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Amts- und Anzeigeblatt für den -MU- üchrk des Amtsgerichts Libknjlock -MM sertionspreis: die kleinsp. ten, sowie bei allen Reichs- z.«. ><>« und dessen Zlmgekung. Verantwortlicher Redakteur: E. Hanncbohn in Eibenstock. 38. Jayrgan«. S«. Dienstag, den 12. Mei L8»1. B e k ll II n t m a ch ll n z. Diejenigen unbemittelten Einwohner hiesiger Stadt, welche Erlaubniß zum Leseholzsammeln für nächstes Jahr zu erhalten wünschen, werden hiermit aufgefordert, sich bei Vermeidung der Nichtberücksichtigung bis spätestens zum 15. Juni dieses Jahres in hiesiger Rathsregistratur zu melden. Eibenstock, den 6. Mai 1891. Der Stadtrath, vi-. Körner. Wsch. Die Lage in Belgien ist eine in hohem Grade besorgnißerregende. Ganze Distrikte der Kohlenreviere befinden sich in einem Zustande steigender Aufregung, Massenstreiks sind an der Tagesordnung und in Brüssel beschäftigt man sich mit der . . . Berfassungsrevision, welches Schlagwort allerdings in den Massen gezündet hat, ohne aber selbst dasjenige zu bezeichnen, was den Grund der tiefgehenden, das Bestehende arg be drohenden Unzufriedenheit abgiebt. Denn nicht das größere Maaß politischer Freiheit an sich kann heute noch die Massen begeistern, sondern nur die Rücksicht darauf, wieweit die zu erwartende größere Beweg ungsfreiheit im Stande ist, den sozialen Ansprüchen Gehör und Geltung zu verschaffen. Fast ein jeder Vergleich hinkt und der Ausspruch, daß sich in der Weltgeschichte alles wiederholt, ist nur bedingt wahr. Sonst würde man berechtigt sein, die gegenwärtigen Zustände Belgiens denen gleich zu erachten, welche in Frankreich zur Februar-Revolution von 1848 führten. Anderthalb Jahrzehnte hindurch hatte daselbst der Mittelstand, die sogen. „Bourgeoisie" das Staatsruter in den Händen gehabt; der der persönlichen Bereicherung in keiner Weise abgeneigte „Bllrgerkönig" Louis Philipp war ein bequemes und häufig mißbrauchtes Werkzeug der herrschendenKlassen. Die Stimme des murrenden Volkes wurde am Thron nicht vernommen und auch damals wurden Vie Schlagworte „Parlaments-Reform" und „Wahl-Re form" die Parole aller Unzufriedenen. Republi kanisch Gesinnte und die Sozialisten damaliger Richt ung (Louis Blanc) verbanden sich und diese Ver bindung stürzte an einem einzigen Tage das Juli- königthum. Diese Revolution mar bereits eine so ziale, wenngleich in ihren Zielen wenig oder gar nicht geklärt; aber ihre Tendenz und ihr Zweck waren sozialer Natur. Die herrschenden Mittelklassen aller Parteischattirungen hatten sich unfähig erwiesen, den nationalen Lebensaufgaben gerecht z» werden, weil ihr maßloser Egoismus sie an dem klaren Erkennen der Sachlage und der Volksbedürsnisse verhindnte. Das Schauspiel, welches Belgien heute bietet, hat mit dem oben Geschilderten eine verzweifelte Ähnlichkeit. Der Staat Belgien ist, wie die Herr schaft Louis Philipps aus der Revolution hervorge gangen, kann also die Revolution nicht verleugnen. Anch in Belgien herrscht ein Wahlgesetz, welches die Besitzlosen nicht zu Worte kommen läßt, und die Mittelklassen zerfallen in zwei Parteien, welche gegen seitig um die Herrschaft ringen. Die belgische Bourgeoisie zeigt dieselbe Fahrlässigkeit und Eng herzigkeit in der Erfüllung ihrer nationalen Pflichten, wie die französische damals. Das belgische Parla ment ist genau so-unfruchtbar auf sozialem Gebiet, das Königthum ebenso schwach, das Heer ebenso unzuverlässig. Vor reichlich zwei Jahren wurde eine Kommission eingesetzt, welche die Arbeiterverhältnisse studiren und danach geeignete Reformvorschläge machen sollte. Es ist beim „guten Willen" geblieben. Der König, ein ideal veranlagter Mann, hat sein ganze- Privat kapital in das Unternehmen des . . . . Kongcstaates gesteckt, der nun vom belgischen Staat übernommen werden soll. In die inneren belgischen Angelegen heiten mischt er sich so gut wie gar nicht, denn er ist eben ein konstitutioneller Monarch, der die Mi nister nach dem Votum der Volksvertretung regieren läßt. Frere-Orban, der Führer der Liberalen und früher selbst Ministerpräsident, wie er jetzt Führer der Opposition in der Kammer ist, hat sich gegen jede zu weit gehende Wahlreform ausgesprochen und ist in diesem Punkte grundsätzlich mit dem am Ruder befindlichen klerikalen Ministerium einig. So sieht sich denn die große Menge des besitzlosen belgischen Volkes in ihren berechtigten Interessen zu wenig ver treten und äußert seine Unzufriedenheit in der be drohlichsten Weise; auf so vorbereitetem Boden haben natürlich die Sozialisten leichte Arbeit. Wenn man die Berichte aus den Unruhedistrikten liest, so erkennt man die Erbitterung, die im Volke herrscht. Um von den vielen nur einen herauszu greifen: „In Hornn kam eS zu furchtbaren Zusam menstößen. Die Frauen zerrten die Gendarmen von den Pferden herunter. Diese wehrten sich durch Säbelhiebe. Die erbitterte Bevölkerung antwortete mit einem Steinregen. Die Polizei schoß mit den Revolvern in die Menge. Die Schlacht dauerte lange. Die Gendarmen wichen schließlich erschöpft zurück. Aus MonS traf Verstärkung ein, welche die Menge auseinandertrieb. Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen." Die Beamten haben zweifellos ihre Schuldigkeit gethan; aber mit dem Auseinandertreiben und Ver haften der Tumultuanten ist die Frage keineswegs gelöst. Die gewaltsame Unterdrückung einer Krank heit ist noch lange keine Heilung; es gilt immer in erster Linie die Ursachen zu beseitigen, welche die Krankheit hervorgerufen haben. Die gegenwärtige erregte Lage Belgiens ist ein ernster Mahnruf an die Parteiführer und Macht haber in Brüssel; ob derselbe gehört und verstanden wird, ist noch ungewiß. Daß aber solche Zustände überhaupt cintreien können, ist gerade kein Ehren- zeugiiiß für den „konstitutionellen Musterstaat" Belgien. Hagesgeschichte. — Deutschland. Eine Reise de« Deutschen Kaisers nach Holland scheint tatsächlich in Aus sicht genommen zu sein. Königin Emma erhielt ein Schreiben Kaiser Wilhelms, worin dieser seinen Be such des holländischen Hofes für Juni ankündigt. Der Kaiser wird die Städte Amsterdam und Haag besuchen. Dem Bürgermeister ersterer Stadt ist die Mittheilung zugegangen, daß die Ankunft des Kaisers zwischen dem 28. und 30. Juni erfolgen werde. — Der Reichstag hat am Freitag mit großer Mehrheit die Gewerbeordnungsnovelle in dritter Lesung angenommen, und da nach den Erklärungen der verbündeten Regierungen nicht daran zu zweifeln ist, daß der BundeSrakh ihr in der ihr vom Reichs tage gegebenen Gestalt zustimmcn wird, so wird die selbe Gesetz werden und zum größten Thcile mit dem 1. April 1892 in Kraft treten. — Im Reichstage ist ein Antrag der Regierung eingegangen, nach welchem die Familien der aus der Reserve, Landwehr oder Seewehr zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften im Falle der Bedürftig keit Unterstützung erhalten solle», und zwar die Ehefrau von Mai bis Oktober täglich 20, in den übrigen Monate» täglich 30 Pfennige. Jede andere unterstützungSberechiigtePerson soll täglich 10 Pfennige erhalten und das Gesetz am 1. April k. IS. in Kraft treten. — Metz, 8. Mai. Ueber die Ermordung des Oberst-Leutnant Prager vom Königl. Sächs. Fußartillerie-Regimcnt Nr. 12 wird Folgen des mitgctheilt: Am Mittwoch Abend begab er sich noch in gehobener Stimmung zu dem Diner, das zu Ehren des in Metz anwesenden Statthalters Fürsten Hohenlohe vom OsfizierkorpS des 13. Dra goner-Regiments veranstaltet worden war; gegen 9'^ Uhr kehrte er zurück, um bald hernach abermals seine Schritte in's Casino zu lenken, von wo er kurz vor l Uhr in der 'Nacht zurückkehrte. Da« ist. festgestellt, denn die Bewohner der oberen Etage des Hause« haben ihn um die Zeit husten gehört. Daß es sich um einen Raubmord handelt, dürfte durch die Thatsache bewiesen sein, daß eine Summe von rund 500 Mark, die goldene Uhr und mehrere andere Werthgegenstände aus der Wohnung verschwun den sind. Der Verdacht siel, da man gewisse Arbeits werkzeuge im Zimmer des Ermordeten fand, auf einen Arbeiter, welchen man auch verhaftete, aber wegen mangelnder Beweise wieder freilassen mußte. Morgens um 3 Uhr hörten Leute auf der Straße Geschrei aus der Wohnung desselben ertönen, es fiel jedoch Nie mandem ein, die Polizei herbeizuholen. Anscheinend hat der Mörder längere Zeit mit seinem Opfer ge kämpft, und der Offizier hat auch versucht, seinen Revolver, den er ergriffen hatte, zu benützen, jedoch vergebens. Die tödtliche Wunde geht fast über den ganzen Hals. Die Untersuchung wird mit Eifer fort gesetzt. Die Leiche ist am 9. ds. zur Bestattung nach Dresden überführt worden. ' — Rußland. In der letzten Zeit hat sich die Opposition der deutschen Bevölkerung in den bal tischen Provinzen gegenüber den auf die Russi- fizirung dieses Landes abzielenden Maßregeln der russischen Regierung verschärft. Die kürzlich erfolgte Wiedereinsetzung des Baron Heiking auf den Posten eines Adelsmarschalls von Kurland, nachdem derselbe fünf Monate früher diese Stellung in Folge eines zwischen ihm und der Regierung ausgebrochcnen Konfliktes hatte niederlegen müssen, bestärkt die ge nannte Bevölkerung in ihrer srondirenden Haltung. Speziell die Einführung des russischen Sprachunter richts in den den lutherischen Kirchcnbehörden unter stehenden Landschulen ruft einen immer stärker herver tretenden Widerstand in Livland und Esthland hervoö. — England. Die deutsche Ausstellung in London wurde Sonnabend Nachmittag durch den Lordmayor eröffnet. ES sind außer Produkten der Industrie und der Landwirthschaft eine große Anzahl von Gemälden deutscher Meister ausgestellt. In der Ausstellung befindet sich ferner ein Panorama mit Ansichten von den bedeutendsten Städten Deutsch lands, sowie eine Kaisergallerie, welche die Wachs figuren aller deutschen Kaiser von Karl dem Großen bis Wilhelm II. enthält. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, ll. Mai. Morgen, Dienstag, Nachmittag wird, wie uns von zuverlässiger Seile mitgeiheilt worden ist, Je. Königl. Hoheit Prinz Friedrich August von Sachsen der Glashütte unseres 'Nachbarortes Carlsfeld einen Besuch abstatten. Dem Vernehmen nach ist derselbe in Schöneck zur Jagd gewesen und wird auf der Rückreise erwähnten Be such mit zur Ausführung bringen. — Dresden. Daß ein indischer Fürst Inhaber eines hohen sächsischen Ordens ist und daß von dem selben ebenso viele als kostbare Geschenke rem sächsi schen Staate gespendet worden sind, dürfte nur wenig bekannt sein. Im Jahre 1878 erhielt der Radschah Tazcre in Kalkutta das Komthurkreuz 1. Klasse des Albrechtsordens, und zwar in dankbarer Anerkennung jener Geschenke, die jetzt eine besondere Hauptgruppe der anthropologisch-ethnographischen Abtheilung der Königlichen Sammlungen im Zwinger bilden. — Chemnitz, 9. Mai. Ein gräßliches Unglück, welches zwei Menschen das Lebe» kostete und zwei andere an de» Rand de« Grabes brachte, ereignete