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den Tod entrissen ward, ist bas Interesse des Peällikums auf ein Volk gelenkt worden, welches, zwar christlich dem Namen nach, aber dennoch sehr heidnisch in seiner Lebensweise ist. vr. Eduard Rüpell giebt uns in seiner vortrefflichen Beschrei bung seiner Reise in Abyssinien (im zweiten Bande) folgende nicht eben erbauliche Schilderung: „Die Hauptzüge der Abyssi- nier sind Indolenz, Trunkenheit, Leichtsinn, ein hoher Grad von Ausschweifung, Treulosigkeit, Hang zum Diebstahl, Aber glaube, dummstolze Selbstsucht, große Gewandtheit in Ver stellung, Undankbarkeit, Unverschämtheit im Fordern von Ge schenken und eine des sprichwörtlichen Gebrauchs würdige Lü genhaftigkeit. In der Regel ist ihnen übrigens ein leutseliges, ungezwungenes Betragen eigen, weshalb eine oberflächliche Beurtheiluvg gewöhnlich zu ihren Gunsten aussällt. Eine eheliche Verbindung dauert nicht häufig mehre Jahre lang; denn bei der geringsten Uneinigkeit trennen sich die Gatten, worauf dann gewöhnlich schon mehre Tage nachher beide Theile eine neue Verbindung geschlossen haben. Der Bruch ehelicher Treue ist meistentheils die Veranlassung zur Schei dung. Eifersucht kennen überdieß die Abyssinier eben so wenig, als wahre Liebe. Da nun, wie oben bemerkt, der geringste, etwas ernstliche Zwist eine Ehcverbindung Lurchgehends auf löst, so könnte man wohl den paradox klingenden Satz aufstel len, daß in Abyssinien alle Eheleute in dem Glück gegenseiti ger Zuneigung leben, weil sie sich sonst trennen würden. Ge wöhnlich ist bei einer Scheidung kein gemeinschaftliches Eigen thum zu vertheilen, und es handelt sich auch bei derselben fast nur um die in Hinsicht der Erziehung, oder vielmehr der Ernährung der etwaigen Kinder zu treffenden Bestimmungen. Die Kinder fallen der Mutter anheim, nur ist der Vater ver pflichtet, bis zum achten Lebensjahre derselben für ihren Un terhalt zu sorgen." — Geht das in Betreff der Ehen bei den Abyssiniern nicht gerade so her, wie etwa in dem Lande, wo man sprichwörtlich sagt: laut coinms aller nous? Auch eine Entschuldigung. Als man dem bald zum Papste, bald zu den Florentinern haltenden Adolph von Ea merino Vorstellungen ob seiner Partheigängerei machte, erwiederte er lächelnd: „Das ist so meine Natur; ich kann auch im Schlafe nie auf einer Seite liegen bleiben." Anekdote. Ein Prediger erhob die Heiligkeit des St. Ehristophoros und rief, als er sich gänzlich in Lobeserhe bungen erschöpft hatte, mehre Male aus: Wer ist wohl mehr gewürdigt worden, als Er? Er, der selbst den Heiland trug? — „Der Esel," meinte ein Zuhörer, indem er seinen Platz verließ; „der Esel auf der Flucht nach Aegypten, der sogar Sohn und Mutter zugleich zu tragen hatte." Ein wahres Wort. Der Verfasser der „Schlesischen Zustände" (Breslau, 1840) sagt am Schluffe seines Buches: „Man sieht in der deutschen Literatur so Viele gegen Wind mühlenflügel streiten, daß ein gesunder Geist, den die histori schen Irrlichter unserer Universalbildung nicht begleitet ha ben, die Lcbcnswirren der Gegenwart wenig begreifen würde, noch weniger aber die Schwierigkeit ihrer Lösung." Diplomaten Gewissenhaftigkeit. Die Gesandten der Republik Florenz hatten bei der Audienz vor Herzog Barnabi von Mailand die Höflichkeit des Umgangs beobachtet, ihren Antworten an den Durchlauchtigen ein „si vodis ;>Is<:«-t" (wenn's Euch genehm ist — wie wir sagen — zu Befehl) hinzuzufügen. Als sie auf der Rückkehr nach Florenz schon dicht vor der Stadt waren und ihre Verhandlungen mit dem Herzog genau sich wiederholten, fiel es dem Acltern schwer auf's Herz, daß er auf die Frage: „ob er der erste Gesandte sei?" ebenfalls crwiedert hatte: „si '«bis i>lncet." Sie erwogen sämmtlich, dadurch in den Augen jenes Hofes der Würde ih res Freistaates zu nahe getreten zu sein, und — kehrten um. Angelangt in Mailand baten sie um Audienz und wiederhol ten dem auf etwas Neues gespannten Herzog, daß sie früher sich jener Courtoisie bedient hätten. „Ja, Durchlauchtiger," setzte ihr Wortführer aus einander, „ich sagte damals: ich bin der erste Gesandte von Florenz, wenn es Euch genehm ist; dieses mag Euch aber genehm sein oder nicht — ich bleib' es dennoch!" — Erst jetzt beruhigt, traten sie ihre Rückreise wie der an. Juristen — Pedanten. Bei Gelegenheit einer treffli chen Schilderung des berühmten Göttinger Juristen Böhmer, der ein juristischer Pedant von solcher Originalität war, daß er, treu auf die Bühne gebracht, dort vielleicht für Karika tur gelten würde, macht der Verfasser der „Erinnerungen ei nes Greises" (Altona 1885—37. S. Varnhagen von Ense, Denkwürdigk. 4. Bd. 1838) folgende wahre Bemerkung: „Ein gefleischte Juristen, d. h. solche, die sich ausschließcnd mit ih rer Wissenschaft beschäftigen, sind freilich immer mehr oder we niger Pedanten; sie können ihren Stand in der Gesellschaft nicht verleugnen; das Buch, aus dem sie ihre tägliche geistige Nahrung schöpfen, umfaßt alle wesentlichen Verhältnisse des bürgerlichen Lebens, also Materien, die in gemischten Kreisen häufig zur Sprache kommen, die aber diese Herren kaum an ders, als nach dem ihnen geläufigen Fachwerke und in Ver bindung mit den darauf Bezug habenden Ausdrücken und Re densarten denken können; daher unwillkürlich die Pandekten aus ihnen sprechen, wo sich nur der gesunde Menschenverstand sollte hören lassen. Hiervon ist mir kaum eine Ausnahme vor- gckommcn, so wie ich auch allgemein bemerkt zu haben glaube, daß solche Juristen ein höchst unzuverlässiges Urtheil besitzen, überall, wo es auf eine freie Ansicht der Dinge ankommt, und deswegen außer ihrem Fache zu Geschäften untüchtig sind. Sie erkennen eine Autorität an, der sie ihre Vernunft dienst bar gemacht haben. Diese Autorität ist ein Buch, aus einer Anzahl Gesetzen bestehend, die succesfive, in einer Reihe von Jahrhunderten, wie die Zeitumständc und das Bcdürfniß sie erforderten, gegeben worden sind, und jetzt, ohne Rücksicht auf diese Umstände, nach ihrem buchstäblichen Inhalte unter Ru briken zusammcngestellt und zu Rechtsgrundsätzen erhoben, für alle Zeiten und alle verkommenden Fälle zur Regel der Ent scheidung dienen sollen." Der bekannte satyrische Witzkopf Lichtenberg war im Grunde ein wohlwollender Mensch; manchmal konnte er aber recht beißend sein. Einmal gab ihm eine Gesellschaft Veranlassung zu einem gut angebrachten Spotte. Sie hatte eine Schlittenfahrt eingerichtet, aber an dem dazu bestimmten