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Elektrotechnische Rundschau Zeitschrift für Abonnements «erden von allen Buchhandlungen und Postanstalten zum Preise von Mk. 4.— halbjährl., Mk. 8 ganzjährl., angenommen. Von der Expedition in Frankfurt a. M. direkt per Kreuzband bezogen: Mk. 4.75 halbjährlich, Ausland Mk. 6.—, ganzjährlich Mk. 12.— — Polytechnische Rundschau — die Gesamt=Interessen der elektrischen Industrie Verlag von: fff G. L. DAUBE & Co., Frankfurt a. M. || Expedition: Frankfurt a. M., Kaiserstrasse 10. Fernsprechstelle No. 586. Chef-Redakteur: Ingen Fr. Liebetanz, Düsseldorf, Herderstr. 10. Erscheint am 1. und 15. jeden Monats. —— Inserate nehmfen ausser der Expedition in Frank furt a. m5 sämtliche Annoncen -Expe ditionen und Buchhandlungen entgegen. Insertions-Preis: pro 4- gespaltene Petitzeile 30 ^ Berechnung für */,, % V* und Vs Seite nach Spezialtarif. XXI. Jahrgang. Frankfurt a. M., den 15. Februar 1904. Heft 10. Alle für die Redaktion bestimmten Zuschriften werden erbeten unter der Adresse: Redaktion der ,,Elektrotechnischen Rundschau“, Düsseldorf, Herderstr. IO. Beiträge für den elektrotechnischen und polytechnischen Teil sind willkommen und werden gut honoriert. Umschau in Industrie und Technik. Die Reorganisations- und Fusionstätigkeit, welche in den letzten Monaten die gesamte Industrie- und Finanzwelt in Atem hielt, scheint in der elektrischen Industrie zu einem gewissen Abschlüsse geführt zu haben, nicht ohne daß die Allgemeine Elektritäts-Gesell- sehaft eine weitere geschickte Transaktion durch Assimilierung eines großen Teiles der Interessen von Brown, Boveri & Cie. mit den ihrigen rasch durchgeführt hätte. In der am 4. d. Mts. ab gehaltenen Delegations- und Aufsiehtsratssitzung der A.-E.-G. legte der Generaldirektor Rathenau ein mit den Großaktionären der Aktien gesellschaft Brown, Boveri & Cie. in Baden (Schweiz) getroffenes Abkommen vor, wonach letztere 47 2 Mill. Mark ihrer Aktien über läßt, im Umtausch gegen, die neuauszugebenden 3‘4 Mill. Mark Aktien der Allgem. Elektrizitäts-Gesellschaft. Ferner nahm die Ver sammlung Kenntnis von der Uebernahme der Aktien der Oester- reichisehen Union Elektrizitätsgesellschaft aus Wiener Besitz. Da die Anträge der Verwaltung auf weitere Erhöhung des Aktienkapitals um 3‘4 Mill. Mark zu der auf den 18. Februar einberufenen Gene ralversammlung nicht mehr gestattet werden können, so muß diese auf den 27. Februar verschoben werden. Es ist naheliegend, daß die Beziehungen zu Brown, Boveri & Cie. ! zum Zwecke der Herrschaft auf dem Dampfturbinengebiete in der angegebenen Form befestigt wurden, da die von der Gesellschaft ge baute Parsonsturbine ein in der Praxis vielfach bewährter scharfer Konkurrent der in dem Bereich der A. E. G. befindlichen Riedler- Stumpf- und Curtis-Dampfturbinen darstellt, Brown, Boveri & Cie. haben sich auch auf elektrischem Gebiete einen Weltruf erworben, sodaß der Erfolg der Rathenau’schen Konzentrationspolitik nur ein halber gewesen wäre, wenn die von ihm nun ermöglichte Vereinigung der Interessen nicht vollzogen worden wäre. Die Fabrikation der Parson- Brown-Boveri-Turbinen geschieht in der deutschen Niederlassung der in Baden (Schweiz) domizilierenden Gesellschaft, welche zu diesem Zwecke Mitte 1900 in Mannheim-Käfertal errichtet und mit einem Grundkapital von 6 Mill. Mk. ausgestattet wurde, von dem die Hälfte eingezahlt ist. Etwas später wurde durch diese deutsche Tochtergesellschaft die „Turbina,“ Deutsche Parsons-Marine-A. G. in Berlin mit 2,4 Mill. Mk. gegründet, wovon ein Viertel eingezahlt wurde. Die Industrie hat sich vorläufig mit der Tatsache abzufinden, daß de faeto ein Dampf turbinen-Monopol vorhanden ist, welches von der A.E.G. und den ihr liierten Gesellschaften geleitet wird und da die Parsonsturbine einen ungewöhnlichen Erfolg hatte, der bisher von keiner anderen Dampfturbine annähernd erreicht wurde, so dürfte es neuen Konstruktionen, selbst bei vollkommen einwands freier Bewährung in der Praxis nicht leicht werden, das Monopol zu durchbrechen. Die Tragweite dieses letzten Schrittes Rathenaus ist daher nicht zu unterschätzen; sie dürfte in umgekehrtem Verhältnisse zu der flüchtigen Art stehen, in welcher die Börsenpresse hiervon Notiz nahm. Jedenfalls steht es für uns außer Zweifel, daß die auf diesem zukunftsreichen Gebiete in einer Hand vereinigte Macht weise angewandt werden wird, da anderenfalls für die Kolbendampfmaschine die Konkurrenz der Dampfturbinen wahrscheinlich beträchtlich weniger ins Gewicht fallen würde, wie bisher. Inzwischen hat sich in der Industrie in anderer Richtung eine bedeutsame Tat vollzogen, indem der D euts che Stahlwerks-Verband am 6. d. Mts. in Köln definitiv begründet worden ist. Hiermit ist ein Ereignis in die Erscheinung getreten, von dem die elektrische Industrie intensiv beeinflußt wird. Obgleich der Verband vorläufig nur 77°/» der deutschen Stahlerzeugung repräsentiert, stellt er dpeh einen für das gesamte deutsche Wirtschaftsleben hochwichtigen Faktor dar, dem nächst dem Kohlensyndikat hier eine erste Rolle zufällt. Die Lücke in dem Ringe ist durch Eriedr. Krupp, den Bochumer Gußstahlverein, die Georgs-Marienhütte und die großen schlesischen Werke verursacht, über deren Bemessung der Beteiligung man sich nicht einigen konnte. Für den Anschluß von Krupp besteht die Schwierigkeit in der Errichtung der Anlagen in Rheinhausen, wodurch die Stahlproduktion des Werkes um 600,000 t gesteigert wurde und die zugestandene Mehrbeteiligung von 150,000 t ganz unzureichend ist. Es handelt sich noch um eine Differenz von 110,000 t, welche Krupp mehr verlangt. Bei der Aktiengesellschaft Phönix liegen die Verhältnisse insofern noch schwieriger, als das Werk neben großen Neuanlagen, welche eine Erhöhung der Beteiligung erheischen, an der Ausfuhr von Halbzeug und Trägern fast garnicht beteiligt ist, während ihm anderseits keine Garantien geboten werden können, ihm einen Teil der auf seinen Hauptausfuhrartikeln Draht und Drahtwaren ruhenden Lasten abzunehmen. Infolgedessen weigert sich das Werk an den auf dem Halbzeug und Trägern ruhenden Lasten zu partizipieren. Mit dem Bochumer Verein dürfte die Einigung am ehesten zustande kommen und ebenso mit den übrigen, noch außenstehenden Werken. Würde diese Möglichkeit nicht in Aussicht stehen, so wäre ein Kampf des Verbandes mit den Outsiders unausbleiblich. Dieser bedeutete aber für die Industrie ein wahres Unglück, dessen Folgen nicht nur die Industrie, und mit in erster Linie die Elektrotechnik, zu tragen hätte, sondern auch dem gesamten Wirsehaftsleben würden tiefe Wunden geschlagen, wenn die Hunderttausende der Arbeiter der deutschen Eisenindustrie in Mitleidenschaft gezogen würden. Es ist angesichts dieser etwas beklemmenden Aussichten sicher zu erwarten, daß sich die außenstehenden Werke ihrer Verantwortung bewußt werden und nicht eine Krise heraufbeschwören, welche uns wiederum um Jahre in den wirtschaftlichen Verhältnissen zurückwerfen könnte. Die notorische Einigkeit der deutschen Eisenindustrie wird daher auch diesesmal sicherlich nicht versagen und auf der Ende Februar nach Düsseldorf einberufenen Hauptversammlung der Eisenindustriellen wird hoffentlich die Vollständigkeit des Stahlwerksverbandes ver kündet werden können. Die Lage des Arbeitsmarktes in der elektrischen Industrie nach dem „Reichsarbeitsblatt“ günstig, die Beschäftigung der Werke in allen Branchen der Industrie war eine mindestens normale. Es galt das insbesondere für den Bau von Dynamos, Elektromotoren und Transformatoren. Eine weitere Besserung melden die Werke, welche elektrische Starkstromapparate hersteilen. Hier wurde durch- gehends mit Ueberarbeit gearbeitet.' In der Kabelfabrikation war die Produktion von Schwachstromkabeln lebhaft beschäftigt, während die Nachfrage nach Starkstromkabeln und isolierten Leitungen im Dezember herabging. Die Aufträge auf Isoliermaterialien waren zu friedenstellend, die Werke mußten mit Nachtschichten arbeiten. Die Glühlampenfabrikation war gut und stetig beschäftigt, ebenso die jenige von elektrischen Meßinstrumenten und von Telephonapparaten. Ueberarbeit fand durchgängig statt. Die Nachfrage nach elektrischen und galvanischen Kohlen war zufriedenstellend, die Arbeitsverhält- nisse der Branche waren normal. Von Lohnänderungen wird nichts berichtet, die Löhne lagen fest. Ein ferneres Ereignis, das in den Annalen der Elektrotechnik verzeichnet werden muß, ist der Gesetzentwurf betreffend die Prüfung und Ueberwachung elektrischer Anlagen. Der Entwurf bezieht sieh gleichzeitig auch auf die Ueberwachung und Prüfung von Dampffässern, Aufzügen und sonstigen gefährlichen Einrichtungen und lautet wie folgt: § 1. Die Besitzer von elektrischen Anlagen, Dampffässern, Aufzügen, Ge- fässen zum Versand oder zur Aufbewahrung von verdichteten und ver flüssigten Gasen, Mineralwasserapparaten, Acetylenanlagen, Kraftfahrzeugen und Einrichtungen, deren Benutzung oder Betrieb mit ähnlichen Gefahren verbunden ist, sind verpflichtet, soweit durch polizeiliche Vorschrift eine Prüfung dieser Einrichtungen vor der Inbetriebsetzung oder ihre dauernde Ueberwachung durch Sachverständige angeordnet wird, die hierzu benötigten Arbeitskräfte und Vorrichtungen bereit zu stellen und die Kosten der Prüfungen zu tragen.