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Beiblatt zur Gilpost füe Moden. ^0. Unter Nerantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. ^ l84l. S————— ———- — ------ Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 8. Juli 1841. Unter den verschiedenen Formen der Roben, die wir neuer dings bemerkt haben, hat besonders etwas unsere Aufmerksam keit erregt. Dieß war nämlich ein Corsagc, das Aermel mit kleinen Eoulisscn in der Distanz von zwei oder drei Finger Breite hatte. Wir sahen deren auch -> Ia 6rscc,us, doch scheint es, als ob diese Form mehr eine zufällige war und nicht eine feststehende Mode bilden wird. Etwas ganz Allerliebstes, das dem Latente der Madame Thierry, klonlsvart iHontmartre Nr. 15, Ehre macht, sind die schönen Ucberröcke von doppeltem Foulard mit Passemcnterie geschmückt und mit glatten und offnen Aermeln. Sie lassen den feinen Mousselin sehen, welcher zwischen den Passementcriepcrzicrungen sehr schön hervortritt. Was die Stoffe betrifft, so zieht es im Augenblicke nichts Neues. Immer in Anschn erhalten sich die einfachen und gla- cirten Taffetas, die xerssnsss däness, die gedruckten Fou lards mit Brochirung, die Larlatanes, der Mousselin, die brodirtcn und brochirtcn Organdi's, die leichten Seidcnzeuge u. s. w. Indessen giebt cs eine Art von Stoff, die sich jetzt einer großen Gunst erfreut, welche sie auch verdient: das sind nämlich die fahvnnirten Stoffe, welche die doublirtcn Spitzen nachahmen. Die Modekünstlerinnen verwenden dieses Zeug sehr häufig. Die Hüte und Eapots haben in der letzten Zeit eben so wenig Veränderungen erlitten, als die Roben, doch sind sic wenigstens in den kleinen Details der Wankelmüthigkeit der Mode unterworfen. Die Capricc der Mode, möchl' ich sagen, macht fast täglich einen Zusatz oder eine kleine Abänderung. Am meisten geltend machen sich jetzt die Eapots von weißer Seide ü äouläs rüdes, welche wir bei Madame Lcclsrc, rus äs Itivoli Nr. 10, gesehen haben, und die Hüte ü l'Anz- Iai§e; diese werden mit Rosen oder anderen Blumen verziert. Nicht geringere Beachtung verdienen die Hüte bei Madame Baudrl), rus liidmlieu Nr. 87, welche sich immer durch Neues und Anmuthiges auszeichnet. Vorzüglich schön sind ihre Eapots en Lnßlvterre, geschmückt mit kleinen Maradouts- spitzen, welche von dem wunderbarsten Effect sind. Die Ncis- strohhüte sind mit einer reichen Violette gefüttert, welche an beiden Seiten durch ein Büschel Reseda oder Jasmin und der gleichen befestigt ist. Nächstens werde ich Ihnen einiges Ausführlicheres über die Wäsche mittheilen, dießmal genüge es, zu erwähnen, daß Chapron, rue äs lu xuix Nr. 7, in diesem Genre wahr haft Bewundernswürdiges leistet. Man ist entzückt von den Brodcrien, welche seine Taschentücher bedecken. Auch hat er deren von chinesischem Baumbast, was das Feinste in seiner Art ist, was man sich nur denken kann. Aber freilich kann nicht jede Dame dergleichen Taschentücher besitzen, denn sie sind sehr theuer; von der einen Sorte kostet das Dutzend 700 Franks. Paris, den II. Juli. Von den ersten Tagen des Frühlings an zieht die vornehme Welt von Paris auf das band, und wenn die Klänge der Winterconcerte verhallt sind, beginnt der Gesang der Vögel. Demungeachtet ändert Paris wenig seine Physiognomie; das Geräusch, die allgemeine Bewegung dauert fort; die Ausflucht der vielen Familien macht sich nicht sehr bemerklich, denn wir erhalten Ersatz durch die vielen Fremden vom Ausland und aus der Provinz, welche bei uns eintreffen. Und man muß wissen, die Zeit ist vorbei, wo man über die Leute aus der Provinz lächelte. Sie stehen den eingeborncn Parisern gleich. Sie be suchen, wie diese, die Modemagazine und kleiden sich geschmack voll; man sieht sie bei Madame Popelin, ru« Vivisnns Nr. 4l, die neuesten Shawls, Schärpen u. s. w. kaufen; das Haus Gagelin, rus kidieiieu Nr. 93, eröffnet für sie seine Fächer, in welchen die schönsten Eachemirs liegen. Seit die Eisenbahnen existiren, ist Paris überall in Frankreich; die Provinzialstädte reichen der Hauptstadt die Hand und können sich ihre Schwestern nennen. Auch sind die Fremden bei uns in der Regel nicht mehr fremd. In Gesellschaften trifft man auch Damen aus der Provinz, die sich durch ihre Kleidung auszeichncn. Urtheilen Sie selbst. Neulich sah ich eine, die einen ganz superben Kopsputz harte; ohne das schöne Haar zu verbergen, vermischte er es auf höchst anmuthige Weise mit englischen Spitzen mit gothischen Dessins, zu denen sich blaue Röschen gesellten. Dazu trug die Dame eine Robe von Mouffe- lin und ein Mäntelchen von gleichem Stoffe und mit blauer Seide gefüttert. Die jüngste der schönen Fremden hatte eine Rohe von grauer und rosa glacirter Seide, einen allerliebsten Cannezout und einen geschmackvollen Strohhut, bei dem man die kunstfertige Hand der Madame Popelin erkannte. Die letztere steht ganz besonders in Gunst bei fremden Damen, welche die Tournüre der Pariserinnen sich aneignen wolle». Bewundern muß man die Schnelligkeit, mit der unsere Mode künstlerinnen die Toilettengegcnständc Herstellen. Madame Land rin z. B. ließ neulich zwei Roben von weißem Pekin, mit englischer Spitze garnirt, welche noch an demselben Tage getragen werden sollten, in drei Stunden anfertigen.