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510 immer noch langweilig genug, könnte man sagen, falls man gegen eine Dame ungalant sein wollte. In der That zeichnet sich dieses Buch vor den englischen Romanen, wie sie in der Regel sind, durch seine Trockenheit aus. Der Reichthum der Figuren vermag nicht, unsere Aufmerksamkeit zu fesseln; man muß sehr geduldig gestimmt sein, um lange Zeit in dem Roman zu lesen; vorzugsweise ist der erste Band mit unsäglicher Ge mächlichkeit geschrieben. Daß wir demungeachtet manchen in teressanten Zug in die Seele der Verfasserin thun, ist natür lich, wie denn viele Werke aus weiblicher vornehmer Feder der neuen Zeit weniger als Kunstwerke ihre Geltung haben, als vielmehr psychologisch merkwürdig sind. Unsere Baalzow (die Vers, von St. Roche re.) steht weit über dieser Lady Blessingron. Die Uebersctzung ist gewissenhaft und fließend. Mathilde heißt der neueste Roman Eugen Sue's. Man muß bekennen, daß der Dichter in der Mode ist; die Mo distinnen nämlich bieten Mathilden-Hüte und Capots aus, welche von den französischen Damen eben so häufig getragen werden, als der Roman gelesen wird. Die Königin Victoria hat zwei Gedichte von Schil ler in Musik gesetzt. Die Compositionen, welche neulich in einem engern Cirkel bei Hofe vorgctragen wurden, sollen sehr gelungen sein. Man hofft, daß sich die königliche Künstlerin entschließen wird, sie der Oeffentlichkeit zu übergeben. Weiblicher Heroismus. Vor Kurzem machte ein französischer Gardist der Landmiliz seine Runde in der Um gegend von Montmartre. Es war noch sehr früh am Morgen. Plötzlich hört er zwei Schüsse nach einander in seiner Nähe. Ein Duell vcrmuthend, beeilt er sich, die etlbaige Fortsetzung zu verhindern und läuft herbei; aber wer schildert sein Er staunen, als er zwei außerordentlich hübsche junge und elegant gekleidete Damen erblickt, die eben beschäftigt sind, von Neuem ihre Pistolen zu laden, da die ersten Schüsse nicht getroffen haben. Es gelingt ihm, die beiden weiblichen Duellanten zu arretiren. Nach wenigen Stunden ließ man sie aber in Be rücksichtigung ihres Geschlechtes wieder frei. Beethoven benutzte in der Restauration, wo er zu essen pflegte — wie Kalisch in seinem Handbuche für Gelehrte re. berichtet — öfters die Rückseite der Speisekarte, auf welche er sich selbst einige Notenlinien zog, zur Aufzeichnung irgend eines musikalischen Gedankens. Wenn der Kellner mit den Speisen kam, sagte er: „ich habe schon gegessen," bezahlte und ging fort. Sir John Fallstaff. Jedermann kennt den dicken Ge nossen des lustigen Prinzen Heinz aus Shakspcarc's Schöpfungen; nicht so allgemein bekannt ist cs, das Sir John wirklich ge lebt habe. Ein alter englischer Historiker entwirft folgendes Bild von ihm: „Er war ein Mann voll Muth, und erfreute sich eines glänzenden Rufes in der englischen Armee. Als der Kronprinz den Thron bestieg, war er höchstens vierunddreißig Jahre alt. In der Schlacht von Azincourt zeichnete er sich aus, und später unter der Regierung Heinrichs VI. im Jahre 1420 legte er ein außerordentliches Jeugniß seiner Bravour ab, indem er mit 1500 Soldaten einen Heerhaufcn von neun tausend Mann angriff und zurückschlug." Der Zokcy - Clubb in Frankreich übt eine sehr strenge Gerichtsbarkeit über seine Mitglieder aus. So wurde neulich ein Jokey vor die Affiscn der fashionablcn Reiter gefordert, der angeklagt war, durch betrügerische Mittel einen Preis von 3000 Fr. bei dem letzten Wettlauf in Ehantilly gewonnen zu haben. Aus dem genauen Verhör ergab sich, daß er sich auf unerlaubte Weise leichter, als ihm gestattet war, ge macht habe. Der Angeklagte wurde verurtheilt, weder feine Jokeysstiefeln und Mütze mehr tragen, noch sich „oourenr <>« clul," nennen zu dürfen. Man riß ihm die Sporen ab und erklärte ihn für unfähig, in England oder in Frankreich an einem Wettlaufe Antheil zu nehmen. Sein Herr, der für den Diener verantwortlich ist, mußte die gewonnene Summe zurückbczahlcn und noch außerdem der Gesellschaft ein Diner geben. Ein Lcnchtthurm von Eisen. Wenn man bedenkt, wie viel Eisen unsere Zeit verbraucht, wie alle Straßen mit Eisenschiencn belegt werden, wie ungeheuer die Anzahl der Dampfmaschinen aller Art steigt, wie viele Monumente von Gußeisen erstehen, wie man selbst ganze Häuser von Eisen erbaut, so muß man bekennen, daß wir im ehernen Zeitalter leben. In London ist sogar neulich ein Leuchtthurm von ge gossenem Eisen gefertigt worden. Er soll auf dem gefährlichen Felsenriff zu Morant Point auf Jamaika aufgestellt werden. Seine Höhe beträgt 100 Fuß und sein Durchmesser am untern Ende l8i 4 Fuß. Kartoffclbausortschritte. Herr Montain hat der ökonomischen Gesellschaft zu Lyon eine neue Art von Kartoffeln, die er wegen ihrer Kleinheit Bohnenkartoffeln nennt, vorgclegt. Ihr gelbes Fleisch soll von ganz vorzüglichem Geschmack und weit nahrhafter, als die gewöhnliche Kartoffel, die Erbauung aber eben so leicht sein. Ein Miniatnrdampfschiff. Vor Kurzem sahen die Bewohner von Lincoln ein kleines, allerliebstes Dampfschiff in ihrem Hafen auslaufen. Es ist nur 26' lang, L' breit und hat nicht ganz eine Pferdekraft. Als Erfinder dieses Duodczfahrzcuges, welches den Liliputern zu empfehlen ist, wird Herr Baxland in Greenwich genannt. Hinkende Hecrden. In den hohen Weiden bei Bi- gorre sind fast alle Heerden von einer seltsamen Seuche be fallen. Sie beginnt mit einem starken Hinken, so daß es ein eben so komischer, als trauriger Anblick ist, wenn das arme Vieh lahm von den Höhen herniedcrstcigt. Badender Adel. Ein Correspondcnt aus Warmbrunn im „Kometen" führt folgendes witzige Verslcin an, um zu bezeichnen, wie nothwendig im Badeorte die Anwesenheit des Adels sei. Ein Badeort ohne Adel, Ist wie der Zwirn ohne Nadel, Wie die Nadel ohne Zwirn, Wie ein Kopf ohne Hirn, Wie die Suppe ohne Salz, Wie ein Schwan ohne Hals. Lücken in der Musikwclt. Kaum ist der angenehme Liedcrcomponist Curschmann, dessen „Bächlein, laß dein