14 Die Gespinstfasern aus dem Pflanzenreiche. 5. Hecheln. Der durch Knicken, Schwingen rc. von den Holzteilen befreite Flachs besteht aus netz- oder bandartig verbundenen Fasern, welche durch eine weitere Operation, das Hecheln, in Fasern zu zerlegen sind. Bei dieser Arbeit werden gleichzeitig die zwischen den Fasern sitzenden kleinen Holzsplitterchen entfernt. Das Hecheln geschieht mit Hilfe einer größeren Anzahl sehr seiner Nadeln (Hechelzähne), welche in den Flachs eingesteckt, und in demselben entlang gezogen, oder über welche der Flachs hinweggezogen wird. Diese langen schlank konischen, scharf zugespitzten, elastischen Nadeln, bestehen aus gehärtetem, blau angelassenem Stahl und werden in größerer An zahl reihenweise in einer Holzfläche so befestigt, daß die Nadeln der einen Reihe auf die Mitte zwischen zwei Nadeln der Neben reihe zu stehen kommen und daß ihre Spitzen in einer zur Holz stäche parallelen ebenen Fläche liegen. Die Flächen, auf denen die Nadeln verteilt sind, haben entweder eine runde oder eine viereckige Form, wovon letztere vorzuziehen ist. Das auf diese Weise gebildete Werk zeug, die Hechel, ist in Fig. 16 dargestellt. Die Entfernung der einzelnen Nadeln voneinander, sowie die Stärke derselben ist eine sehr mannigfaltige, schon aus dem Grunde, weil beim Hecheln ein und desselben Flachsbündels mehrere Hechel mit immer feineren Nadeln nacheinander angewendet werden müssen. Beim gewöhnlichen Hecheln gebraucht man zwei, eine gröbere (Ab zughechel) und eine feinere (Ausmachhechelt; hier und da kommen jedoch drei bis sechs und mehr Hecheln zur Anwendung. Das Werkzeug wird bei der Arbeit auf einem niedrigen Gestell, dem Hechelstu hl, mit den Spitzen nach aufwärts und in einer, gegen den Arbeiter ansteigenden Ebene befestigt. Dieser wirft den Flachs zuerst mit den Enden fächerartig über die Zähne und zieht sie durch. Nach und nach kommen immer weitere Partieen zur Bearbeitung bis zur Mitte, worauf die Flachsriste behufs Bearbei tung des anderen Endes umgedreht wird. Eine Person ist imstande in 120 bis 160 Arbeitsstunden 100 Reinslachs in Hechelslachs zu verwandeln, wobei etwa 50°/g als Hechelhede, Hechelwerg abfällt. Obwohl das Hecheln mit der Hand wegen der zarteren Be handlung eine bessere Qualität liefert, so werden doch zur Erhöhung der Leistung vielfach Hechelmaschinen angewendet.