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— Zn OelSnitz (Erzgeb.) wurde am 15. d. M. die Leiche einer am Sonnabend verstorbenen Frau sccirt, da verschiedene Anzeichen dafür sprachen, daß der Tod durch Mißhandlungen von Seiten ihres Mannes verursacht worden sein könnte. Ter Ver- dacht scheint sich bestätigt zu haben, da der schon am Dienstag früh verhaftete Ehemann geschlossen und gebunden in das Kgl. Amtsgericht abgeführt wurde. — Zn Falkenstein i. V. ist mit Beginn dieses Schuljahres eine Handelsschule eröffnet worden. Die neue Schule wird bereits von 22 Lehrlingen besucht und steht unter der Verwaltung des StadtratheS. — Wie aus militärischen Kreisen mit Bestimmt heit verlautet, soll zu dem diesjährigen Herbst manöver de« Sächsischen ArmeecorpS das Ge lände zwischen Pirna und Stolpen als Aktionsfeld gewählt worden sein, und soll Pirna hierbei das Hauptquartier des Generalstabes bilden. Ms vergangener Zeit — für unsere Zeit. Am LI. April 1870 wurde' das letzte deutsche Zollparla ment eröffnet. Es war das eine ans direkten Wahlen hervor gegangene Körperschaft, die zwar nur mit Zollangelegenbeiten sich beschäftigen und solche innerhalb des Nordens und Südens von Deutschland reguliren sollte, allein sie gewann durch die gemeinsame Arbeit nord- und süddeutscher Abgeordneter immer hin einen politischen Charakter und trug nicht wenig zu der Vorbereitung des deutschen Einigungswerkes bei. Daß die Zollverhältnisse, die in früheren Jahren zu unendlichen Grenz plackereien, Weiterungen und Unannehmlichkeiten Veranlassung gaben, von denen nian sich heute kaum eine Vorstellung noch machen kann, einer neuen Verkehrs- und Rechtsgemeinschaft Weichen mußten, war von großem Werth; die Freunde natio naler Einigung meinten indeß, daß die neue Vereinigung über die Gemeinschaft innerhalb der Salz- und Tabaksteuer hinaus gehen und ein gemeinsames Band um alle deutschen Staaten schlingen werde. Und daß sie nicht so Unrecht hatten, bewies ja die nächste Zeit. Das Zollparlament trat im April 1888 zum ersten Male zusammen und am LI. April 1870 zum letzten Mal. LL. April. Am 22. April 1418 wurde das Konzil zu Konstanz ge schloffen, eine Versammlung, wie sie vorher und nachher die Welt kaum jemals noch erlebt hat. Zu diesem Konzil, auf welchem die Reorganisation der Kirche in erster Linie vorge nommen, aber auch über weltliche Dinge beschlossen werden sollte, hatten sich an 180,000 Menschen eingefunden, darunter I Papst mit 1800 Leibwächtern, .8 Patriarchen, 83 Kardinäle, 47 Erzbischöfe, 145 Bischöfe und 583 sonstige geistliche Würden träger mit 10,800 Personen Gesolge; dazu kamen die päpst lichen Sekretäre, die Deputirten der Universitäten, die Doktoren der Theologie, der Rechte, der Arzneiwissenschaft, über 1000 Magister der freie» Künste, endlich noch über 5000 Priester. Nicht minder stattlich war die Zahl der weltlichen Besucher, der Herzöge, Fürsten, Grafen und Ritter, deren Gesolge sich auf 20,000 Personen belief, selbst aus Asien und Afrika waren Gesandtschaften eingetroffen. Die Spitze des Ganzen bildete eine Zeitlang der Kaiser Siegismund, später wurde er vom Papste und dem französischen Gesandten mehr bei Seite gedrängt. Vier Jahre dauerte die große Versammlung und ihr Resultat, wie es sich in der Geschichte darstellt, war, daß ein großer Krieg aus ihr hervorging, der Hussitcnkrieg, den Kaiser Siegis mund durch seine brutale Treulosigkeit Johann Huß gegenüber cntsesielte, daß anstatt dreier Päpste, die sich um die Herrschaft stritten, einer endlich gewählt tvurde und daß in, übrigen alles beim Alten blieb; vielleicht etwas verschlechtert gegen früher; denn von der Berücksichtigung irgend welcher Volkstümliche war natürlich gar keine Rede. Der Klügste der ganzen erlauch ten Versammlung, war jedenfalls der Papst Aeartin V., ein seingebildeter, gewandter Mann, der, erst einmal gewählt, seine Interessen und die des Papstthums sehr gut zu wahren wußte. Er that denn auch das Beste, was er unter den obwaltenden Umständen, die eine kirchliche und politische Klärung weder zulieben, noch wünschten, thun konnte; er schloß das Konzil und zog im Triumph ab. Der Kaiser führte sein Pferd, drei Fürsten des Reiches hielten die Scharlachdccke des Pferdes. Von einem Kaiser Siegismund, der einen Huß verbrennen ließ, war am Ende nichts anderes zu erwarten. Der Flüchtling. Historische Novelle von Aug. Northeim. I. (Nachdruck verboten.) Zn einem abgelegenen Thale des herrlichen Alt- England, nnweit des Landstädtchens Worcester, lag und liegt noch bis auf den heutigen Tag eines jener schloßartigen Gebäude, die, über das ganze Land zer streut, den Stammsitz mächtiger und einflußreicher alter Geschlechter bildeten, jener alten Geschlechter, die, mit der Regierung verbündet, für dieselbe in allen Fehden die kräftigste Stütze waren, während hingegen ihre Opposition sie dem gefürchtetsten Feinde gleich stellte, wenn sie in ihren befestigten Burgen den könig lichen Befehlen, ja, auch wohl selbst den Gewaltmaß- regeln ihres königlichen Herrn Trotz boten. Heute sind diese alten Bauwerke, wenn auch zum Teil noch in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten, mit dem Ver fall deS RitterthumS und dessen Reichlhümern in die Hände einfacher Landleute ober spekulationssüchtiger Gewerbetreibender übergegangen, deren realistisches Streben jenen historischen Stätten bald den Nimbus der Vornehmheit und Unantastbarkeit raubte. In der Zeitperiode jedoch, in welcher unsere Er zählung spielt, lebte der Graf Herbert v. Eton unan gefochten auf seinem ausgedehnten, seit Jahrhunderten vom Vater auf den Sohn vererbten Besitze. DaS uralte, von glänzend rothen Ziegeln erbaute Schloß, mit vorspringendem Dachfirst, mit hohen Söllern und vielfach verschnörkelten Simsen und Erkern verziert, wurde von zwei mächtigen Thürmen flankirt, welche fast in ganzer Höhe mit Ephen und wildem Wein bewachsen waren. Bei düsterm Himmel verliehen sie dem ehrwürdigen Gebäude ein melancholisches Aus sehen, und diesen Eindruck erhöhten noch die Wellen eines rastlos tobenden Flusses, welcher, hart an der nördlichen Granitmauer deS Schlosse« hinströmend, sich unweit desselben in ein weites Bassin ergoß, um dann, aus dem tiefen Schatten deS waldartigen Par kes tretend, wie ein silbernes Band die üppig grü nenden Ländereien zu durchfließen. In der Nähe eines der Eckthürme befand sich eine niedere Schleuse, auf der Flnßseite durch eine Fallthür mit riesigen eisernen Riegeln und zehn Schritt weiter im Innern durch ein zweites Thor von massivem Eichenholz, dessen Be schlag wohl Jahrhunderte zu überdauern vermochte, verschlossen. Für kleine Boote war hiermit ein sicherer Hafen geschaffen. Die Vorderfront des LandschlosscS bot einen freund licheren Anblick. Weiße Vorhänge an den hohen gothi- schen Fenstern, wohlgepflegke Blumen an letzteren ver- riethen das Walten einer sorgsamen Frauenhand. Der Park öffnete sich hier zu einer fast kreisförmigen Lichtung, deren feuchtgrüner Rasengrund sich bis nahe an das mit Stuckatur reich bedeckte Portal hinzog; Blumenparketts und Rabatten boten dem Auge eine angenehme Abwechslung und in der Mitte der weiten Rasenfläche warf eine plätschernde Fontäne ihre glän zenden Wasserstrahlen in ein von Nymphen und Tri tonen gehaltenes Sleinbecken. Der stellenweise sogar etwas verwilderte Park er streckte sich-fast eine englische Meile weit bis hart an dec Landstraße, von derselben nur durch den oben er wähnten Fluß getrennt, über den eine halbverfallene Brücke aus rothen Ziegelsteinen führte. Am Ende der Brücke befand sich ein kleines FischhanS, dessen offen stehende Thür den Einblick in einen freundlichen, offen bar bewohnten Raum gewährte, — wenigstens legte der mit einem sauberen Tuch bedeckte Tisch sowie ein frischer Blumenstrauß auf rem Tischtuchs Zeugniß davon ab. So war der Anblick des Schlosses und seiner Um gebungen am Tage nach dem hitzigen Gefecht bei Worcester, dem entscheidenden Gewaltstreiche des gro ßen Cromwell, der nun zum Träger der Geschicke des Königreiches geworden war. Der dumpfe Kanonen donner, unterbrochen von dem Hellen Klange der Mus keten, war selbst bis in dieses friedliche Tbal gedrungen. Man hatte hier einige leichte Vorbereitungen getroffen, einem etwaigen feindlichen Ueberfall zu begegnen: die Schießscharten waren erweitert, eine alle Feld schlange auf den Söller gerückt worden. Allein keine Fahne flatterte von den Zinnen, keine Uniform war zu sehen, kein Zeichen, daß die Bewohner des Schlos ses Parteigänger seien. Nicht zur längeren Verthei- digung waren die Vorsichtsmaßregeln getroffen, son dern zur Abwehr von Marodeuren, welche, aus den kriegerischen Wirren Nutzen ziehend, gleichviel ob von Freund oder Feind den Kriegszoll erpreßten. Der Tag ging zur Rüste, abendliche Schatten senk ten sich auf die Fluren, als ein junges Mädchen von schlanker, gewandter Gestalt ustd außerordentlich zarten Gesichtszügen aus der Thür des Fischhauses trat. Mit beiden Händen schlug sie ihre langen, dichten, kastanienbraunen Locken zurück, um ihren weißen 'Nacken nnv Hals in ein schützendes Tuch einzuhüllen. Die tiefblauen Augen, von langen Wimpern beschattet, blickten träumerisch in die Ferne. „Es ist spät geworden," sprach sie leise vor sich hin, sich fröstelnd fester in den Shawl hüllend; „der Vater wird mich schon erwarten. Komm, Bleß, mein Liebling, wir müssen gehen!" Die große Dogge, aufmerksam jeder Bewegung der Herrin folgend, sprang liebkosend an dem jungen Mädchen empor und, ein Freudengebell ausstoßend, in großen Sätzen voran den Waldpfad entlang. Ein ungewöhnlicher Laut, ähnlich dem scharfen, kurzem Knall einer Muskete, unterbrach plötzlich die tiefe Stille und hemmte beider Schritte. „WaS war das?" rief das junge Mädchen erschrocken. „Freund oder Feind? Sollte uns Gefahr drohen?" Und schleunigst sich dem verlassenen Hause wieder zuwendend, überblickte sie durch das vergitterte Fenster desselben spähend die sanft zum fernen Hügel ansteig ende Landstraße. Sic blieb nicht lange im Zweifel. Auf der Spitze des Hügels tauchte erst der Kopf, dann die ganze Gestalt eines Reiters aus, dessen Form sich klar und scharf gegen den rothen Abendhimmel abhob. Gleich darauf war er verschwunden in den dunkleren Tönen und Schatten der diesseitigen Landschaft, über die ein leichter, in der Ferne sich scheinbar verdichtender Nebel hinwallte. Nach einer Weile aber erschien am Hori zont ein zweiter Reiter, ein dritter und noch mehr, bis wohl ein Dutzend über den Gipfel der Anhöhe heraufgetaucht und gleich dem ersten Reiter diesseits in den Nebeln verschwunden waren. Die im letzten Strahle der Abendsonne funkelnden Helme ließen jene Reiter als Krieger der puritanischen Partei erkennen. DaS war alles, was da« auSschauende Mädchen entdecken konnte; und doch hatte sie alsbald den Sach verhalt richtig durchschaut. Ein in der gestrigen mör derischen Schlacht versprengter Anhänger der könig lichen Partei, welcher auch der Besitzer von Eton angc- hörte, wurde von den sogenannten Rundhüten, den Kriegern deS mächtigen Protektor«, verfolgt. Diese Befürchtung wurde bestätigt, als nach wenigen Mi nuten der erste Reiter um die Waldecke bog. ES war eine kräftige, jugendliche Gestalt. Die riesige Feder auf dem breitkrämpigen Hut wallte und wogte in dem Luftzug, den der scharfe Ritt verursachte; das breite, blauseidene Degengehenk über dem blinkenden Stahl küraß hatte sich auf der Flucht verschoben, Flecken und Staub lagen auf dem sammtenen, mit Atlas verbräm ten Kollet und zerknittert waren die flandrischen Spitzen, mit denen es reich besetzt war. Der nächste Moment brachte den Flüchtling bis an die Brücke, wo das Mädchen in Todesangst lehnte. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Jever. Am 13. April ist an den Fürsten Bismarck das alljährlich übliche Geburtstagsgeschenk von 101 Kibitzeiern seitens der hiesigen Getreuen nach FriedrichSruh zur Absendung gelangt. Die dies jährige Widmung lautet der „Weserzeitung" zufolge: „Dem Fürsten Bismarck! Wi blivt de Ollen, ümmer trö, Willt to Di Hollen lat un früh; Legst Du dat Stüer ok ut de Hand, Blivst ewig düer dem Vader- land. Jever, 1. April 1891. Die Getreuen." — Im vorigen Jahre konnte die Gabe bereits reichlich 14 Tage früher abgesandt werden. — Lissa, 13. April. Der hiesige „Anzeiger" erzählt folgende ihm verbürgte Geschichte: „Ein hiesiger Arzt wurde auf ein benachbartes Dorf geholt, wo ein Landmann mit seinem Sohne schwer krank dar nieder lagen. Dem Vater war leider nicht mehr zu helfen: er starb, während der Sohn noch zu Bett liegt. Der Grund zu der Erkrankung der Beiden ist folgender: Dem Bauern war eine Kuh erkrankt, und wandte er sich an einen Schäfer, der im Rufe eines „klugen Mannes" steht, damit dieser die Kuh heilen sollte. Der kluge Mann ließ sich für seinen zu erlheilenden Rath zunächst 10 Mk. zahlen; dann meinte er, die Kuh sei behext. Um das Verhexen zu heben, sollten die männlichen Mitglieder der Familie um die Mitternachtzcit sich mit entblößtem Körper auf einen Ameisenhaufen setzen. Der Bauer und sein erwachsener Sohn waren auch abergläubisch genug, diesen Unsinn zu glauben, und begaben sich nach dem eine halbe Meile von ihrem Dorfe entfernten Walde, wo sie um 12 Uhr Nachts sich nach Vorschrift des klugen Mannes auf einen Ameisenhaufen setzten. Während sie so dasaßen, raschelte es neben ihnen, wahrscheinlich hatten sie irgend ein Thier aus dem Schlafe geweckt; beide crschracken heftig und meinten, es sei der Böse ans der Kuh, der sie necke. In un beschreiblicher Hast liefen sie, ohne erst die Kleider in Ordnung gebracht zu haben, athemlos nach Hause, wo sie beide infolge der ausgestandenen Angst und Erkältung so schwer erkrankten, daß den Vater der Tod ereilte. Der noch zu Bett liegende Sohn er zählte den: Arzte, daß die Ameisen ihn ganz gewaltig gebissen hätten." — Wörth. Die Abhänge des Spicherer-BergeS werden kommenden Geschlechtern ein ganz anderes Bild darbieten, als jenen tapferen deutschen Soldaten, welche den Berg am 6. August 1870 erstürmten. Damals waren die Abhänge nur mit niederem Ginster bewachsen. Dieser bot den Truppen des Generals v. Franyois so gut wie gar keine Deckung, weshalb sie denn auch furchtbare Verluste erlitten. Im vorigen Jahre hat man nun damit begonnen, die Abhänge des Berges mit Kiefern aufzuforsten und dieses Jahr soll auch der übrige Thcil des Berges in der gleichen Weise nutzbar gemacht werden. — Eine Waldidylle. In den oberschlesischeiz. Jägerkreisen geht seit einiger Zeit das Gerücht, daß binnen Kurzem ein schlichter Förster eine Prinzessin heirathen wird. Die cingeweihten Kreise bewahren über den wahren Namen der Braut das strengste Gehcimniß; ebenso schwierig ist es, über die „Wald idylle", die dem Herzensbund als Basis diente, irgend etwas Nährers zu erfahren. Der standesamtliche Akt findet in Preußen, die kirchliche Trauung in Oesterreich statt. — Riesengröße. Fritzchen: Aber Tantchen, Du bist ja gar nicht so groß, daß Du bis zum Schorn stein reichst. — Tante: Wieso denn, Kind? — Fritz chen: Ja, Papa meinte neulich, das Geld, das Du ihm geborgt hast, könntest Du in den Schornstein schreiben. — Heimgegeben. Wirth: „Wie! Sie meinen, den Wein mache ich selbst?!" — Gast: „Mag sein, das ich mich irre. Denn so sauer kann man ihn, glaub' ich, nicht künstlich Herstellen." — Schmerzensgeld. Gehcimräthin: „Was bekommen Sie pro Abend?" — Lohndiener: „Fünf Mark, wenn aber bei der Gesellschaft gesungen wird — sechse!" — Kater-Idee eines Philisters. „O jeh o jeh, was hoab ich heite vor een schwären Kopp! — Nu weeß ich ooch, warum de Studenten immer a so leichte, klcene Mütze tragen thun." — Dem deutschen Verein „Arion" in New-Dork gehört ein Mitglied an, das verschiede ner „Töne Meister" ist. DaS zeigen die folgenden scherzhaften dialektischen Umschreibungen der ersten Strophe des bekanntesten Schcffel'schen Liedes, welche dem „Eons." mitgethcilt sind. I. Urtext. Das ist in, Leben häßlich eingerichtet, Daß bei den Rosen gleich die Dornen stehn'n.