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„ELEKTROTECHNISCHE RUNDSCHAU. No. 9. 1903/1904. 91 XXI. Jahrgang Erfahrungen der A. E. G. von Wert sein, insbesondere auch eine Kooperation in Italien, wo Ganz u. Co. bereits einiges ausgeführt und noch bekanntlich große Aussichten haben, denen die A. E. G. möglicherweise durch das im Vorjahre der italienischen Regierung unterbreitete Projekt einer Schnellbahn Rom—Neapel in die Quere gekommen ist. Auch dürfte für Ganz u. Co. die fast unbeschränkte Kapitalskraft der A. E. G.-Gruppe in die Wagschale fallen. Wenn sich also die Gerüchte bestätigen und eine Kooperation von Ganz u. Co. und der A. E. G. zustande kommen sollte, dann dürften wohl die Vollbahnprojekte in erster Linie die Anregung dazu gegeben haben. Wie weit ausgreifend die Pläne der A. E. G. gewesen sein müssen bezw. noch sind, zeigt neben obigen Auslassungen die Gründung der „Vereinigten D a m p f t u rb in en-Gesellsch af t m. b. H.“ in Berlin, über die von beteiligter Seite folgende Erklärung ver öffentlicht wurde: „Nachdem die Verträge zwischen der Allgemeinen Elektrizitäts Gesellschaft und den europäischen Tochtergesellschaften der General Electric Company in New-York, den verschiedenen Curtis Turbinen-Gesellschaften für Land- und Marinerechte, den Professoren Riedler und Stumpff, sowie der Gesellschaft für Einführung von Er findungen nunmehr abgeschlossen sind, ist das zwischen der Allge meinen Elektrizitäts - Gesellschaft und der amerikanischen General Electric Co., Fort Wayne Electric Works, The Stanley Electric Manufacturing Co., The Eddy Electric Corporation, The General Incandescent Are Light Co., The Northern Electric Co., geschlossene Hauptabkommen jetzt in Kraft getreten. Als erste Folge vorstehender Verträge wurde die „Vereinigte D am p f - T ur b i n en - G es el 1- schaft m. b. H.“ gegründet, welche Patente, Rechte und Er fahrungen im Bau von Dampf- und Gas-Turbinen von Curtis und Riedler-Stumpff übernimmt.“ Es verlautet, daß das Kapital dieser nur als Unternehmer- Gesellschaft gedachten Gründung auf drei Millionen Mark bemessen ist. Das Kapital für die außerdem zu begründende Turbinen- Fabrikations-Gesellsehaft wird erheblich höher zu bemessen sein. Um indessen auch hier nicht ein Unternehmen zu schaffen, welches von vornherein sehr große Kapitalien für Grunderwerb und Fabrikbauten aufzuwenden hätte, wird die künftige Fabrikations-Gesellschaft zu nächst mietsweise die Etablissements der Union-Elektrizitätsgesellschaft übernehmen, in welche bereits die bisherige Turbinenbau - Abteilung der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft übergesiedelt ist. Dem Turbinenbau mißt man in industriellen Kreisen eine außer ordentliche Wichtigkeit bei, die kaum hinter der Bedeutung zurück stehen dürfte, welche die Elektrizität in den letzten 20 Jahren für unsere wirtschaftliche Entwickelung erlangt hat. Durch die Ver einbarung mit den amerikanischen Interessenten hat die Allgemeine Elektrizitätz-Gesellschaft einerseits den Vorteil erzielt, daß ihr die wichtigen Patente, Rechte und Erfahrungen der General-Electric Company und der mit dieser liierten Gesellschaften zur Verfügung gestellt werden. Andererseits gewinnt sie durch die Abmachungen über den gegenseitigen Schutz der Absatzgebiete eine von der Konkurrenz fast unbestrittene Stellung auf diesem Spezialgebiete. Wie schwierig die Verhandlungen waren, ergibt sich daraus, daß außer dem Hauptvertrag mit der General Electric Company noch Verträge mit annähernd vierzig Gesellschaften abzuschließen waren. Da die verschiedenen Transaktionen der A. E. G. nun ihrer Verwirklichung näher gerückt sind, erfordern, wie vorauszusehen, eine bedeutende Kapitalserhöhung der A. E. G., die mehr als ein Drittel ihres jetzigen Kapitals betragen soll und mit 22 l 4 Mill. bemessen ist. Sowohl die Anteile der Vereinigten Dampfturbinen- Gesellschaft, wie die Aktien der weiter zu begründenden Turbinen- Fabrikations-Gesellschaft werden bis auf weiteres im Besitz der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft bleiben. Erst wenn die Resultate für mehrere Jahre vorliegen und man sich ein sicheres Urteil über die Rentablität des neuen Unternehmens bilden kann, wird daran gedacht werden können, dem Publikum diese Aktien anzubieten. Inzwischen drangen Nachrichten über Verhandlungen der Siemens-Schuekert-Gruppe mit einer großen amerikanischen Elektrizitäts-Gesellschaft zwecks Vereinigung der Interessen in die Oeffentlichkeit und zwar soll es sich um die Westinghouse- Gesellsehaft handeln. Zwar wurde die Mitteilung von der Siemens-Schuckert-Gesellschaft dementiert, aber die Wahrscheinlich keit spricht für ein derartiges Zusammengehen, um mit dem A. E. G.- Konzern Schritt zu halten. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß das wichtigste Objekt des Zusammenschlusses der A. E. G. mit der General Eleetric Company und deren Tochterunternehmungen die Curtis-Turbine war, wohingegen die Westinghouse-Gesellschaff u. W. über Dampfturbinenpatente nicht verfügt, jedoch dürften andere Kombinationen zu einer Vereinigung der Interessen der genannten Gesellschaften drängen. Uebrigens verlautet, daß die amerikanische elektrische Industrie gegenwärtig ziemlich gut beschäftigt sei- Indessen sind die Aufträge für 1904 bei den leitenden Unternehmungen, wie beispielsweise bei der General Electric Company geringer als diejenigen in der gleichen Periode 1903. Man glaubt, daß mit weniger günstigen Geschäfts aussichten bei höheren Betriebskosten für einige Zeit zu rechnen sei. Diese Erwägung dürfte es für die großen Unternehmungen not wendig machen, ihre Transaktionen in einzelnen Branchen zu ver ringern und eine Revision der Löhne vorzunehmen. Welch eigenartige Zustände die verschiedenen Fusionen gegen wärtig noch schaffen können, geht aus der Ablehnung des Pro jektes der elektrischen Schwebebahn seitens desHam- burger Senats hervor, welches die Schuck ertbank, die Continentale Gesellschaft für elektrische Unternehmungen der Stadt Hamburg eingereicht hatte. In der Motivierung seines Standpunktes erklärt der Senat u. a. folgendes: „Der Senat stimmt mit dem Gutachten der Staatstechniker darin überein, daß auf das Projekt der Conti- nentalen Gesellschaft für elektrische Unternehmungen in Nürnberg aus den verschiedensten Gründen nicht eingegangen werden kann und daß es geboten ist, für die zu erbauenden Stadt- und Vororts bahnen in Hamburg an dem System der Hoeh- und Unter grundbahn festzuhalten.“ Das Gutachten der Staatstechniker selbst war zu dem Schluß gekommen, daß das Sehwebebahnprojekt der Continentalen Gesellschaft für elektrische Unternehmungen in technischer Beziehung gegenüber dem vom Senat der Bürgerschaft am 18. Dezember 1901 zur Mitgenehmigung vorgelegten Vororts bahnentwurf von Siemens u. Halske und Genossen keine Vorteile bietet, daß vielmehr sowohl hinsichtlich der allgemeinen Linienführung als auch hinsichtlich der Einzelausbildung, soweit diese aus der Vorlage zu erkennen ist erhebliche Bedenken zu erheben sind, und daß es auch zweifelhaft erscheine, ob das Schwebebahn projekt hinsichtlich der Leistungsfähigkeit das Projekt von Siemens u. Halske erreicht. Es standen sich also zwei Glieder einer Ge sellschaft als Konkurrenten gegenüber, ein Fall, der in der Industrie wahrscheinlich noch nicht vorgekommen ist und natürlich noch in jener Zeit seinen Ursprung hat, als die Vereinigung der beiden Unternehmungen noch nicht vollzogen war. F. L. Der Schutz elektrischer Leitungen. Von G. Sattler-Limbach. I. Infolge der außerordentlichen Verbreitung, welche die Elektrizität in den letzten Jahren in Stadt und Land gefunden hat und stets noch findet, ist die Frage des Schutzes und der Isolation der elektrischen Leitungen eine der wichtigsten der gesamten Leitungsmontage geworden. Nieht nur in den großen Städten benutzt man die in vielen Beziehungen bequeme elektrische Energie in maschinellen Betrieben aller Art und zu Beleuchtungszwecken, sondern auch in kleineren Städten und auf dem Lande erobert sich der elektrische Motor und das elektrische Licht mehr und mehr die Sympathie der kleinen Gewerbtreibenden und Landwirte. Aber aus diesen Gründen ist es um so nötiger dem elektrischen Strom seine Gefährlichkeit möglichst zu nehmen und eine Berührung der Leitungen thunlichst auszuschließen bezw. ihre schädlichen Wirkungen auf jede Weise zu mildern. Auf gute Isolation und sauberste Montage der Drähte ist deshalb unter allen Umständen zu achten, besonders auch, da infolge der Unkenntnis mit den Verhältnissen oft Ansprüche an eine Stromleitung oder einen Motor gestellt werden, die bei weniger sorgfältig ausgeführten Anlage zu Störungen ver schiedener Art im Betriebe und zu Gefährdungen des Personals Veranlassung geben können. Diese Regeln sind selbstverständlich nicht nur bei oberirdisch, sondern auch bei unterirdisch verlegten Kabeln stets zu beachten. Die Leitungen verschiedenster Art sollen sowohl gegen zer störende Einflüsse von außen her als auch gegen ein Herabfallen, Verschieben, Strecken, Brechen u. s. w. geschützt sein. Die Montage ist so durchzuführen, daß eine gegenseitige Berührung sowohl der Drähte «in und derselben Anlage als auch etwa vorhandener ver schiedener Stark- und Schwachstromleitungen vollständig ausge schlossen ist. Gleichzeitig sind elektrische Leitungen aller Art vor Blitzgefahr zu sichern. Eine wesentliche Rolle spielt der Leitungsschutz bei Kreuzungen von Starkstromleitungen mit Schwachstromleitungen (Telegraphen oder Telephonleitungen). Es sind seitens der maßgebenden Behörden eine Anzahl hierauf bezüglicher Vorschriften erlassen worden, die genau befolgt werden müssen und nach Möglichkeit den Uebertritt der hohen Spannung in das Schwachstromnetz verhüten sollen. Dasselbe gilt bei Kreuzungen von Starkstromleitungen bez. Hoch spannungsleitungen mit Eisenbahnen und Staatsstraßen. Ebenso muß bei Straßenbahnanlagen und unterirdisch verlegten Kabel auf ge nügenden Schutz der parallel laufenden oder kreuzenden Leitungen gesehen werden. Bei oberirdisch verlegten Leitungen sind die Masten als Isolatorenträger in erster Linie unter Zugrundelegung der denkbar ungünstigsten Kraftwirkung zu berechnen, wobei je nach dem Material, aus dem der Mast besteht, genügend hohe Sieherheits- koeffizienten in Rechnung zu setzen sind. Bei Bestimmung der größten und ungünstigsten Kraftwirkung, welche bei einem Maste mit nach verschiedenen Seiten abzweigenden Leitungsdrähten auftritt, hat man zu berücksichtigen, daß der Mast gegen Biegung auch dann noch vollständig geschützt sein soll, wenn aus irgend einem Grunde, vielleicht infolge eines Brandes, mehrere Leitungen oder ganze Leitungsschwärme plötzlich zerissen werden und sich infolge dessen die Kraftwirkungen in ganz anderer Weise regeln. Durch die Berechnung soll ein Mast nicht allein gegen das Umbrechen, sondern auch gegen das Umkippen gesichert sein. Der Mast muß genügend tief im Erdboden versenkt werden und unter Umständen, besonders bei lockerem Boden, durch besondere Vorsichtsmaßregeln