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5,49 der Zeit, wo der dritte Stand in's Leben trat. Unter Lud wig XIII., XIV. und XV., wo die absolutisten Tendenzen herrschten, kamen wieder die langen Haare auf, aber es wa ren Perrückcn. Die Republik schuf den Tituskopf. Das Jahr 1830 machte den Versuch, die Haare wieder zu verlängern, als wollte man in die früheren barbarischen Zeiten zurück kehren. I84l läßt zwar die Perrücken noch nicht aufkommen, die ungeheuerste Verschiedenheit der Eoiffüre jedoch deutet auf die Wiederkehr des „großen Jahrhunderts" hin. Mangel an Matronen. Wenn man, sagt ein Schrift steller, unsere Zeit mit der vergangenen vergleicht, so wird man finden, daß jener ein Element, ein Band der Gesellschaft fehlt, welches sonst so segensreich gewirkt hat, nämlich die älteren Frauen. Sonst war alt werden eine Kunst, auf die man stolz war, jetzt ist es ein Unglück. In der Gesell schaft hatte jeder, je nach seinem Alter, seine eigenthümliche Rolle, und eine der liebenswürdigsten war die der älteren Frauen. Wie früher eine Dame die Epoche der Galanterie hinter sich hatte, so übernahm sie die wichtige Mission einer Art von mütterlicher Vormundschaft über die Jüngern, und blieb nicht ohne bedeutenden Einfluß. Was gab es Rühren deres und Angenehmeres, als eine gute, hübsche Alte? Jetzt will keine Dame mehr Matrone sein; es gicbt nur noch al ternde Wesen weiblichen Geschlechts, die nach und naw ab- stcrben, sich wchmülhig zurückziehen und ihre eigentliche Sen dung gar nicht erfüllen. Daher kommt es, daß sie von den Jüngern bei Seite gesetzt werden und ihnen lästig sind, gleich sam als lebte man nur, um jung zu sein. Und die jungen Leute entbehren eines vermittelnden Elementes, das sie sonst in den liebenswürdigen Matronen besaßen. — Zum Tröste für unsere deutschen Leserinnen sei es gesagt, daß der Autor, wel cher jene Schilderung entwirft, ein Franzose ist und nur in Beziehung auf sein Vaterland spricht. Möge Deutschland in diesem Punkte dis Franzosen nie nachahnten. 2- H- TTTrsZolLsN. Im Jahre 1586 feierte der Sultan Lchmet in chonstrntinopel das Beilager seiner ältesten Tochter Huina K.'ssi mit Jbrahin Vezier Bassa. Dem ersten General der Armee, Ulitzi Ali ward die hohe Ehre eines Brautführers zu Lheil. Am 14. Mai gedachten Jahres ward die schöne Braut, gehüllt in weißen, mit Gold und Edelsteinen durch- sticktcn Sammet, und tief verschleiert, im feierlichen Zuge ihrer dreihundert Haus - Officianten aus dem neuen in's alte Schloß geführt. Am löten empfing sie vom Bräutigam folgende Geschenke: fünf Maulesel, beladen mit Rosensarbe zum Schmin ken; drei dergleichen, beladen mit Gold in Ducaten; zwölf mit Zucker und Conftkt; zehn mit goldenem Tafelgeschirr, worunter zwölf Schüsseln, gefüllt mit ächten Perlen und der höchsten Auswahl aller Edelsteine, waren. Demnächst hat dor General-Brautführer der hohen Braut, als schwaches Zeichen seiner Verehrung, Folgendes überreichen lassen: ein Schloß im förmlichen Belagerungszustände, mit den dazu erforder lichen, mehre Spannen hohen Figuren und Geschütz von je dem Kaliber. Alles aus dem feinsten weißen Zucker gegossen und von 200 weißgekleideten Sklaven getragen; ferner: 500 Stück der seltensten Thiere in Naturgröße, aus gleicher Masse, getragen von >000 buntgekleideten Sklaven; woneben noch zur Morgengabe die Braut vom Sultan 2 Millionen Ducaten empfing. WM Den iktcn ist der Braut von einer der vornehmsten Sul- taninnen zum Geschenk überbracht worden: eine weiße, hohl- geblasene Wachskerze, dreißig Ellen hoch und acht Fuß im Durchmesser, mit gezogenem Golde, großen Türkisen und andern Edelsteinen verziert, 50,000 Ducaten an Werth. Den i7ten har der Bräutigam vor seinem Palast dem gemeinen Volk ein Fest gegeben, was in 1000 Schüsseln mit gekochtem Reis bestand, in deren jeder sich dieselbe Zahl von Ducaten befand, und wo beim Abzüge Jeder ein neues Kleid erhielt. DenlOlcn haben dieJanitscharen,indem sic vordem Braut paare vorbcimarschirt sind, jeder zehn Ducaten und eine neue mit Gold verzierte Leibbinde bekommen. Den 20sten sind die Sachen der Braut in den Palast des Bräutigams in folgender Ordnung gebracht worden. Ein Alkoran und Gebetbuch, in Gold und ächten Steinen gefaßt, so acht Mann kaum tragen konnten; achtundfunfzig Maul esel , mit persischen Teppichen und Gold beladen; dreißig der gleichen mit wohlriechenden Essenzen; zusammen 1500 beladene Lastthiere. Vorzüglich bemerkenswerth darunter war ein Roll wagen, der sich durch Hülfe einer unten angebrachten Feder, welche ein Uhrwerk eine Stunde lang hinlänglich in Bewegung hielt, um fremder Beihülfe überhoben zu sein, selbst fortbe wegte. Dieser Mechanismus soll 15,000 Ducaten gekostet haben. Vier Wochen haben die Proceffionen, das Tanzen, Fechten und die Gastgelage gedauert. Zuletzt wurde die Braut, unter großer Begleitung aller Ehrenämter der Stadt und sämmt- licher Janitscharen, in's Schloß des Verlobten gebracht, da selbst dreimal um den Feuerheerd geführt, neben dem sie ein goldener Sitz aufnahm, wo ihr die Füße gewaschen und mit dem dazu angewendeten Wasser alles Hausgeräth und die an wesenden Gäste besprengt wurden; dann strich man die Braut Honig um den Mund, und führte sie zu jeder Thür des Hauses, die sie mit der rechten Hand berühren und mit dem rechten Fuße dagegen treten mußte, worauf immer ein sanfter Regen von Weizen, Roggen und andern Gekörn auf sie her abträufelte, als Zeichen des Segens, der ihrer wartete. --- Und so hatte das Fest ein Ende. MerkwKrdigs Leichname. Unter der Regierung des Papstes Paul des Dritten hat man auf der appianischen Straße, «o viele heidnische Grabstätten sich befinden, mehrere derselben geöffnet; unter andern fand man den Leichnam einer schönen Jungfrau, welcher in einem wohlriechenden Safte schwamm, und dadurch so unverweslich erhalten war, daß das Gesicht nicht allein nicht verfallen, I sondern selbst mit einem lebendigen, frischen Anstrich erschien, wie auch der ganze Körper gut aussah. Die schönen langen gelben Haare waren durch eine Flechte zusammen gehalten, und mit einem