogen erst durch Berührung zum Zünden gebracht werden kann, so geht auch der Quecksilber bogen nicht direkt beim Anlegen der Spannung über, sondern es bedarf, wenn auch nur momentan, eines hohen Potentialstoßes, um die Zündung einzuleiten. Diese Spannungserhöhung wird bei der Hewitt-Lampe durch einen Induktionsstoß, der von einer kleinen Spule mit hoher Selbstinduktion erzeugt wird, geliefert. Hewitt benutzt eine Lampe von etwa 180 mm Durchmesser; dieselbe erlaubt eine Drehstromleistung von 8 Kilowatt in Gleichstrom umzusetzen. Der Wirkungsgrad dieser Umformung nimmt nach Hewitt mit wachsender Spannung zu und beträgt z. B. bei 1800 Volt 99 pCt., bei 600 Volt 95 pCt. Nach Besprechung der verschiedenen Lichtbögen ist es von Interesse, die Temperatur eines solchen Bogens zu erfahren. Neueste Untersuchungen an dem Kohlenbogen, die naturgemäß äußerst schwierig anzustellen sind, ergaben für den Krater ein« für alle Stromstärken konstante Temperatur von etwa 3500° Celsius Es ist dies wahrscheinlich die Verdampfungstemperatur des Kohlenstoffs, die von der Stromstärke unabhängig ist. Die Temperatur der i% athodenspitze ist niedriger, sie beträgt ca. 2500° C. Die Temperatur des Lichtbogens selbst ist proportional der Stromstärke; sie nimmt mit wachsender Stromstärke zu. Es lag nun sehr bald der Gedanke nahe, die gewaltige Hitze des Bogens für chemische Zwecke zu verwerien. Mo iss an war der erste, der diese Versuche im großen Maßstabe ausführte. Es gelang ihm in der Hitze des Bogens Elemente in chemische Verbindung miteinander zu bringen, die man bis dahin als vollständig indifferent zueinander gehalten hatte. S > stellte er in seinem elektrischen Ofen die Carbid-, Silicide und Boride der verschiedensten Metalle dar. Von diesen Verbindungen sind die bekanntesten das Calciumcarbid und der Carborund, d. i. Silicium- carbid. Ersteres dient zur Herstellung des Acetylens, letzteres bildet ein vorzügliches äußerst hartes Schleifmittel. Es ist nicht möglich, im Rahmen dieses Aufsatzes auf die Details der elektrischen Oefen und Da r stellung weisen einzugehen. Erwähnt sei noch, daß es Moissan auch gelungen ist, kleine Diamanten im elektrischen Ofen zu erzeugen. Auch das Verfahren von Stassano zur Stahl erzeugung direkt aus den Erzen, das heute viel von sieh reden macht, mag hier angeführt werden. Es erübrigt nun noch, die akustischen Erscheinungen am elektrischen Lichtbogen zu betrachten. Im Jahre 1898 fand Simon, daß der Lichtbogen auch zur IJebertragung von Tönen geeignet sei. Er arbeitete gerade mit einer Bogenlampe, während gleichzeitig von einer benachbarten Leitung aus ein Induktorium in Betrieb war. Jede durch den Stromunterbrecher desselben bewirkte Unterbrechung des Stromes war im Lichtbogen als Geräusch zu vernehmen. Er glaubte zunächst in dem Bogen ein Reagens auf die vom Induktorium ausgehenden elektrischen Wellen gefunden zu haben; bei näherer Untersuchung fand er jedoch, daß die Erscheinung auf einer 10 -aWWAAA- Induktionswirkung der beiden auf eine gewisse Strecke parallel laufenden Leitungen zurückzuführen sei. Nach dieser Erkenntnis war es leicht, durch geeignete Schaltungsanordnung die Wirkung zu verstärken und alle Töne ja selbst die Sprache zu übertragen, wobei der Bogen als Telephon diente. Unter einer großen Zahl ver schiedener Schaltungen ist die von Simon angegebene die einfachste (Fig. 9). Der Stromkreis einer Dynamo-Maschine oder Batterie B speiste unter Vorschaltung eines Wider stands W und der einen Windungshälfte eines Transformators T einen zwischen zwei Kohlen elektroden befindlichen Lichtbogen L. Die andere Hälfte des Transformators war von dem Strom einer Zelle Z dureh- j flössen. Im gleichen Kreis befand sieh ein Mikrophon M. Jede Stromänderung \on Kreis II wird durch den Transformator auf I übertragen und kann im Bogen gehört werden. Spricht man in M hinein, so treten durch die Schwingungen seiner Membran analoge Aenderungen seines Widerstands ein, infoLedessen auch der Strom in II diese ?=9 ... Veränderungen mitmacht. Der Transformator T überträgt diese Stromschwankungen auf den Kreis I, wodurch auch der die Lampe speisende Strom die gleichen Schwingungen Ja- (? 'J -'SüTOOTnr- | t2 'iä F'g. 9. ausführt und den Lichtbogen zum Sprechen bringt. Nach einer Erklärung von Prof. Simon liegt die Ursache der Eigenschaft des Lichtbogens, als Telephoa dienen zu können, in Folgendem : Der Lichtbogen nimmt vermöge seiner bestimmten Temperatur ein gewisses Volumenfj ein. Die Temperatur des Bogens ist, wie vorher amgegeben, eine Funktion der Stromstärke. Aendert sich nun diese Stromstärke^in I durch die übergelagerten Schwingungen des Kreises II, 80 muß sich auch synchron mit diesen Stromänderungen das Volumen des Bogens ändern. Jede Veränderung des Volumens des Bogens re gt nun die umgebende Luftmasse zu Schallsehwingungen an; wir hören also das ins Mikrophon hineingesproehene wieder. Die Wieder gabe ist sehr laut und deutlich; es eignen sich am besten lange Flammenbögen mit großer Stromstärke zu diesem Versuch. Nach dieser Erklärungsweise war es anfangs nicht recht verständlich, daß die relativ kleinen Mikrophonstromänderungen so intensive Laut wirkung im Lichtbogen geben sollten. Die folgende Betrachtung dagegen überzeugt vom Gegenteil. Die Temperatur des Bogens ist abhängig von der Joule’schen Wärme; ist der Lampenstrom I der Bogenwiderstand R, so ist dieselbe I 2 R. Wächst nun der Strom um die kleine Größe di, so ist jetzt die Joule’sehe Wärme (I + di) 2 R = I 2 R + 2IdiR + vernach lässigbarer Größe. Das zweite Glied der rechten Seite stellt den Zuwachs dar, der also nicht allein proportional di sondern auch proportional dem Hauptstrom I ist. Wir können also durch Vergrößerung des Stromes I die Lautstärke erhöhen, was sich bestätigt hat. Die Wirkungsweise des Bogens läßt sich auch umkehren; wenn man unter geeigneter Anordnung auf den Bogen spricht, so läßt sich durch ein in den Stromkreis geschaltetes Telephon das Gesprochene wiedergeben. Man hat nur in Figur 9 statt des Mikrophons M und der Zelle Z ein Telephon einzuschalten. Die Erklärung hierfür ergibt sich aus der Um kehr des weiter oben Auseinandergesetzten. Zweckmäßig ist es bei Anstellung dieses Versuchs, den Bogen in einen Chamotteblock ein zuschließen und die Schallwellen durch einen Trichter darauf zu konzentrieren (Fig. 10). Man kann demnach, wie West gezeigt hat, von zwei in Serie brennenden Lampen die eine als Mikrophon und die andere als Te lephon benutzen. Es gelang auch Prof. Simon, die Stromschwankungen eines Mikrophons über die Erregerströme einer Gleichstrom-Dynamo zu lagern. Hierdurch ist es dann möglich, alle an einem Netz hängenden Bogenlampen gleichzeitig zum Sprechen zu bringen. Es ist eigentümlich, daß man sich nicht schon früher mit den akustischen Eigenschaften des Lichtbogens befaßt hat, denn jede mit Wech elstrom gespeiste Bogenlampe führt uns direkt auf dieses Thema. Man empfindet meistens das starke Brummen der Wechsel- strombögen als Mißstand. Dieses Brummen wird hervorgerufen dureh die periodischen Schwankungen des Wechselstromes, was sich nach dem Vorhergehenden leicht einsehen läßt. Eine Anwendung findet bis jetzt der sprechende Lichtbogen in der Lichttelephonie. Es ist nach den Strahlungsj esetzen glühender Körper bekannt, daß jede Wärmeschwankung auch gleichzeitig Intensitätsschwankungen des ausgestrahlten Lichtes verursacht. Das Licht des sprechenden Bogens macht demnach die gleichen Intensitäts- sehwingungen mit, wie der erzeugende Strom. Das Element Selen hat nun die Eigenschaft, bei besonderer hier nicht näher zu er örternder Behandlung, seinen elektrischen Widerstand bei Belichtung zu verringern, und zwar folgt derselbe allen Schwankungen der Lichtstärke. Graham Bell war der erste, der 1880 diese Eigenschaft des Selens zu einer Lichttelephonie benutzte. Seine Vorrichtung hat nur Fig. 10.