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nicht irre, hören Sie mehr auf das Gespräch der anderen Herren als auf meine Worte." Linde drückte dem kleinen erregten Doktor unter dem Tische die Hand und antwortete leise: „Stören Sie mich nur heute Abend nicht, Doktor. Ich erkläre Ihnen dann morgen meine Unaufmerk samkeit. Borläufig bitte ich um Entschuldigung." Der Doktor mochte wohl etwas ahnen, allein er schwieg darüber. Man saß dann noch eine Viertelstunde beisanimen. Einer von den Herren am Tisch stand nun auf, um zu gehen. Gleichzeitig mit ihm erhob sich auch Linde, dem Doktor einen Wink gebend, daß er sitzen bleiben möge. Draußen vor der Thür schloß er sich dem Mann, der mit ihm zusammen aufgestanden war, an. ES war der Kaufmann und AuswanderungS-Agent Peters. „Gestatten Sie mir gütigst, Herr Peters," »ahm Linde das Wort, „daß ich Sie eine Strecke begleite?" „Mit Vergnügen, Herr Obersekretär! Ihre Be gleitung ist mir sehr angenehm!" erwiderte der An geredete. „Sie sprachen da vorhin," fuhr Linde fort, „an Ihrem Tische über auswanderungslustige junge Leute aus hiesigen kaufmännischen Geschäften. Ich glaube verstanden zu haben, daß Sie eines jungen Mannes erwähnten, der morgen auszuwandcrn gedenkt. Da ich den Betreffenden kenne und mich für ihn inter- essire, so möchte ich gern etwas über seine Person erfahren. Wollen Sie mir gütigst den Gefallen er weisen?" „Recht gern!" entgegnete zuvorkommend Peters. „Der junge Mann, von dem die Rede war, ist hier aus der Umgegend, aus I. gebürtig. Bis vor einigen Wochen war er in einem hiesigen Geschäft thätig. Da er nicht recht zuverlässig war, wie sein Principal mir heute Abend sagte, so wurde ihm gekündigt, wo rauf er dann den Entschluß faßte, nach Amerika auszuwandern. Er war deshalb schon vor einigen Wochen bei mir, doch kam die Angelegenheit nicht zum Abschluß, da er noch nicht das nölhige Geld zür Ueberfahrt beisammen hatte, wie er sagte. Heute gegen Abend ist er bei mir gewesen und hat den Be trag für ein Zwischendecksbillet bezahlt." „So," bemerkte sein Begleiter trocken. Linde hätte nach dieser Mittheilung aufjauchzen mögen; er bezwang sich aber. Ruhig frug er: „Wissen Sie vielleicht, ob seine Eltern init seinen: Vorhaben, auszuwandern, einverstanden sind, und wenn dies der Fall, haben sie ihm dann auck> die Mittel hierzu gegeben?" „Nein, Beides weiß ich nicht genau," antwortete der Agent, „glaube aber nicht fehl zu gehen, wenn ich behaupte, daß seine Eltern, die gänzlich mittellos zu sein scheinen, gegen des Sohnes Auswanderung keine Einwendungen machen werden. Er scheint mir ein loser Vogel zu sein." „Hm! dieser Meinung bin ich nämlich auch," sagte Linde. „So? da scheint Ihr Interesse für den Mann aber ein negatives zu sein," meinte Peters. „Pst!" machte Linde, „Aufklärung kommt später! Nun sagen Sie einmal, Herr Perters, mit welcher Münze wurde das Paffagier-Billet von — von — wie heißt doch gleich der Mann?" „Hecht ist sein Name!" „Richtig, Hecht! Also mit welcher Münze wurde das Billet von Hecht bezahlt?" „Ah, Herr Linde, jetzt geht mir ein Licht auf. So? Aus dem Loche wird gepfiffen?!" rief der Agent. „Schreien Sie doch nicht so, Herr Peters!" bat Linde. „Es ist ja genug, wenn Sie jetzt meine Ab sicht durchschaut haben. Vorläufig muß ich Sie aber dringend bitten, reinen Mund zu halten." „Na gewiß, versteht sich ganz von selbst!" gestand PeterS bereitwillig zu. Der junge Mann zahlte mir sünfundachtzig Mark in Gold aus." „Ei! ei!" machte Linde. „Sie wissen wohl nicht, woher er das Gold hatte — das heißt, ich meine, wo er das eingewechselt haben könnte?" „Nein, das weiß ich leider nicht." (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — KottbuS. Ein Vorfall, der leicht einen ent setzlichen Ausgang hätte nehmen können, ereignete sich am Dienstag Abend auf dem Kaiser Wilhelmsplatze. Von der dort errichteten russischen Schaukel löste sich während des Betriebes einer der mit Insassen gefüll ten Kasten vom Haspel los, so daß die darin sitzen den Personen hinunterstürzten. Glücklicherweise befand sich der betreffende Kasten im kritischen Moment nahe dem Erdboden, so daß der Fall nur ein geringer war. Wäre der Unfall eingetreten, während der Kasten am Gipfelpunkt der Haspclumdrehung war, so hätten die Insassen wohl insgesammt Hals und Beine gebrochen. — Durch gellende Hilferufe einer Frauens person, die aus der 2. Etage des Vorderhauses drangen, wurden in der Nacht zum Sonntag die Bewohner eines Hauses in der Schwedterstraße in Berlin alarmirt. Den auf die Hilferufe hinzueilendcn Per sonen bot sich ein eigenartiges Bild dar: Auf dem Treppenflur stand, das Licht in der Hand haltend und nur nothdürftig bekleidet, das Dienstmädchen des daselbst wohnenden Kaufmanns P., welches mit angst erfüllter Stimme berichtet, daß drin in der Wohn ung ein „fremder Kerl" liege, ein Einbrecher, der vor wenigen Minuten in die Wohnung ihrer ver reisten Herrschaft eingedrungen sei. Sofort begaben sich nun der Vizewirth und mehrere andere Hausge nossen in die P.sche Wohnung und sie fanden in der That in dem zunächst der Korridorthüre belegenen Schlafzimmer einen Mann an: Boden liegen, der stark aus einer Kopfwunde blutete, und in welchem man bei näherer Besichtigung den Eigcnthümer der Wohnung, Hern: P. erkannte. Der übrigens nur leicht Verletzte erhielt von einem sofort herbeigeholten Arzt einen Nothverband und nun stellte sich, wie eine Lokalkorresponden; zu erzählen weiß, der Sachverhalt heraus. Das P.sche Ehepaar weilte anläßlich einer Fanlilienfeierlichkeit seit Freitag Morgen in Breslau und Herr P. war infolge einer wichtigen Geschäfts erledigung am Sonnabend wieder nach Berlin zurück gereist, wo der bis Abends in seinem in der Friedrich stadt belegenen Geschäft arbeitete. Er gedachte, in seiner Wohnung zu übernachten, und an: Sonntag morgen nach Breslau zurückzufahren, hatte dabei aber den Fehler begangen, das Dienstmädchen nicht vorher von seinem Kommen zu benachrichtigen. So geschah es, daß das Mädchen, welches auf Befehl ihrer Herrin in dein an der Korridorthür belegenen Vorderzimmer das Nachtlager aufgeschlagcn hatte, den gegen '/,12 Uhr eintretenden Wohnungsöcsitzer beim matten Schim mer der Nachtlampe für einen Dieb und Räuber hielt. Kurz entschlossen ergriff das treue Mädchen ein neben ihren: Nachtlager stehendes gefülltes Wasserglas und feuerte dasselbe dem vermeiutlichen Einbrecher mit aller Kraft an den Kopf. Diese Heldenthat der braven Karoline hat übrigens die üble Folge gehabt, daß Herr P. die nochmalige Reise nach B. aufgeben mußte, da er infolge der Verwundung und des Schreckens genöthigt ist, das Bett zu hüten. — Augsburg. Chemiker vr. Lehner hier hat nunmehr das Problem vollständig gelöst, Seide auf künstlichen: Wege hcrzustellen, und hat seine Erfindung auch praktisch durchgcführt. Die Herstell ungskosten bei der künstlichen Seide — die im Ge webe von der echten Seide nicht zu unterscheiden ist — stellen sich etwa auf den vierten Theil des Prei ses von natürlicher Seide, ihre Zugfestigkeit ist jedoch nur der natürlichen. Die Elastizität ist die gleiche, an Glanz und Griff dürfte sie die natürliche fast übertreffen. Der Erfinder hofft, diesen: Industrie zweig hier ein Heim zu schaffen. — Helgoland. Für Verlobte, deren Verheirath ung sich in der Heimath Schwierigkeiten entgegen stellen, ist bekanntlich bisher stets die Insel Helgoland die letzte Zufluchtsstätte gewesen. Nachdem die Insel in preußischen Besitz übergcgangen, dürfte es nicht uninteressant sein, die gesetzlichen Bedingungen zu er fahren, unter welchen der auf der Insel Helgoland die Seelsorge leitende Pastor Schröder auch ferner noch Auswärtige, die darum nachsuchen, trauen darf. Diese gesetzlichen Bedingungen sind folgende: l) Beide Verlobte haben einen Taufschein vorzulegen, da Isra eliten nicht getraut werden können. 2) Bisher Un verehelichte, welche das 2b. Lebensjahr noch nicht zu rückgelegt haben, müssen den obrigkeitlich oder notariell beglaubigten Consens der Eltern zu der beabsichtigten Ehe beibringcn oder, falls die Eltern verstorben sind, deren Todtenscheine. Minderjährige, d. h. solche, welche das 22. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, müssen mit den Todtenscheine» der Eltern auch die Einwilligung der Vormünder beibringen. 3) Ver- wittwete haben den Todtenschcin des verstorbenen Ehegatten vorzulegen — und falls unmündige Kinder aus der früheren Ehe vorhanden sind — auch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde, daß die Erb- ansprüche der Kinder gesichert sind. 4) Geschiedene müssen das Scheidungserkenntniß verlegen, aus dessen Gründen sich kein Hinderniß gegen die beabsichtigte Ehe ergeben darf. 5) Dokumente, welche in einer anderen Sprache als der englischen oder deutschen abgcfaßt sind, müssen in beglaubigter Uebersetzung vorgelegt, werden. 6) Alle haben vor den: Kaiser lichen Kommissar (nach nunmehr erfolgter Einver leibung wohl vor dem Richter) zu beschwören, daß sie ledig sind, und von demselben die Erlaubniß zur Trauung ohne Aufgebot einzuholen. Wenn die vor stehend angegebenen Bedingungen erfüllt werden können, steht der Trauung auf der Insel Helgoland nichts entgegen, und genügt ein Tag Aufenthalt, um dieselbe zu vollziehen. Die in Vorstehendem erwähn ten Papiere sind dem Pastor Schröder auf Helgoland einzusenden und dessen Antwort abzuwarten. Die Gesammtgebühren einer Trauung auf Helgoland be tragen ungefähr 200 Mark. — Voll- oder Hohlgummireäfen? Es ist dies eine brennende Frage, mit welcher sich seit vori gem Sommer alle Fahrradfabrikanten und Radfahrer beschäftigen. Die großen Erfolge, welche bereits in England mit Hohlgummireifen erzielt wurden, und die großen Annehmlichkeiten, welche das Fahren mit Druck und Verlag von E. Hannebotzn in Eibenstock. diesen Reifen bietet, lenkte sehr bald die Aufmerksam keit der deutschen Fahrradfabrikanten auf sich. Es konute sich jedoch keiner entschließen, sofort die Fahr räder mit den neuen Reifen zu versehen, da die Frage: „Werden sich die Hohlreifen auch für die Dauer be währen", noch nicht beantwortet werden konnte. Die Fahrradhandlung von I. Benk Nachfolger in Chem nitz unternahm cs deshalb bereits im vorigen Herbst, öffentliche Probefahrten mit einem Premier-Rover mit Hohlreifen zu veranstalten. Trotz des äußerst ungün stigen Wetters fielen diese Fahrten sehr gut aus und zeigten, daß die Hohlreifen leicht über sehr scharfe Schottersteine Hinwegrollen, ohne im Geringsten be schädigt zu werden. Mit wenigen Ausnahmen wurde das Proberad fast täglich, auch im Winter, gefahren und wurden gegen 1000 Icm damit zurückgelcgt. Die schneebedeckten und gefrorenen Straßen haben dem Gummi keine schadhafte Stelle bcibringen können. Da auch in anderen deutschen Städten die Fahrten wäh rend des Winters die große Haltbarkeit der Hohlrei fen bewiesen haben, beschäftigt sich nunmehr jede Fabrik mit der Herstellung derselben und es steht mit Be stimmtheit zu erwarten, daß sich die Hohlreifen bereits in diesem Jahre allgemein in Deutschland entführen werden. Ferner sei noch bemerkt, daß ein muthwill- igcr Schnitt in den Reifen das Weiterfahren nicht in Frage stellt, da die Elastizität nicht durch Luftzu- sammenpressung, sondern durch die Form des Gummi erzielt wird. Es ist deshalb bei Ankauf hauptsächlich auf solchen Gummi zu achten, der sich bereits als gut bewährt hat. — Die Gangart des Pferdes. Die Gangart soll derart sein, daß im Schritte wie im Trabe die Aufeinanderfolge der Gliedmaßen richtig geschieht. Je regelmäßiger der Gang im Schritt und Trab ist, desto größer ist der Raum, den das Thier in bestimmter Zeit zurücklegen kann. Man betrachte den Gang von vorn und hinten und sehe auf die Deckung der Vor der- und Hinterbeine. Fehlerhaft sind folgende Bewegungen: Das Fuchteln, Auswerfen oder Pauken schlagen, bestehend darin, daß die Vorderfüße nach außen geschleudert werden. Diese Bewegung ist meistens mit der Tanzmeisterstellung verbunden, ist wenig geräumig und leicht ermüdend. Das Kreuzen ist eine Bewegung der Vorderfüße, wobei die Hufe kreuzen. Solche Pferde stolpern leicht und streichen sich. Schleichend wird der Gang genannt, wenn die Füße nur wenig vorgesetzt und nahe an: Boden bewegt werden. Solche Pferde stolpern leicht und nutzen die Eisen stark ab. Die hohe erhabene Bewegung, bei welcher die Vorderbeine -sehr hoch gehoben werden, ist ermüdend und uner giebig. Das Tappen ist eine Bewegung der Füße, wobei dieselben schwerfällig niedergcsetzt, zuweilen auch auf dem Boden etwas gedreht werden, wodurch allerlei Hufleiden entstehen. Pferde mit schwerer Vorderhand, breiter Brust und fetten Schultern werfen den Kör per abwechselnd bald auf die rechte, bald auf die linke Seite, was man wanken nennt. Der lange Gang oder Bärcntritt ist diejenige Bewegung, wobei die Hinterfüße ungewöhnlich weit vorwärts gesetzt werden, wodurch leicht Einhauen oder Schmieden entsteht. Beim zu kurzen Schritt der Hinterfüße ist die Be wegung unergiebig. Der gedehnte Gang oder Wolfs gang, bei welchem die Hinterbeine übermäßig nach rück wärts gestreckt und nachgeschleppt werden, entsteht oft durch Schwäche. — Vom russischen Kaiserhof im vorigen Jahrhundert liefern die vor Kurzem neu erschien enen Lebenserinnerungen der Fürstin Daschkow unter anderem folgende Sittenbilder: Es ist bekannt, daß der Czar Peter I. die Gewohnheit hatte, die Adeligen, welche irgendwie sein Mißfallen erregten, damit zu bestrafen, daß er ihnen befahl, Narren zu werden. Von diesen: Augenblicke an wurde das uu glückliche Opfer, so viel Geist es auch haben mochte, der Gegen stand des Spottes der ganzen Gesellschaft an: Hofe. Dieser „Narr" hatte freilich das Vorrecht alles sagen zu dürfen, was er wollte, lief jedoch immer Gefahr, dafür geschlagen oder gepeitscht zu werden. Die Kaiserin Anna überbot nun diese Grausamkeit noch, aber sie mischte zuweilen viel Komisches und Phantast isches hinein. Einmal befahl sie, daß ein gewisser Prinz G. für ein kleines Vergehen eine — Henne werden sollte. Zu diesem Zwecke ließ sie einen großen Korb mit Stroh und vielen Eiern darin wie ein Nest Herrichten und der Prinz mußte, bei Todesstrafe, auf diesem Neste sitzen und sich zum Aeußersten lächer lich machen, indem man ihn zwang, zu gackern wie eine Henne! — Einmal wünschte die Kaiserin einen russischen Tanz zu sehen und befahl vier der be rühmtesten Petersburger Schönheiten, ihn vor ihr aufznführen. Die Mutter der Fürstin Daschkow war eine dieser Vier. Die Damen waren so verlegen und zitterten so vor jedem Blick der Kaiserin, daß sie schließlich alle Geistesgegenwart verloren und die Figuren des Tanzes vergaßen, bis sie schließlich elektrisirt wurden durch die Anuäherung der Ma jestät, welche wüthend aufgesprungen war, sich ihnen mit der größten Würde näherte, jeder eine ganz ge hörige Ohrfeige gab und befahl, mit dem Tanze von vorne zu beginnen, was sie den auch, mehr todt wie lebendig, thaten. S wöchcnt! zwar D lag und scrtions; Das Na setzes, lu werbeord gerichten werbtreil Anwend: Hie Berhand Na< Amtshau auch von worden i zirkes jet Vorsteher der in H !) jede i nachsuche Um trctenen ncte Am Gcwerbtr Hinzumeis Die siir Stre Zust Verpflicht Den mittel in BeweiSau Vere jedenfalls Kom: und von Absatz 3 ! Kom: schriftlich« wünschens kräftig, w« Klage bei eer Verkü Behändig: Diel Die gemacht w Nachtheil Auch hängig ge: Die! sind, soferi die OrtSp: sahren zu Wird Nachfrist i Civilprozcf Der > obliegende: