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328 Zwanzig Servische Volkslieder. «Beschluß.) Pie Spinnerin. Mägdlein spönnen spät, Welche die schnellste spönne? Röschen am schnellsten spann, Lob bis zum Kaiser drang. Sandt ihr 'ne Spindel Flachs: „Spinne nun, Röschen, spinn, Spinne mir Zelte draus, Und was dir übrig bleibt, Linnen zum Brautgeschenk. Bringst Du's zu Hofe mir, Wiegt mein Arm dich ein." Röschen verschmitzter noch, Sendet die Spindel ihm: „Schnitze nun, Kaiser, schnitz, Schnitz mir 'nen Weberstuhl. Und was dir übrig bleibt, Zimmre dir Höfe draus! Zieh ich da stattlich ein, Schlaf ich im Arm dir ein." Männertrenc. Weißt du, Seelchen, als wir einst uns liebten, Saßest du einmal auf meinem Schooße, Weintest bitterlich und sagtest schluchzend: Strafe Gott doch jegliche Gespielin, Die dem Trcuwort eines Jünglings glaubet! Wie der Himmel erst so heiter scheinet, Plötzlich dann die Wolken ihn verdunkeln, Also wechselt auch des Jünglings Treue. Küßt er, heißt es: „Sollst mein Weibchen werden!" Ist geküßt: „Nun warte bis zum Herbste!" Ist der Herbst gekommen, kommt der Winter, Buhlt er wieder schon um andre Mädchen. Wenn man der Mutter nicht folgt. Mutter flocht der Mara Zöpfe, Flocht zu fünsen sie und neunen, Flocht und sprach mit Muttersorgc: „Höre Mara, meine Tochter! Gehst du auf das Feld hinunter Auf das Feld zum Reihentanze, Tanze nimmer mit dem Thomas; Thomas ist ein loser Bube Und du bist ein loses Mädchen." Mara hörte nicht die Mutter, Auf das Feld ging sie hinunter, Auf das Feld zum Reihentanze Wo sie sich mit Thomas schwenkte. Thomas schwang im Kreis den Reihen, Leise winkt er seinen Dienern, Daß sie her die Rosse führten, Seinen Fuchs und seinen Braunen. Gleich verstanden ihn die Diener Führten zu den Reih'n die Rosse Seinen Fuchs und seinen Braunen. Auf den Fuchs sich Thomas schwinget Hebt die Mara auf den Braunen, Und sie streichen durch die Haide Wie ein Stern durchstreift den Himmel. Und als nun das Feld durchstrichen, Spricht der Thomas zu der Mara: „Siehst du dort den faulen Ahorn, Daran will ich auf dich knüpfen. Krähe hackt dir aus die Augen, Adler schlägt dich mit den Flügeln." Hub die Mara an zu weinen: „Weh mir, weh, daß Gott erbarme. So ergeh' es allen Mädchen, Die der Mutter nicht gehorchen." Tröstet lächelnd sie der Thomas: „Fürchte nichts, geliebte Mara! Ist ja nicht ein fauler Ahorn, Meine weißen Höfe sind es, Fürder bist du meine Gattin, Herrschest du in meinen Höfen." Der Todtengräber *) Er gräbt ein Grab — es rollen So dumpf hinab die Schollen; Er aber brummt in Bart, Nach Todtengräberart: Haha, es kommen Alle Zu Falle! Es spielt und lacht am Grabe Sein blondgelockter Knabe, Windet zum Kranz für ihn Veilchen und Rosmarin: Ei, wie wirst in den Kränzen Du glänzen! Der Alte schweigt, er zaudert, Hilf Gott, er wankt, er schaudert, Wie wird mit Allgewalt Sein Antlitz bleich und kalt: Haha, es kommen Alle Zu Falle! Adolf Böttger. ') Eine sehr gelungene Composition dieses Liedes von Rudolph Hirsch ist bereits erschienen. - D. R. Druck von C. P. Melzer in Leipzig.