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seiner Feinde. Der „Prophet von Thüringen", wie er genannt wurde, war einer der Anführer in den blutigen und fürchter lichen Bauernkriegen gewesen, in denen schließlich, wie so oft in der gelobten „guten alten Zeit" das Unrecht über das Recht triumphirte. Die entsetzlichen Bedrückungen und Aussaugungen, unter denen die Bauern überall schwer zu leiden hatten, die völlige Rechtlosigkeit derselben gegenüber der übermüthigen Ritterschaft hatten naturgemäß zu einer großen Empörung geführt und die Seele derselben in Mitteldeutschland war Tho mas Münzer, der jedoch den Kampf um ein menschenwürdiges Dasein mit religiösen Streitigkeiten verquickte. Den kriegsge übten Söldnerschaaren konnten schließlich die Bauern, die üb rigens in ihrem Kampfe gegen die Ritter und Adel auch recht brutal verfuhren, nicht widerstehen und sie kamen schließlich unter das alte Joch der Leibeigenschaft und der Rechtlosigkeit zurück. Der 15. Mai 1525 bedeutet das Ende der Bauern kriege, die ca. 25 Jahre gedauert hatten. Der Flüchtling. Historische Novelle von Aug. Northeim. (7. Fortsetzung.) Unbeschreiblich war die Wirkung, welche die Nenn ung des Range« und Namens dieses Mannes machte, der so recht gekommen war, die Ausführung eines Verbrechens zu Hintertreiben, eines Namens, welcher weit und breit ebenso bekannt wie beliebt war und dessen Träger ihm durch Tapferkeit im Kriege, nicht minder aber durch Großmuth im Siege auch bei den Gegnern bereits die größte Ehre errungen hatte. Der zerknirschte Kornett stotterte einige unzu- sammenbängende Worte der Entschuldigung, die Sir Francis kaum anhörte. „Keine Drehungen und Wendungen, Herr, wenn ich bitten darf!" sagte er streng. „Ihr habt Eure Pflicht verletzt. ES war gut für Euch, daß ich Euch an der Durchführung Eures Vorhabens verhinderte; es hätte Euch den Kopf kosten können. Reicht mir Euer Schwert, begebt Euch sofort in Euer Revier nnd meldet Euch vorläufig zum Arrest. Ich werde selbst mit Eurem Oberst über das Weitere sprechen. Was hat man denn Euch angethan, Mister Röster?" „Gott sei mit Euch, gnädiger Herr! man beschul digt mich des Pferdediebstahls!" „Des Diebstahls? Pfui, alter Freund, das war ein böser Verdacht! Wenn das so fortgeht, werden wir bald das ganze Land in Feindschaft und Erbitter ung gegen uns haben. Welches waren Eure Instruk tionen, Kornett?" „Den Distrikt nach Versprengten abzusuchen, hinein General, im besonder» dem Grafen Marley nachzusetzen und ihm todt oder lebendig zu fangen. Wir haben hier vergeblich alles durchforscht und wollten uns eben zu dem gedachten Zweck nach Schloß Eton begeben." „Eine resultatlose Haussuchung ist dort bereits gestern vorgenommen worden, wie ich durch eine be sondere Meldung meines Vetters, des Grafen Her bert, erfahren. Und zwar war das nichts als eine unnöthige Belästigung des edlen Herrn und seiner Tochter. Doch genug jetzt! Landsknechte, Kornett Despard ist Euer Gefangener! Euer Schwert, Kor nett, empfangt Ihr nur aus den Händen Eures Obersten zurück." Francis Clifton zog sich danach in das Haus zurück, während die Soldaten, ihren gedemüthigten Anführer in der Mitte, den Weg nach dem Kriegs lager einschlugen. Die Zurückbleibenden ergossen sich in aufrichtige Lobsprüche über die Leutseligkeit und die Charakterfestigkeit des geliebten Generals. Der so ausgezeichnet Besprochene, dem übrigens auch das schmeichelhafte Lob die Ohren nicht klingen machte, bestellte sich in dem Oberstübchen des kleinen WirthShauses ein bescheidenes Frühstück, nachdem er die noch immer jugendlich aussehende Wirtbin, Frau Betty, begrüßt und sich theilnahmsvoll nach dem Befinden des bedauernswerthen Kranken erkundigt hatte. Der arme Knabe lag jetzt besinnungslos auf seinem Lager; der Anfall hatte ihm die Glieder ge lähmt, und eine geraume Zeit mußte vergehen, ehe sie wieder ihren Dienst verrichten konnten. Der General saß lange in tiefem Sinnen an dem kleinen auf den Hof gehenden Fenster, ohne die ihm sonst so liebe und vertraute Umgebung zu beachten; er hörte nicht das Rufen des HaushahnS, der seine Familie an den soeben von der Magd herbeigetrag enen Futtertrog lud, sah nicht die junge Entenmutter, wie sie mit freudigem Stolz ihre zahlreiche Brut dem nahen Teich zuführte — die ganze ländliche Szenerie, die sonst stets sein Interesse erweckte, vermochte nicht, ihn den offenbar trüben Gedanken zu entreißen, die ihn beherrschten. Mehrmals fuhr er mit der Hand über die hochgewölbte Stirn, wie um die dort lagern den Falten der Sorge und des schmerzlichen UnmuthS zu verwischen. Endlich stand er seufzend auf, schrieb eilig einige Briefe, zu welchem Zweck er stets da« nöthige Material in seinem Mantelsack mit sich führte, und klingelte, unmittelbar nachdem er sie gesiegelt, seinem Diener. „Andreas," befahl er dem Eintretenden, „laß William rasch satteln, wofern er bereit« abgesattelt hat. Dieses Schreiben muß sofort an den Obersten Hasting« abgehen. Du bringst dieses zweite Brief chen selbst nach Eton zum Grafen Herbert und er wartest die Antwort. Du wirst hungrig und ermü det sein, guter Andrea«, allein ich kann Dir nicht helfen, die Pflicht geht Allem voran." „Für Euch kenne ich keine Beschwerden" entgeg nete der betagte Diener, seinen in vollster ManneS- kraft stehenden Gebieter fast väterlich stolz anblickend. „Ihr seid ja mein geliebter, guter Herr!" Unv der treue Diener ging, so rasch ihn seine alten Beine tragen wollten. Ungefähr zur selben Zeit, in welcher sich unter der mächtigen Eiche de« Gasthauses jene Szenen ab spielten, hatte Graf Herbert der Dienerschaft die Weisung gegeben, ihn für einige Stunden unter keiner Bedingung in seinen Bücherarbeiten zu stören, ein Befehl, der um so weniger auffallend sein konnte, als der alte Mann häufig ganze Tage lang zurück gezogen und auf strenge Vorschrift für Niemand, außer seiner Tochter, sichtbar, ausschließlich seinen Büchern lebte. Er verriegelte also sorgfältig die Thür und begab sich, mit Eßwaaren und Büchern bepackt, in den ge heimen Zufluchtsort seines edlen Gastes. Er fand denselben in tiefstem Schlaf; die An strengungen und Gemüths-Erschütterungen der letzten Tage hatten selbst die jugendlichen Kräfte des gestähl ten Soldaten so sehr erschöpft, daß jetzt, wo er in Sicherheit war, die Natur gebieterisch ihr Recht for derte. Die Kleider, welche zum Theil noch die Spuren des Wassers trugen, durch welches ihn seine Flucht geführt, lagen auf Boden und Möbeln zerstreut, nur das Schwert am blauseidenen, silberdurchwirkten Bande lehnte am Bettpfosten, damit der Besitzer es jederzeit zur Hand habe. Der Greis stand eine Weile, ruhig sinnend die edlen Züge des Dahingestreckten betrachtend. Würde es ihm gelingen, dies reiche junge Leben vor Ver nichtung zu bewahren? Der alte Mann dachte an seine Tochter, die sich hatte hinreißen lassen, Namen und alles an die Er haltung dieses Lebens zu setzen; und wie er damals sogleich das einmal Geschehene angenommen hatte, ohne seine Thatkraft in fruchtlosem Versuch, das Geschehene ungeschehen zu machen, zu vergeude», so bestärkte ihn auch jetzt der Gedanke an seine Toch ter darin, das, woran diese einen so hervorragenden und erhebenden Antheil hatte, nicht zerstören zu lassen. Der Schläfer wurde unruhig; abgerissene Worte drangen aus seinem Munde. „Aus! Aus! Vorbei alles! Ich bin verloren!" — Dann aber mit einer Wendung, schwerfällig, wie eS dem Schlafenden eigen- thümlich ist, fest das Kissen von Eiberdaunen packend, stieß er in triumphircnden Lauten hervor: Jetzt habe ich Dich, Elender! Dein Leben ist verwirkt! Nein, flehe nicht um Gnade! Kaltblütig hast Du mir den Freund niedergestreckt, als er mit zerbrochenen Waffen wehrlos sich ergeben mußte — Herrgott!" Die Hand hob sich, nach dem Schwert zu greifen „Schieß ihn nieder, Richard! nieder den Hund! So, da liegt er!" und ein krampfhaftes Lachen erschütterte den Körper des lebhaft Träumenden. „Armer Jüngling, armer Jüngling!" murmelte der gute Alte. „Wie hart mag er gekämpft haben! Der Himmel vergebe ihm den Tod eines Mitmen schen! Er focht für die gerechte Sache. — Doch sieh', der Schweiß bricht ihm aus von dieser Unruhe. Ob ich ihn nicht lieber wecke?" Dem Gedanken folgte die That. Die welke Hand drückte ermunternd diejenige des Flüchtlings, der so fort aufsprang und instinktmäßig nach der Waffe griff. Der Graf hielt ihn zurück. „Nein, nein, es ist kein Feind! Seht mich nur an! Ihr wart in schweren Träumen befangen." „Ha, Ihr seid es, mein gütiger Wirth! O, ver zeiht mir, ich erkannte Euch nicht gleich." Kommt jetzt und stärkt Euch. Ich habe Euch viel zu sagen." (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Von der furchtbaren Gewalt des neuen Gewehres giebt die „Frankfurter Zeitung" eine anschauliche Schilderung. Das neue Gewehr ist in den Händen einer gutgelciteten Truppe eine Waffe von geradezu vernichtender Wirksamkeit, gegen die sich das alte Zündnadelgewehr, mit dem unsere Väter die Siege von Königgrätz erfochten haben, aus nimmt wie eine Spatzenflinte. Gegen die Durch schlagskraft seiner Geschosse giebt es im Felde fast gar keine Deckung mehr. Das Geschoß durchschlägt auf 150 Meter Entfernung 70 Centimeter frisch aufgegrabene Erde, ebenso 170 Centimeter geschichtetes Tannenholz oder fünf hintereinander stehende voll gepackte Tornister, und auf 2050 Meter, die größte auf dem Visir bezeichnete Distanz, ist das kleine Ding von der Länge eines halben Streichholzes und der Dicke einer mäßigen Cigarette noch immer stark genug, dem größten Grenadier das Lebenslicht aus zublasen. Auch die Treffsicherheit hat gegen früher eine außerordentliche Steigerung erfahren, die die Infanterie zu der gefürchtetsten Gegnerin, der Ar tillerie, in ein ganz neues Verhältniß gebracht hat. In einer ebenso einfachen als zutreffenden Weise charakterisirte dasselbe ein die Landwehr instruirender Offizier: „Es wird allein darauf ankommen, wer im Felde zuerst den Anderen sieht. Sicht die Artillerie uns zuerst, so hat sie sich mit drei Schuß eingeschossen und von da ab sitzt jeder Schuß. Sehen wir sie aber zuerst, dann haben wir in zwei Minuten die Bedienungsmannschaften abgeschossen." — In diesem Konzerte fürchterlicher Eigenschaften, mit denen die neue Waffe ausgerüstet ist, giebt eö nur ein ver söhnliches Moment. Das ist die leichtere Heilungs fähigkeit der damit hervorgebrachten Verwundungen. Was nützt aber dem Landwehrmanne der schönste und glatteste „Schußkanal", wenn ihm derselbe mitten durch die Brust oder den Kopf geht? — Ein verunglückter Bergsteiger. Das „Allgäuer Anzeigeblatt" meldet aus Oberstdorf unterm 2. Mai: „Gestern Nachmittag ging der ledige Kauf mann König aus München, zur Zeit in Oberstdorf wohnhaft, planlos und ohne Jemandem eine Mit theilung zu machen, auf den sogenannten Schatten berg, und wendete sich gegen das Oythal, woselbst es sehr gefährlich zu gehen ist, indem die Wände fast senkrecht sind. Hier wurde er von der Nacht über rascht, stürzte am sogenannten Vögelcsgehrer unge fähr 80» bis 100 Meter tief herab und fiel zum Glück auf eine Schneelawine, wobei er sich im Ge sicht sehr stark verletzte und außerdem eine Fuß verstauchung erlitt. Mehrere Bewohner von Oberst dorf machten sich, da König bis heute Mittag noch nicht zurückgckehrt war, auf die Suche, darunter auch die tüchtigen und zuverlässigen Bergführer Ignaz Zobel, Karl Brutscher und Moritz Math, welche König auch in hülflosem Zustande auffanden. König hätte sicher den Hungertod sterben müssen, wenn er nicht gefunden worden wäre. Dieser neue Fall mahnt dringend zur Vorsicht, bei der gegenwärtigen Jahreszeit und der hohen Schneelage nicht allein in die Berge zu gehen. König soll schon letztes Jahr sich in solch gefährlicher Lage befunden haben. — Das Höhere. „Zu meiner neuen Früh- jahrSjacke brauche ich unbedingt ein neues Kleid." — „Kind, Kleider und immer wieder Kleider. Hast Du denn gar keinen Sinn für etwas Höheres?" — „Höheres? Ja, Männchen, ich brauche auch noch 'n Hut!" — Verdächtige Betheucrung. Frau (sich an ihren Gatten schmiegend): „Liebst Du mich noch immer, Emil?" — „Gatte: „Wie kannst Du nur fragen! Rosa, ich liebe Dich wie mein Leben!" (Kurze Pause.) „Was meinst Du, Rosa, wenn ich an die Geschäfte denke, wie zuwider mir das Leben ist!" — Heimgezahlt. Frau: „Ihr Männer seid nicht die Bohne werth — Du auch nicht!" — Mann: „Das merk' ich an Deinem Kaffee!" Es regt sich überall im Wald ; Es singt und klingt und rauscht und schallt Und zwitschert, lockt und schmählt und Pfeift Und balzt und ruft und gurrt und schleift. Jetzt fängt nun auch der Auerhahn Auf seinem Stand zu balzen an. — Der erste Laut im stillen Hain — Dann fällt der Birkhahn kullernd ein, Der Tauber gurrt, die Amsel schlägt, Ihr Lied die Lerche auswärts trägt, Und zwitschernd, singend steigt der Chor Im Jubelruf zu Gott empor. Und rege wird's — lebendig auch — Kindtauf' ist fast in jedem Strauch, Es keimt und wächst in Berg und Thal Das junge Leben überall. Das Laufen lernt das Häslein drauß. Die Bache führt die Kleinen aus, Manch' junaes Küchlein pickt sein Ei Mit hartem Schnabel schon entzwei; Der Fuchs im Bau, der Mard' im Nest Sich gleichfalls gratuliren läßt. Der Hirsch allein zieht trüb umher Der neue Aufsatz juckt ihn sehr. Und in Gedanken schlägt er schon Den Bast vom Neu-Geweih davon. Es giebt doch keine schön're Zeit, Als jungen Lenz im grünen Kleid; Da wächst und keimt und duftet, blüht, Aus jedem Blatt und Kelch ein Lied. Und wie nach wildem Wetter sich Der Regenbogen freundlich spannt, So grüßt der Frühling minniglich Nach Eis und Schnee das ganze Land. Standesamtliche Nachrichten von Eibenstock vom s. bis mit 12. Mai 1891. Geboren: 119) Dem Handarbeiier Edwin Gottlieb Meichsner hier I T. 120) Dem Lederzurichter Emil Gustav Unger hier I S. 121) Dem Handarbeiter Hermann Georgi hier 1 S. 122) Dem Bretsckneider Ludwig Friedrich Schlegel hier 1 S. 123) Der ledigen Stickmaschinengehilfin Lin- Sophie Heymann hier 1 S. 124) Dem Kaufmann Paul Felix Eugen Meinelt hier I T. 125) Dem Schneider Adolph Bernhard Schellhorn hier 1 T. Aufgeboten: vacat. Eheschließungen: 17) Der Strumpfwirker LouiS Richard Wörner in Oberlungwitz mit der Hulda Albine Otto hier. Gestorben: 80) Des Zeichners Hippolyte Renier HoutmanS hier T., Johanne Marie, 2 I. 5 M. 4 T. 81) Des Hand arbeiters Ernst Heinrich Leistner hier S., Ernst Albert, 7 I. k M. 15 T. 82) Des Zimmermanns Gustav LouiS Huster hier S., Reinhard Gustav, 2 I. 10 M. 1 T. 83) Des Straßen arbeiters Ernst Friedrich Barth hier T., Olga Camilla, 3 M. 1« Tage.