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XXI. Jahrgang. No. 11. 1903/1904 129 „ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU.“ auf 5—700 in der Minute zu vermindern, für die zahlreichen Fälle wo dies gefordert wird. 3. Gleichzeitige Abstufung von Geschwindigkeit und Druck ist zu ermög lichen, und zwar unter Verwendung einer nur geringen Druckstufenzahl. 4. In allen diesen Fällen ist allen praktischen Bau- und Betriebs erfordernissen zu genügen. Wesentlich ist zunächst die Vergrößerung des Rades und seine Ge staltung, um die erforderliche Umfangsgeschwindigkeit ohne Räderübersetzungen zu beherrschen. Dies hat Laval nicht angestrebt, anscheinend auch nicht für ausführbar gehalten; er mußte deshalb bei den unbequemen Zahnradübersetzungen und bei kleinen Maschinenleistungen, bis 300 PS., stehen bleiben. Große rasch laufende Räder von 2 bis 3 m Durchmesser für minütlich 1500—3000 Umdrehungen, also 3—400 m Umfangsgeschwindigkeit, sind vollständig betr ebssicher auszu führen, erfordern aber richtige Ausnutzung des Materials und gute Ausführung, sowie Sorgfalt in der Beherrschung der dynamischen Wirkungen. Aehnliches ist bisher nicht ausgeführt worden. Die richtige Gestaltung ei fordert eine genaue Vorausberechnung, insbesondere der Fliehkraftwirkungen, die aber wie alle Be rechnungen von Massenwirkungen genau und absolut zuverlässig gemacht werden kann. Wesentlich ist weiter, daß bei bestimmter Geschwindigkeit keine anderen als die berechneten Massenkräfte und ihre Wirkungen auftreten können und daß diese Wirkungen einem idealen Falle vollkommen ruhender Belastung ent sprechen, also ungewöhnlich günstig sind. Die Räder sind als volle Stahlscheiben hergestellt. Die Radschaufeln sind nicht besonders eingesetzt, sondern in den Scheibenrand eingeschnitten. Die Scheibe ist an den Außenflächen und Rändern glatt, um den Reibungswiderstand im Dampf zu mindern. Solche Scheiben lassen sich genau ausbalancieren. Riedler und Stumpf haben ohne Schwierigkeit und mit den einfachsten Mitteln die Schwerpunktsungenauigkeit auf ‘/ioo mm vermindert. Die Fliehkräfte bean spruchen die Scheibe am ungünstigsten jn der Radmitte. Deshalb ist das Rad so auf der Scheibe befestigt, daß es in der Mitte keine Bohrung besitzt. Wo dies nicht ausführbar ist, erhält die Scheibe in der Mitte eine breite Nabe, und von dieser aus verjüngt sich die Scheibenstärke, so daß auf alle Querschnitte gleiche Beanspruchungen entfallen und das Material voll ansgenutzt wird. (Fig. 1.) Fig. 1. Rad und Schaufelung der 2000 pferdigen Riedler-Stumpf-Turbine im Elektrizitäts werk Moabit. Große Räder ergeben eine nicht unerheblich bessere Materialausnutzung als kleine, und bei gleicher Umfangsgeschwindigkeit nimmt die Sicherheit der Scheiben, wenigstens bis zu einer bestimmten oberen Grenze, mit dem Durch messer zu. Das läßt sich durch Rechnung leicht nachweisen. Räder von 2 m Durchmesser für 3000 Umdrehungen minütlich können aus Nickelstahl mit öfacher Bruchsicherheit ausgeführt werden. 5fache Sicherheit ist aber für den Betrieb solcher Räder nicht ei forderlich; 2 bis 2%fache Sicherheit, also etwa doppelt so große Materialbeanspruchung würde vollständig zulässig sein, oder es könnte an Stelle von Nickelstahl auch Flußstahl von 5000 kg Bruchfestigkeit gewählt werden. Die Fliehkraftwirkung, ist wie erwähnt, eine völlig stoßfreie und gleichmäßig wirkende, im Gegensatz zu fast allen anderen Maschinenkräften, welche millionenfach wiederholt und wechselnd oder stoßartig wirken. Dennoch begnügt man sich diesen ungünstig wirkenden Maschinenkräften gegenüber, ins besondere bei Lokomotiven- und Schiffsmaschinen, oft mit nur geringer Sicherheit! Maßgebend ist die Elastizitätsgrenze des Radmaterials, bei welcher bleibende Formveränderungen auftreten und welche daher niemals erreicht werden darf. Bei der erstmaligen Ausführung wurde Nickelstahl von 7500 kg Elastizi tätsgrenze verwendet. Dies würde einer 4faclien Sicherheit entsprechen, die auch unbedenklich auf die Hälfte vermindert werden könnte. Bei der großen Härte dieses Materials hatte man anfänglich Bedenken, ob nicht im Rade, insbesondere im Kranze, wo die Schaufeln einqeschnitten sind, Nebenspannungen vorhanden sind oder bei der Erwärmung auftreten. Man hat deshalb die ersten ausge führten Räder am ganzen Umfange eingesägt, um festzustellen, ob solche Neben spannungen vorhanden sind. Die hergestellten Schlitze blieben aber völlig un verändert, auch nach der Erwärmung und im Betriebe. Nebenspannungen hätten sich durch Erweiterung oder Verengerung der Spalten bemerkbar machen müssen. Diese am Rande durchsägten Räder wurden gleichfalls mit über 300 m sekund licher Umfangsgeschwindigkeit betrieben, weil die Rechnung trotz der bedeuten, den Schwächung der Festigkeit des Radkranzes durch die Einschnitte eine völlig ausreichende Sicherheit gegen die Fliehkraftwirkung nachwies. Die Lagerung und die dynamische Einstellung der rasch laufenden Turbinenwelle haben Riedler-Stumpf auf anderem Wege als Laval erzielt: Für Scheiben von mehreren Metern Durchmessern für große Leistungen nach seinem Vorbilde biegsame Wellen auszuführen, erschien bedenklich, ins besondere weil für große Leistungen verhältnismäßig dicke Wellen notwendig werden und die Lager dann sehr weit von den Rädern wegzurücken wären, um die Biegsamkeit zu erreichen. Die Lager wurden vielmehr ganz nahe an die Scheiben gerückt, sodaß die Durchbiegung unbedentend bleibt. Hingegen wurden die Räder auf den Wellen so vollkommen ausbalanciert, als es mit einfachen Hilfsmitteln erreichbar ist. Die Räder wurden mit */,„ mm Ungenanigkeit des Schwerpunktes bestellt und annähernd auch so geliefert. Diese Ungenauigkeit wurde dann mühelos durch weitere Ausbalancierung auf ‘/ioo mm herabgebracht. Der Schwerpunkt eines derart gut ausgeglichenen Rades liegt soweit genau in der Mitte, daß das Ueberfahren der kritischen Geschwindigkeit unbedenklich ist und auch im Betriebe tatsächlich nur vom sachkundigen Beobachter zu be merken war. Nach üeberschreitung der kritischen Geschwindigkeit war zur Erreichung des dynamischen Gleichgewichtszustandes nur noch eine geringe Formverändernng der Welle erforderlich. Diese ist in den langen Lagern genügend nachgiebig und somit die selbsttätige Einstellung auf den wenig abweichenden Schwerpunkt ohne Schwierigkeit möglich. Der Lauf der Welle ist bei 3—4000 Umdrehungen in der Minute ein tadellos ruhiger. Es ist der Gang der Maschine überhaupt nicht zu spüren oder zu beobachten. Mit dieser neuen Radkonstruktion waren nun weitere konstruktive Ver einfachungen leicht zu verbinden: Die Schaufeln sind nicht besonders eingesetzt, sondern in den Radumfang eingeschnitten ; für rasche, billige Herstellung können Fräsmaschinen verwendet werden, welche gleichzeitig mit vielen Fräsern ar beiten. Die Schaufelzahl wird so gewählt, daß sie durch 2X3 teilbar ist; dann können für große Räder eine beliebige große Zahl von Fräsern gleichzeitig die Bearbeitung vornehmen. Durch die ins Rad eingeschnittenen übereinander ge schichteten Schaufeln wird der Ventilationswiderstand günstiger als bei den stachelförmigen Schaufeln anderer Räder. Bei teilweiser Beaufschlagung können die nicht benutzten Kranzteile durchwände abgedeckt werden, um den Ventilationswider stand zu vermindern. Die Sei auteln an der Stirnseite des Rades ermöglichen bessere Ausnutzung der Düsen winkel ; jedoch wird da durch der wirksame Hebelarm bei Drehung des Rades vermindert. Durch die Stirnbeauf schlagung (im Gegen satz zur seitlichen Be aufschlagung bei Laval) kann der Zuströmung^- querschnitt voll ausge nutzt werden. Bei der Laval-Düse trifft der Strahl das Rad in einer Ellipse, hier vermittels viereckiger Düsen in einem Rechteck. Bei ersterer ist die Beauf schlagung ungleich, in der Mitte der Ellipse größer als am Umfange j beiStirnbeaufschlagung sind alle Schaufelteile gleichmäßig bean sprucht. Die Düsen haben Fig. 2. Rftd der 2000pferdigen Riedler-Stumpf-Turbine viereckigen Quer- im Elektrizitätswerk Moabit. schnitt, schließen sich ganz eng an einander an, und der aus ihnen ausströmende Dampf bildet einen geschlossenen Dampfring. (Fig. 3.) Dies giebt eine schichtenweise Führung des Dampfes, und der Dampfring wirkt von der Düse bis zur Ausströmung als geschlossener Dampfstrahl. Bei solcher Anordnung kann, wenn erforderlich, der ganze Umfang des Rades beaufschlagt und können viele Verluste vermieden werden. Die Schaufeln sind taschenförmig, und zwar entweder I © © C-C 0-D Fig. 3. Düsen der Riedler-Stumpf-Turbine. einfache Taschen, wobei der Dampfstrahl seitlich in die Schaufelhöhle eintritt, die Schaufeln durchläuft und auf der entgegengesetzten Seite, um 18(F umgekehrt, austritt, oder Doppeltaschen, wobei der Dampfstrahl in der Mitte einströmt, die - (E!—1JL2Z < CO 0 0