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Beiblatt zur Eilpost für Moden. ^33 Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. 1841. Neuestes Bulletin der Mode». Paris, den 29. Jul! 1841. Die Berühmtheit der Corsets von der Erfindung der Ma dame Iosselin, rus <ls ln ?nix Nr. 13, ist zwar so ent schieden, daß man nicht mehr nöthig hat, dieselben zu empfeh len ; dennoch ist es gut, von Zeit zu Zeit wieder aus sie zurück zukommen, damit sie sich immer allgemeiner verbreiten und endlich ausschließlich von den Damen angenommen werden. Der ingeniöse Mechanismus dieser Corsets, so wie ihr höchst vor- theilhafter Schnitt gewähren nicht allein die anmuthigste Taille von der Welt, .sondern thun auch dem Körper nicht den ge ringsten Zwang an. Ist das Eine schon von größter Wichtig keit — ohne zierliche Taille kann nun einmal heut zu Lage kein weibliches Geschöpf, das auf Eleganz Anspruch macht, mehr eristiren — so ist der andere Vortheil der Josselin-Eorsets ganz unschätzbar. Das allzuftstc Einschnüren hat unserer weib lichen Generation bereits so furchtbar geschadet, daß mir manch mal bei dem Gedanken an die Zukunft bange geworden ist. In den Jahren der Entwickelung werden die jungen Mädchen mit Schnürleibchen gemartert, welche ihren Wuchs hemmen, ihre Erstarkung verhindern, die Freiheit der edelsten Organe beschränken — ihre Blüthe vernichten. Mit kaum fünfzehn Jahren sangen sie zu kränkeln an, werden bleich und miß- muthig. Die herbeigerufenen Aerzte kommen gar nicht mehr auf den Gedanken, was an dem Unwohlsein ihrer Patienten schuld sein könnte, und wenn sie die Ursache erkennen und den Rath ertheilen, sich nicht so fest zu schnüren, so gehorcht man ihnen nicht. Dazu kommen noch die verderblichen Bälle. Wie manches wespenartig zusammcngeschnürte Mädchen tanzt ganze Nächte hindurch und setzt, oft nur, um nicht unhöflich zu scheinen, keinen einzigen Tanz aus. Wollte man die Schritte zusammcnrcchnen, welche manche Tänzerin auf einem Balle macht, so kämen mehre Meilen Wegs heraus. Mehre Meilen Wegs in Galoppschritt! Zu einer Zeit, wo man schlafen sollte! Ist das nicht Wahnsinn? Der Tanz, der doch gewiß die völlige Freiheit des Gebrauchs der Glieder fordert, in einem engen Schnürleibe ist jcdesfalls eine Kunst, an der Mephisto pheles seine Freude hat. Was sind die Folgen? Schnelles oder langsames Hinwclken. Aber auf noch etwas will ich euch aufmerksam machen, ihr Damen, die ihr euch gern so fest schnürt — nämlich auf euren Beruf als einstige Hausfrauen und Mütter. Die jungen Herren, die eure Jnscctcngestalt be wundern und euch darüber Schmeicheleien sagen, bedenken sich, wenn ihnen die Lust kommt, zu hcirathen, und sagen sich: „Dicß Mädchen ist zwar reizend — ja, höchst reizend als Geliebte, aber wie wird es in der Ehe aussehen? Die Nervenschwäche, die jetzt noch so interessant macht, wird die Holde untauglich machen, dem Hauswesen vorzustehen und der Mann wird nur immer zu fragen haben: Wie geht's heute? Geht es etwas besser? Die Reise in's Bad wird dich wohl Herstellen, u. s. w. Eine Reise in's Bad kostet freilich viel Geld, aber wenn es nur damit abgethan wäre — die liebe Frau kränkelt fort. Nun kommt Familie und mit ihr die Amme! Das -Mnd wird von einer fremden Person aufge säugt — die Mutter ist zu schwach, wie jetzt fast alle Mütter. Nein, Gott behüte mich vor einer solchen Ehe; ich will mich vorsehen und es abwarten!" So ungefähr sprechen Tausende zu sich, die auf Freiers Füßen gehen, meine Damen mit all zuengen Schnürleibcrn! Doch haben Sie keine Angst, durch die Josselin-Eorsets ist dem Uebel abgeholfcn. Bedient euch ihrer und ihr werdet stark und gesund bleiben, ohne daß eure schöne Taille dabei zu leiden hat. Man verzeihe mir die wohlgemeinte Abschweifung, nach welcher ich noch über einige Modegegenstände berichten will. Die Mäntelchen, die Bournouß und vor Allem die Schärpen stehen immer noch in großem Ansehn. Sehr beliebt sind die Mantillen von lilafarbenem Sammet, mit zwei Bouillons und einem ähnlichen Volant garnirt; ferner die Sommerbour- nouß von weißem 6ros äe Haxles, rings herum mit Band besetzt. Ein anderer Bournouß von Tarlatane war mit zwei Reihen Spitzen garnirt. Sehr schön sind die Schärpen von indischem Mousselin, an den Enden mit Spitzen besetzt, ein wenig hoch herauf, und mit einer Taffetasbandbrodüre; oder auch die Schärpen von glacirtem Laffetas mit kleinen Franzcn. Diese geschmackvollen Neuigkeiten findet man am besten bei Madame Pollet, rue Hioüelien Nr. 9). Die Eapots von Seide werden immer häufig getragen; Leclörc macht sie ein wenig weit, sehr lang an den Seiten und ziert sie in der Regel mit Spitze, welche nur die Hälfte der Form be deckt und auf den Kopf durch ein Rosenbouquct befestigt ist. Mitunter trägt man auch kleine gelbe Federn an der Seite. Dicß sei für heute genug. Mein nächstes Bulletin soll hoffent lich mehr Mannigfaltigkeit haben.