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306 hat immer noch breite Schöße und beliebig eine oder zwei Reihen Knöpfe. Was die Stoffe für die Pantalons betrifft, so kommen alle Tage welche mit neuen Mustern zum Vor schein; aber Stoff und Muster sind nicht zu beschreiben, man muß sie sehen. Eben so ist es mit den mannigfaltigen Sei denzeugen und Cachemires der Gilets. Markt des Lebens. Rudolph Hirsch hat bei Bösenberg in Leipzig einen Band Balladen herausgegcbcn, die man jedem Freund der Poesie empfehlen muß. Wir wünschten, der Raum gestaltete uns, einige Gedichte aus dem höchst elegant ausgestatteten Buche unfern Leserinnen mitzuthcilen, müssen uns aber begnü gen, auf die vorzüglichsten Balladen hinzuweisen. Dahin ge hören: „der Bildner," „die Beichte," „der Kellerhans," „der fromme Bischof," eine rabbinische Legende, „Löwentraum," rin vortreffliches Bild, das wir als Probe hiermit geben: Lm Käfige versperrt und dicht vergittert Ein alter Löwe majestätisch liegt. Vor dessen Zorne schon der Bau erzittert; — Er hat sich an den Boden hingeschmiegt. Fast wie ein Bild, aus purem Gold gegossen. Das lebenswahr des Bildners Hirn entkeimt: So ruht der Lowe, stumm, in sich verschlossen; — Der König schläft, von seiner Heimath träumt. Ihm träumt, wie einst auf seinen Wanderzügen An ihn gewagt sich eine Riesenhyder, Die er zertrat mit längst gewöhnten Siegen — Und kampfeslüstern zucken ihm die Glieder. Lbm träumt, wie von dem Weib und seinen Jungen Ihn listig rissen einst Europa's Söhne, Und ihm das Joch des Sklaven aufgezwungen — Und wild im Schlafe schüttelt er die Mähne. Ihm träumt, er wär' daheim im Wüstensand« Bei seinen Brüdern in des Urwalds Stille, Und wieder frei, ganz frei von jedem Bande — Da wacht er auf mit rasendem Gebrülle. Und „Freiheit! Freiheit!" brüllt mit Jüngliygsmuthe Der greise Löwe durch der Hütte Räume, . Bi^ihm der Wärter mit der Eisenknute Verscheucht die bösen, fleberischen Träume. Auch als Licdercomponist hat sich Rudolph Hirsch bereits einen Namen gemacht. Des neueste Heft von ihm wird Lieder von Carl Beck enthalten. Die Französinnen. Man hat cs in Paris den Damen von Lyon sehr übel genommen, daß sie ihr UpLlück so leicht vergessen haben und nach wie vor sich demMerstreuungen überlassen. Folgendes Epigramm ist jüngsten öffentlichen Blättern erschienen, das die armen Frauen sehr hart geißelt: ,,Hn'«s» il cks plus läxer qilk! I» plums legsru? l-s poussiere. lllais apres la poussiere? — ^I>, r es« le vent. — kll> dien, ^pres Is vent? — Ha semme! — alrpres la temniv? — Nie»." Zur Entschuldigung der Damen sagt ein Journalist bei dieser Gelegenheit: „Von der Nichtigkeit und Erbärmlichkeit der „Lions" spricht man weniger, und doch ist diese weit un natürlicher und unerträglicher, als die heitere Vergnügungs und Putzlust der jungen Damen." Er hat Recht; wer unter den französischen Stutzern noch Anstand, Galanterie, Feinheit und chevalereskcs Benehmen den Damen gegenüber zu finden glaubt, irrt gewaltig. Grobheit und Ungeschlachtheit sind jetzt an der Tagesordnung. Bischof Togn^r, der schwedische Dichter, der das Un glück hatte, geisteskrank zu werden, reiste vor Kurzem, aus der Schleswig» Irrenanstalt zurückkehrend, völlig genesen durch Hamburg über Stralsund nach Schweden. Ihn be gleitete sein Sohn, der schwedischer Offizier ist. Ernst von Schiller, der jüngere Sohn des Dichters, ist kürzlich zu Vilich am Rhein gestorben. Er war preußi scher Appellationsgerichtsrath. Adolf Böttgkv's Ucbersetzung des Lord Bnron er scheint in einer neuen Ausgabe, 12 Bände Taschenformat, mit Stahlstichen. Mcyerbeer und Aug. Will). Schlegel reisten in diesen Lagen durch Leipzig, ohne sich daselbst aufzuhalten. Glasbrenner und dessen Gattin Mad. Peroni - Glasbrcnncr gastiren jetzt hier. Beefsteaks von Pferdefleisch. Man hat cs in der Zeitung lesen können, wie vor Kurzem 4000 Pfund Pferde fleisch, welche in Paris als Rindfleisch cingcführt werden soll ten, von der Polizei aufgegriffen worden sind, und daß diese sich gcnöthigt gesehen hat, eine Untersuchung an den geringcrn Restaurationen und Garküäicn anzustellcn, wo leider diese Nahrung unter andcrm Namen den Speisenden nicht selten vorgesetzt wird. Es ist schon lange her, daß in den Kneipen um Paris herum, in welchen das Volk sich am Sonntage gütlich thut, Beefsteaks von Pferdefleisch servirt werden. Launiger Anekdoten - Bazar. — — Ein Ländchcn seufzte unter der Last schwerer Abgaben. 'Ein fast ganz verarmter Bauer hatte den Muth, den Souve rain auf der Jagd in den Weg zu treten. „Ew. Durchlaucht," sprach er, „Ihr Fürstcnthum stellt das umgekehrte Leben Christi dar!" —„Wie das?" fragte der Fürst verwundert.— „Ei nun," crwiederte der Bauer, „im Leiden Christi stirbt Einer für Alle, in Ihrem Lande aber sterben wir Alle für Einen." — Ein englischer Banquier, Namens Sair, ward angcklagt, daß er die Absicht gehabt habe, sich des Königs Georg IN. zu bemächtigen, und ihn nach Philadelphia zu schaffen. Vor die Schranken des Gerichts gestellt, entgcgnete er: „Die Be schuldigung, meine Herren, ist in der That sehr lächerlich; ich weiß wohl, wozu ein König einen Banquier gebrauchen kann, aber ich weiß wahrlich nicht, was ein Banquier mit einem Könige anfangcn sollte."