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XXI. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ No. 12. 1903/1904 134 Der Antrieb der Papiermaschine geschah bisher meist durch besondere Dampfmaschinen. Diese Dampfmaschinen sind zwar in ihrer Umdrehungszahl in weiten Grenzen regulierbar, entweder durch Einschaltung eines Leistungsregulators oder durch Drosselung des Dampfes. Aber der gleichmäßige Gang der Maschinen kann dann nicht mehr aufrecht < rhalten werden, und deshalb ist Veränderung der Touren durch direkte Regulierung der Dampfmaschinen nicht empfehlenswert. Man schaltete al-o Wechselrädergetriebe ein, die nach Möglich keit bequem auswechselbar gemacht wurden. Die Auswechselung der Räder ist aber immer mit einem Zeitverlust verbunden, der sich besonders bei öfterem Auswechseln der Räder bemerkbar macht. Das Geräusch der Räder mußte man mit in Kauf nehmen: auch der Wirkungsgrad des ganzen Antriebes wurde durch Ver wendung der Räder schlechter. Ferner war damit eine Dezentralisation der Anlage verbunden, das heißt: die Anlage • mußte besonders bei größerer Ausdehnung mehrere verstreut liegende Kessel erhalten, oder es waren länge Dampfrohre zur Dampfversorgung der Dampf maschinen für den, Papiermaschinenantrieb erforderlich. So waren beispielsweise bei einer Papiermaschine mit 2,1 m beschnittene Papierbreite fünf Satz Wechselräder vorhanden mit folgenden Zähnezahlen : 24 : 102, 32 : 94, 41 : 85, 50 : 76 und 59 : 67. Die Tourenveränderung, welche durch diese fünf Räderpaare erreicht werden kann, ist 1:3,73, das heißt: diese Touren Veränderung ist verhältnismäßig klein. Es wird jetzt oft eine Regulierung in den Touren bis 1 : 8, ja bis 1 : 12 gefordert, besonders für Papier maschinen, auf denen die verschiedenen Sorten von Luxuspapieren hergestellt werden sollen. Man hat auch auf anderem Wege, als durch Einfügung von Wechselrädern, die Verminderung der Tourenzahl zu erreichen gesucht. Eine solche Vorrichtung beschreibt das Wochenblatt für Papier fabrikation in Heft 8, des Jahrganges 1903. Ferner führt Geheim rat Heffmann deren mehrere in der Papierzeitung, Heft 103, vom 25. Dezember 1902 auf. Besonders hebt Hofmann die An triebsvorrichtung einer amerikanischen Fabrik in Columbus, Indiania, hervor, welche Geschwindigkeitsänderungen bis 1 : 6 ge stattet und für Uebertragung bis 225 PS ausgeführt sein soll. Die Kraftübertragung erfolgt bei dem von Hofmann erwähnten, sogenannten „Laufregler“ durch eine Gliederkette, deren kegelförmig abgestufte Kanten durch Reibung an kegelförmigen Scheiben mit genommen werden. Durch Verstellung der Scheiben auf einer Welle in achsialer Richtung läßt sieh die Lage der Gliederkette ver ändern. Der Kreis, auf welchem die Kette abrollt, kann je nach dem größer oder kleiner eingestellt werden. Eine viel geeignetere Lösung für den Antrieb von Papier- Maschinen ist diejenige durch Verwendung von Elektromotoren mit veränderlicher Tourenzahl. In den Kreis unserer Betrachtungen sind nur Gleichstrom- Motoren einbezogen. Eine Tourenveränderung bei Drehstrommotoren in rationeller Weise ist mit Motoren normaler Ausführung nicht möglich, da dort nur durch Einschalten von Widerstand in den Läuferstromkreis die Tourenzahl verändert, herabgedrüekt werden kann auf Kosten des Wirkungsgrades. Es werden zwar Drehstrom motoren mit veränderlicher Tourenzahl auf den Markt gebracht; ich würde mich aber doch besinnen, ob ich diese Motoren für Papier maschinenantrieb verwenden würde. Der Oerlikon Drehstrommotor mit veränderlicher Tourenzahl, welcher wohl der Beste der be stehenden Konstruktionen ist, gestattet nur eine sprungweise Aenderung, da bei ihm die Polzahl im Ständer verändert wird. Die Zwischenstufen müßten auch hier durch Einschalten von Wider stand in den Läuferstromkreis zu erreichen gesucht werden. Dabei geht es aber dem Drehstrommotor, der besonderen Widerstand im Läuferstromkreis erhält, genau so, wie dem Hauptstrommotor, das heißt, wenn die Belastung sich ändert, dann verändert sich auch die Tourenzahl des Motors. •Die Kaskadenschaltung, dieWüst’sehe Konstruktion und sofort, anzuwenden, halte ich für verfrüht, bis genügenden Erfahrungen vor liegen, die nachweisen, daß diese Motoren bezüglich Wirkungsgrad sowie Leistungsfaktor u. s. f. tatsächlich die diesbezüglichen Werte normaler Motoren gleicher Leistung nicht wesentlich unterschreiten. Bei Durchrechnung von Beispielen wird man fast immer finden, sofern Drehstrom als Betriebsstrom zur Verfügung steht, daß man besser tut, einen Drehstrom-Gleichstrom-Unformer aufzustellen und die Papiermaschine mit einem Gleichstrom-Motor anzutreiben. Die Ersparnis, die man durch die weiter unten beschriebene Regulier methode gegenüber der Verwendung von Drehstrommotoren mit Widerstand im Läuferstromkreis macht, sind so groß, daß sich die Mehrausgabe für den Umformer in den Anschaffungkosten sehr bald bezahlt macht. Von den Gleichstrommotoren gewinnt für den Papiermaschinen antrieb nur der Nebenschlußmotor-Bedeutung, da die Eigenschaft des Hauptstrommotors, bei welchselnder Belastung seine Geschwindigkeit £ 1 Fig. 1. V -Ht- ca cm * f 2 I lir I zu ändern, ihn für den in Rede stehenden Antrieb nicht geeignet mai-ht. Aus dem gleichen Grunde würde sich auch die Hauptstrom- j regulierung bei Nebenschluß-Motoren nicht für die Regulierung der Touren verwenden lassen, da wir dann, wenn der Motor mit vorge schaltetem Widerstand läuft, ebenfalls bei veränderter Belastung eine gleichbleibende Umdrehungszahl des Motors nicht erreichen können. Aber auch mit Rücksicht, auf die Oekonomie ist die Verwendung der Hauptstromregulierung nicht möglich, besonders, weil die Papier maschine Tag und Nacht läuft. Es bleibt also nur übrig, die Regulierung der Tourenzahl des Motors durch Veränderung der Spannung, oder des Magnetfeldes, vorzunehmen. Man benützt pieist beide Methoden gemeinsam. Bei Anschluß eines Motors an ein vorhandenes Gleichstrom- Netz ist die dem Motor zugeführte Spannung konstant und eine un mittelbare Veränderung derselben ausgeschlossen. Man kann aber die im Anker wirksame Spannung dadurch verändern, daß man auf den Anker zwei verschiedene Wicklungen aufbringt. (Zweikollektor-Motor). Durch Hintereinanderschalten der beiden Kollektoren und damit der beiden Ankerhälften erhält man die halbe Spannung pro Ankerhälfte als Betriebsspannung. Bei parallelgeschalteten Ankerhälften wird jeder Ankerhälfte die volle Spannung aufgedrückt. Bei hinter einander geschalteten Kollektoren ist die Leistung des Motors nur die halbe und auch die Tourenzahl nur die halbe gegenüber diesen Werten bei parallelgeschalteten Ankerhälften. Das vom Motor ent wickelte Moment ist in beiden Fällen gleich groß. — Man wird in vielen neueren Papierfabriken finden, daß mit — Rücksicht auf die anzusehließen- den Motoren mit Tourenre- gulierung direkt eine Dreileiter anlage installiert ist. Diese Dreileiter-Anlagen bieten eine weitere Möglichkeit die Tou renzahl des Motors in ökono- — mischer Weise zu verändern, indem man den Motor einmal an die beiden Außenleiter, das andere Mal an Außen- und Mittelleiter der Anlage an schließt. Da der Mittel-Leiter gewöhnlich die Außenleiter spannung halbiert, so haben wir hier die gleichenVerhältnisse bezüglich Leistung, Tourenzahl und Moment bei Anschluß an beide Außenleiter, respektive an Außen- und Mittelleiter, wie bei parallel geschalteten , beziehungsweise hintereinandergeschalteten Anker hälften. Diese Teilung der Spannung giebt die Annehmlichkeit bei 220 Volt zwischen den Außenleitern, wie sie allerdings nur in nicht zu großen Fabriken angewendet werden, die Glühlampen für die Beleuchtung an Außen- und Mittelleiter anzuschließen ; bei sehr großen Anlagen wird man mit 220 Volt Außenleiterspannung nicht mehr auskommen können. Dann muß man als Außenleiterspannung 440 Volt wählen. Man ist nicht bei Dreileiteranlagen stehen geblieben, sondern hat dann, vorläufig auch nur in Amerika, Vierleiter-Systeme mit ver schieden großen Spannungen zwischen den benachbarten Leitern in einer Reihe von Anlagen angewandt. Einzelnheiten darüber giebt die amerikanische Zeitschrift: „Electrical Revue“ in einem längeren Artikel des Jahrganges 1902. In Deutschland finden sich in einigen Kattundruekereien Fünfleiteranlagen mit Rücksicht auf die anzu schließenden Motoren zum Antrieb der Kattundruckmaschinen. Diese letzteren verlangen eine Tourenveränderung in weiten Grenzen. Auch die „Zeitschrift des Vereines Deutscher Ingenieure“ brachte kürzlich in Heft 3 des laufenden Jahrganges einige Einzeln heiten über derartige Anlagen. In beiden Artikeln sind Vierleiter systeme behandelt, welche die Abnahme von sechs verschiedenen Spannungen gestatten. Die Verteilung der Spannung kann nach zwei verschiedenen Gesichtspunkten geschehen, wie es am Besten durch heistehende beide Skizzen veranschaulicht ist. Man sieht aus Figur 1, daß die Intervalle zwischen den ver schiedenen Spannungen gleich groß sind. In Figur 2 werden dagegen die Intervalle mit wechselnder Spannung größer. Die meisten Anlagen dieser Art sind von der Bullock Eleetrie Mfg. Co., und der Croocker Wheeler Co., ausgeführt. (Schluß folgt.) Der elektrische Lichtbogen und seine Anwendungen. Von Jul. Bing, Dipl.-Ingenieur, Köln. (Schluß.) Die für die Praxis, bis jetzt wertvollste Eigenschaft der Hewitt- Lampe liegt in ihrer durch Hewitt gefundenen Erscheinung, einen durchgeschickten Wechselstrom in Gleichstrom umzuformen, ohne irgendwelche mechanischen Bewegungen. Die Form, welche Hewitt zu diesem Zweck seiner Lampe gegeben hat, ist in Fig. 7 dargestellt. Er benutzt ein kugelförmiges Glasgefäß mit vier eingesehmolzenen