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No. 12. 1903/1904. 133 XXI. Jahrgang. „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ Kreise vorher hören wolle. Den Untersuchungen sollen die Vor schriften ds Verbandes deutscher Elektrotechniker zu Grunde ge legt werden, und wenn es anginge, könnte man Revisionsvereine nach Analogie der Kesselrevisionsvereine bilden. Jedenfalls würden keine Pulizeiorgane, sondern geprüfte Sachverständige die Revisoren sein. An Kosten sollen nur die Selbstkosten erhoben werden. In der seit der letzten Sitzung verflossenen Zeit habe eine informatorische Be sprechung mit Interessenten stattgefunden, an der sich die Mitglieder der Kommission und die Vertreter der namhaftesten Firmen der elek trischen Industrie beteiligten. Hierdurch ist zwar eine gewisse Beruhigung verbreitet worden, aber, da die Regierung erklärte, daß sich der Gesetzentwurf nur auf die hohe Zahl der angeblich durch Elektrizität verursachten Brände stützt, diese Zahl aber de faeto nicht existiert, so ist logisch auch der Entwurf gegenssandlos und es liegt wirklich kein Grund vor, die Beratungen darüber weiter fortzusetzen. Den Mitteilungen über die von der Firma Henschel & Sohn in Kassel gebaute Dampflokomotive für Schnellbahnen, die wir in unserer „Umschau“ Heft 11 Wiedergaben, können wir heute er gänzend eine Abbildung der Maschine hinzufügen, die nach einer uns von der genannten Firma zur Verfügung gestellten Photographie angefertigt wurde. Wie die Wagen der elektrischen Schnellbahn ein ungewöhnliches Aussehen zeigten, so weicht auch das Aeußere dieser Lokomotive von den bekannten vollkommen ab und man glaubt eher einen gewöhnlichen D-Zugwagen vor sich zu haben, als eine Lokomotive, welche die bisher größte Schnelligkeit unter ihren Geschwistern mit 130 km erreichte, die noch wesentlich gesteigert werden soll. Die Maschine wird auf der Ausstellung St. Louis vor geführt, was leider hinsichtlich der elektrischen Schnellbahnwagen nicht der Fall sein kann. Von begreiflichem Interesse ist angesichts dieser Leistung der LokomotivfabrikHenschel&Sohn die Ansicht des Eisenbahnministeriums, über die bisher immer nur Andeutungen in die Oeffentlickeit ge langten. Nun liegen aber endlich die in der Budgetkommission ge machten vollständigen Ausführungen Budde's im Wortlaut vor, die mit vielen schönen Worten einen ziemlich bitteren Kern umkleiden. Er sagte, daß alles sehr schön sei, bis auf die Kosten und diese machen Züge mit so großen Schnelligkeiten nur für besonders wich tige Verkehrsbeziehungen möglich. Der Minister führte “folgendes aus: Durch die Versuche der Studiengesellschaft für elektrische Schnellbahnen auf der Strecke Marienfelde—-Zossen ist festgestellt worden, daß es möglich ist, auf sehr solidem und sorgfältig unter haltenem Oberbau bei Verwendung elektrisch angetriebener Fahr zeuge entsprechender Bauart die Fahrgeschwindigkdit bis auf etwa 200 km in der Stunde zu steigern. Da die für die Versuche zur Verfügung gestellte Strecke nur eine Länge von 23 km hat, so konnte die Dauer der Fahrt mit der Höchstgeschwindigkeit nur sehr kurz sein. Ob sie auch für längere Fahrten innegehalten werden könnte, steht zur Zeit noch dahin. Immerhin hat sich gezeigt, daß der bei dieser Fahrgeschwindigkeit an den Seiten der Fahrzeuge er zeugte Luftdruck weder eine Vergrößerung des üblichen Gleisab standes zweigleisiger Bahnen noch sonst eine Aenderung der üblichen Bauart des Bahnkörpers erforderlich machen würde. Nur wäre auf tunlichst günstige Steigungs- und Krümmungsverhältnisse Be dacht zu nehmen, weil sonst der Kraftverbrauch sich wesentlich steigern würde und die Geschwindigkeit entsprechend ermäßigt werden müßte. Die Versuche haben ferner wertvolle Erfahrungen über das Verhalten des Oberbaues, der Fahrzeuge, der Arbeits leistungen und der sonstigen Einrichtungen bei der erwähnten Höchst geschwindigkeit geliefert. Aueh haben sie bestimmte Ziffern über den Verbrauch an elektrischer Arbeit ergeben, wobei namentlich er mittelt worden ist, daß dieser Verbrauch stark mit der Geschwindig keit zunimmt. Zum Bremsen und zur Streckensicherung würden die jetzigen Einrichtungen der Eisenbahnen nicht genügen. Wie sie zu gestalten wären, um am besten ihrem Zweck zu entsprechen, würde im Be darfsfälle noch zu untersuchen sein. Auch abgesehen hiervon, würde auf den bestehenden Eisenbahnen mit ihren vielen Stationen, Ab zweigungen, Weichen, Wegeübergängen in Schienenhöhe, in den Stationen selbst, für einzelne Züge eine so hohe Fahrgeschwindig keit, wie die bei den • Schnellfahr versuchen erreichte, aus Gründeu der Betriebssicherheit nicht zugelassen werden dürfen. Hierfür müßten vielmehr besonders eingerichtete Eisenbahnen erst erbaut werden. Auf den vorhandenen Bahnen wird man auch unter be sonders günstigen Verhältnissen und unter der Voraussetzung einer entsprechenden Verbesserung der Brems- und Sicherheitseinrichtungen die Fahrgeschwindigkeit bei einzelnen Zügen nicht über 120 Km. in der Stunde steigern dürfen. Schon seit längerer Zeit wird von der Staatseisenbahnverwaltung erwogen, ob und wie eine solche erhöhte Fahrgeschwindigkeit zu erreichen wäre und ob ihre An wendung für einzelne Züge in Betracht gezogen werden könne. Nachdem eine Anzahl von Lokomotiven für Schnellfahrten und mit erhöhter Leistungsfähigkeit gebaut worden sind, werden zur Zeit Versuche gemacht, um festzustellen, ob und mit welchen Arten von Dampflokomotiven solche Geschwindigkeiten auf längere Dauer erreicht werden können- Es darf dabei nicht unerwähnt bleiben, daß die Kosten so schnellfahrender Züge jedenfalls, abgesehen von den vermehrten Kosten der Bahnunterhaltung, wegen der großen Aufwendungen für Brennstoff, sowie für Beschaffung, Unterhaltung und Erneuerung der Betriebsmittel, sich sehr hoch stellen würden. Solche Züge könnten daher, wenn sich ihre Beförderung als technisch möglich erweist, nur für besonders wichtige Verkehrsbeziehungen in Betracht gezogen werden. Ob sich die Studiengesellschaft durch den Standpunkt des Ministers von weiteren Versuchen abhalten läßt, ist zu bezweifeln, da einerseits die Möglichkeit offen bleibt, für die vom Minister erwähnten besonders wichtigen Verkehrsbeziehungen, (wozu doch in erster Linie alle Expreßzüge gehören, ferner auch die strategischen Bahnen und im Kriege überhaupt alle in das Feindesland führenden Bahnen) die „Schnellzüge 11 einzuführen, anderseits aber für die Schnellbahnen durch den privaten Unternehmungsgeist und viele nicht'! eutsche Staaten Gelegenheit geschaffen werden dürfte, sich zu betätigen, wenn erst die völlig glatte Funktion des Betriebes auf langen Strecken feststeht und die Kosten nicht übermäßig hoch kommen.' Ein Fort schritt im Verkehr ist noch niemals aufgehalten worden, selbst dann nicht, wenn der Geldbeutel weiter aufgemächt werden mußte und daher werden auch die Schnellbahnen im besten Sinne des Wortes ihren Weg finden. Liebetanz. Der Motor mit Tourenregulierung zum Antrieb von Papiermaschinen. Von Paul Hopfer, Oberingenieur. Die Anwendung des Elektromotors mit Tourenregulierung ohne Energieverluste zum Antrieb einzelner Arbeitsmaschinen hat leider bei uns noch lange nicht den Umfang angenommen, den sie in wirt schaftlicher Hinsicht verdient. Der Amerikaner ist uns in der Anwendung des Motors mit Tourenregulierung weit voran. Man braucht nur die amerikanischen technischen Zeitschriften — ich nenne „Electrical World and Engineer“, „Eleetrical Revue“, ..American Machinist“ und so fort — durch zusehen, und man wird mindestens in jedem zweiten Heft eine Ab handlung über Elektromotoren mit Tourenregulierung finden. Dort geschieht die Anwendung des Elektrommotors mit Touren regulierung hauptsächlich im Werkzeug-Maschinenbau. Wir Deutsche haben uns bisher nur in einigen Fällen zur Ein führung dieses Einzelantriebes verstehen können, wenngleich zuge standen werden muß, daß in den letzten Jahren die Einführung dieses Motors Fortschritte gemacht hat. Wir halten eben auch auf diesem Gebiete, wie auf vielen Anderen, am Altbewährten fest und überlegen es uns drei auch vier Mal, ehe wir zur Anschaffung einer Neuerung schreiten. Der Amerikaner ist darin weitsichtiger, kurz entschlossener, und scheut sieh nicht schon nach wenigen Jahren seine Einrichtung total umzukrempeln, wenn er etwas Neues, Besseres findet. Er wartet nicht gewissenhaft, bis die alte Einrichtung abgenützt ist. — Zu den Gebieten, auf welchen sich der Verwendung des Elektro motors für große Tourenregulierung ein erfolgversprechendes Gebiet eröffnet hat, gehört neben den Werkzeug-Maschinen, wohl in erster Linie der Papiermasehinenantrieb, der Kalander- und der Kattun druckmaschinenantrieb. Der Papiermasehinen-Antrieb ist für den Papiermacher von großer Wichtigkeit. Noch in einer der vorletzten Nummern des „Wochen-Blattes für Papierfabrikation“ schreibt ein Herr A. H.: „Daß die Beschaffenheit des Antriebes einer Papiermaschine von sehr großer Bedeutung ist, wird allen Papiermachern zur Genüge bekannt sein. Ein gleichmäßig ruhiger Gang gehört zu den Hauptbedingungen, um ein Papier herzustellen, welches der Stärke und dem Gewicht nach allen den Anforderungen entspricht, die es besitzen soll. Es kommt vor Allem darauf an, daß der Maschinenführer seine Papiermaschine ganz in der Hand hat, um sich im Bedarfsfälle helfen zu können . . . .“ Damit ist gesagt, daß jede Papiermaschine ihren besonderen Antriebs-Motor haben muß. Antrieb von der Transmission aus ist zu verwerfen und wird in der Tat nur sehr selten angewendet. Aueh muß der Papiermasehinenantrieb von dem Betrieb der übrigen Fabrik unabhängig sein, damit beim Ein- und Ausrücken großer Konsum stellen Schwankungen in den Touren der Papiermaschine nicht ent stehen können, wie es ja bei Transmissions-Antrieben unver meidlich ist. Wir wollen uns im Nachstehenden kurz mit dem Papier- Maschinenantrieb befassen, indem wir uns zunächst vergegenwärtigen, welche Anforderungen die Papiermaschine an ihr Antriebsmittel stellt, dann, wie diesen Anforderungen durch die bisherigen Antriebe gerechnet wird, und wie der Antrieb durch Elektromotor diesen Be dingungen genügt. Bei dieser Gelegenheit ist die Frage zu erörtern, welche Stromart und Spannung in Betracht kommen werden. Es soll dabei kurz auf einige bekannte Regulierverfahren eingegangen werden, welche von den verschiedenen Firmen angewendet werden. Endlich sind einige Antriebe näher aufgeführt. Die wichtigsten Forderungen, die die Papiermaschine neben voll kommener Betriebssicherheit an das Antriebsmittel stellt, sind: Weit gehendste Regulierung der Tourenzahl; stoßfreie Regulierung der Tourenzahl mit der Möglichkeit, eine große Reihe von Touren einstellen zu können; absolutes Einhalten der Tourenzahl, auch bei Belastungsschwankungen; und ein Anzugsmoment, welches das normale Moment übersteigt. —