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535 fühlen. Bernd von Guscck macht Glück mit seinem „Viel- liebchcn" und ein neues Taschenbuch von Robert Heller, „Perlen" ist schnell vergriffen worden. Gewandte und graciöse Novellisten können jetzt mehr, als je, Glück machen. Nur stofflich reich und spannend müssen die Erzählungen sein; mit dem Ausspinnen von Tendenzen ist nichts mehr zu machen. I H. Literarisches. Prophctcnstinimcn. An das Geschlecht dieser Zeit nach den Aussprüchen der heiligen Seher des Morgenlandes von Leopold Haupt. . Verlag von I. M. Gebhardt in Grimma. 1841. Es war gewiß nur eine höchst glückliche Idee zu nennen, die heiligen Bücher des alten Testaments der Lesewclt auf eine Art vorzuführen, wie der talentvolle Leopold Haupt in dem angezeigtcn Merkchen gethan hat. Nicht nur daß dem reli giösen Gcmüthe hier ein wahrhafter Genuß geboten wird, so erhält auch der Freund einer erhabenen Poesie hohe Befrie digung. Der Herr Verfasser hat seine Aufgabe, die sich dicß- mal nur auf den großen Propheten Jesaias beschränkt, mit solchem Geschick gelöst, daß wir ihm nicht nur Glück wünschen, sondern uns auch gedrungen fühlen, ihn zur Fortsetzung seiner segensreichen Arbeit aufzufordern. Herr Haupt, wohl erkennend, daß in der metrischen Bearbeitung der heiligen Gesänge die höchste Einfachheit eine Hauptaufgabe sei, hat sich daher mit möglichster Genauigkeit dem erhabenen Urtexte angcschlosscn, so daß wir das Original an mehrfachen Stellen fast wicdergcgeben finden. Mit Uebergehung alles blos Oerilichen und Zeitweisen ist nur das für alle Orte und Zeiten Paffende vorgeführt. Um ferner die Vergleichung mit der Urschrift zu erleichtern, sind am Rande Kapitel und Vers jeder betreffenden Stelle bcige- fügt. Der ganze hohe Gesang zerfällt in vielfache Abtheilungen mit passenden Uebcrschriften, wovon, so weit es der beschränkte Raum erlaubt, als Probe einige derselben mitgethcilt werden mögen. Preis und Dank dem Erbarmcr. (Jesaias XXV, I., Ewiger, mein Gott bist tu, deinen Namen will ich preisen. Du vollführst, was tu versprichst, tu erfüllst, was tu verheißen. Alle Lauter rühmen dich, alle Völker sind erschienen. Dir als Knechte, fromm und gut, dir als Kinder treu zu dienen. Denn tu hattest mit der Welt, mit der sündigen Erbarmen, Warst ein Schutz der Dürftigen, »ine Zuflucht allen Armen, Warst ein kühler Schattenbaum in des Unglücks Schattenbrande, Stern in finstrer Leidensnacht, Licht am dunkeln Tag der Schande. Wie Gewölk den Stern verhüllt an dem bohen Himmelsbogen, Hast du aller Stolzen Glanz mit dem Netz der Schmach umzogen; Wie sich vor der Sonne Glut alle grünen Gräser neigen. Mußten sich vor deinem Zorn alle Weltverderber beugen. Der Büsiliuge Untergang. lV. II.) Weh' den Trunknen, denen Morgens schon der Wein entgegen lacht. Die beim vollen Becher sitzen, taumeln bis zur Mitternacht. Ach betäubt vom Harfenklange, Flötenton und Paukenschlag, Hören sie nicht Gottes Worte, feiern sie nicht seinen Tag. Darum wird es überwunden, tiefes Volk mit einem Mal, Darum müssen Arm und Reiche leiden Hunger, Durst und Oual, Darum hat das Grab den Rachen also furchtbar aufgesxerrt. Daß der Geist - und Sinnenlosen tolle Schaar hinunterfährt. Beuget euch ihr Gottvergefsnen, lerne Demuth Jedermann, Vor dem Höchsten, der da richten, strafen und verderben kann. Gottes Klage über seine Kinder. (Jesaias I, I.) Höre Himmel! horche Erde! Welt thu' auf dein Ohr! Denn es spricht, zu dem die Sonnen betend schau'n empor? „Kinder Hab' ich mir erzogen und sie reich gemacht. Aber von mir abgefallen sind sie unbedacht. ' Jedes Thier kennt seine Krippe, seines Herrn Gesicht; Aber meine Kinder kennen ihren Vater nicht." Die Ausstattung kann nur eine höchst geschmackvolle ge nannt werden und ist das Merkchen, sowohl in religiöser wie in poetischer Beziehung bestens zu empfehlen und ihm die aus- gebrritetste Bekanntwerdung zu wünschen. Wir sind überzeugt, daß es Niemand bereuen wird, dieses Buch seiner Bibliothek einverleibt zu haben. F. St. „Beatrix oder die erzwungenen Neigungen" heißt ein höchst anziehender geistreicher Roman von Heinrich von Balzac, den wir urssern Lesern empfehlen. Der Schauplatz der Erzählung ist in der Bretagne, dem Lande, das von der Bewegung des 19. Jahrhundert fast völlig un berührt blieb. Wir werden in eine altadlige Familie einge führt, die noch ganz das Gepräge ihrer mittelalterlichen Vor fahren trägt und die neue Zeit weder kennt, noch anerkennt. Ein Sohn des Hauses, instinktartig das veränderte Ansehn der neuesten Epoche witternd, und nachdem er in den Salon der geistreichen Dichterin Felicita des Louches eingeführt, mehr und mehr zum Bewußtsein und zur Klarheit gelangend, tritt aus dem ihm gezognen Kreise und muß dieß natürlich durch tiefe Schmerzen büßen, bis er sich endlich glücklich verheirathet. Der Roman ist eben-so belehrend, als unter haltend und spannend und mit aller dem Autor eignen An- muth geschrieben. Die richtigsten Bemerkungen über Leben und Zeit, die tiefsten Blicke in das Gemüthsleben, besonders der Frauen beleben das bedeutende Bild, das unser Auge wunderbar fesselt. Interessant ist es übrigens, daß in dem Romane noch lebende Personen handelnd auftreten. Die Ueber- sctzung (Wesel bei A. Prinz) ist im Ganzen trefflich; ein zelne Stylunrichligkeitcn lassen sich kaum rügen bei der Schnelligkeit, mit welcher die Deutschen zu übersetzen pflegen. Traumbuch. Wer die „Ironie und Bildersprache der Träume" entweder gläubig kennen lernen oder scherzweise zur geselligen Unterhaltung, da es so oft an Stoff mangelt, be nutzen will, der kaufe sich das bei Thcile (Leipzig, 1841.) er schienene Büchlein unter obigem Titel. Er erfährt darin die Bedeutung aller Traumerschcinungcn und kann sich zu einer Art von Propheten ausbilden, der gewiß bei Damen nicht verfehlen wird, Bewunderung oder Interesse zu erregen. Ne ben dem Komplimentirbuche muß ein deutscher Fashionable