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204 nennen. Jedenfalls benutzt sie ihre» Aufenthalt zu neuen Schöpfungen in dem Gebiete der Mode. Das Haus Fau- connier ist gleichfalls nicht weniger in London als in Paris bekannt durch seine herrlichen Kunstblumen und durch seine Federn, welche man nirgends in der Welt besser bekommt, als in demselben (London, bleer Louncl-Street, Nr. 43, und Paris, rus 8t. klonore, Nr. 334). Das Ansehen, welches jetzt die Schärpen von Cachemir haben, erinnert uns an das ausgezeichnete Talent, mit wel chem Mad. Frich, ru« <Ie la Nr. 7, die ältesten, ge tragensten Cachemirs zu benutzen verstehen, um davon Schär pen in dem modernsten und elegantesten Geschmack zu fertigen. Die Bordüren, die Palmen, die Muster, wie sie auch sein, gestalten sich unter ihre Hand zu den schönsten Schärpen, de nen man durchaus nicht das Alter ihres Stoffes ansieht. Noch ein Wort holen wir zum Schluß über die Hüte nach. Die Strohhüte sind immer noch am meisten getragen, aber, wie wir schon früher einmal bemerkt, die Verzierungen sind kostbarer geworden, weil sonst die Mode gemein geworden wäre. Freilich ist dabei die anmuthige Einfachheit zu Grunde gegangen. Am häufigsten schmückt man die Hüte mit gewun denen und auf die Schulter herabsallenden Federn. In eini gen Salons haben wir auch Hüte gesehen, die mit Tüll aus- geputzt und mit einer Guirlandc von Sammctblättcrn ge schmückt waren. Die Ränder der Hüte sind im Allgemeinen nicht zu groß und lassen das Gesicht ziemlich frei. Markt des Lebens. Der Pariser Jokeyklub und die Stccple-chase's. Die Tagesblätter haben viel von den neulichen Wettrennen in Chantilly gesprochen, bei denen auch der Herzog von Orleans, oder vielmehr dessen Pferd, einen Preis gewonnen. Bei den Franzosen ist die Sitte, dergleichen Rennen zu veranstalten, noch ziemlich neu, und es möchte daher unfern Lesern nicht uninteressant sein, etwas Näheres darüber zu erfahren. Es gibt bereits hier, berichtet ein Eorrespondent aus Paris, seit einigen Jahren einen Jokeyklub, welcher die englischen Jokey- klubs nachäfft, wie die Engländer ihrerseits französische An stalten nachäffcn. Denn trotz der beide Nationen beseelenden Eifersucht haben sie doch immer die Augen auf einander ge richtet und ahmen nach, was bei der Nebenbuhlerin Sitte oder Brauch wird. Somit ist denn auch die englische Pfcrde- sucht von einigen Thoren in Paris auf's äußerste getrieben worden, und bereits hat man einige Male versucht, die hals- brechenden Stccplc-chase's (die sogenannten Jagden nach dem Glockcnthurme, für welche die Franzosen noch keinen Aus druck haben), hier einzuführcn. Vor Kurzem wurde abermals ein Versuch gemacht. Da die sämmtliche elegante Welt davon in Kenntniß gesetzt worden war, so fuhren am bestimmten Tage eine Menge Equipagen auf das Feld, wo der Lauf be ginnen sollte. Der Reiter war ebenfalls eine große Menge und der Fußgänger eine noch größere. Der Gewerbsieiß ver- » steht eS auch, sich dergleichen Ereignisse zu Nutze zu machen, und in der Eile hatten einige Industrielle Plätze für die Da men zu fünf Francs eingerichtet; auch waren allerlei Lebens mittel feil. Da nach der Vorschrift zu einer Stceple-chase ein Grund erfordert wird, auf welchem man Gefahr läuft, auf mehr als eine Art den Hals zu brechen, so hatte man die süd liche Gegend ausgesucht, wo ein Bach und sumpfige Wiesen vorhanden sind. In England sucht man auch Hecken auf; da mit ist aber die Umgegend von Paris nicht reichlich versehen. Desto mehr Gefahr aber bot der Bievrebach mit seinen mora stigen, abschüssigen Ufern dar. Die drei Reiter waren daher auch nicht sehr weit gekommen, als sie alle drei mit ihren Pferden im Wasser lagen, der eine unter, der andere über seinem Pferde. Dies war ein Ächt englischer Jncidenzpunkt des Spiels, und der wichtigste Moment desselben. Das ins Wasser fallen ist in den Statuten der Steeple-chasc als etwas dazu gehörendes vorhergcsehcn, und cs ist verordnet, daß Niemand dem Hincingcfallcnen zu Hülfe kommen darf, wo fern dieser noch Anspruch auf seinen Antheil am Wettlaufe haben will. Bekannt ist die Anekdote von einem Wettrenner, welcher bei einem solchen Falle in Gefahr war. zu ertrinken, und dem ein mitleidiger Fremder zu Hülfe eilte. „Bei Leibe nicht!" riefen alle Engländer; „es sind ja beträchtliche Wet ten im Spiele." Die Pariser sind aber noch nicht völlig englisirt. Sie eilten daher gutherzig einem der Wettrenner zu Hülfe, welcher vom Sturze betäubt wie todt dalag, und richteten erst das Pferd wieder auf, und setzten dann den noch halb leblosen Reiter wieder in den Sattel, worauf beide da von trabten, so gut cs gehen wollte. Ein zweiter Reiter war aber vom Geiste der Steeplc-chase völlig durchdrungen; denn als ein Bedienter ihm wieder aufhelscn wollte, gab er ihm aus Dankbarkeit einen Peitschenhieb, oder drohte ihm wenig stens damit, um ihn abzuhaltcn. Nach und nach hatten sich Pferde und Reiter wieder aus dem Schlamme gezogen und ihre vorige rcspcctive Stellung eingenommen. Die Jagd, oder eigentlich das Wettrennen wurde wieder fortgesetzt, und der Mann, dem man so gutmüthig wieder in den Sattel gehoben hatte, da er halb todt schien, hatte sich im Galopiren so gut erholt, daß er zuerst ans Ziel gelangte. Der, welcher das zu Hülfe eilen eines mitleidigen Bedienten mit der Peitsche be lohnt, kam erst nach ihm an's Ziel. Was aus dem dritten geworden, habe ich nicht erfahren können; wahrscheinlich hatte der Sturz in's Wasser seinen Muth abgckühlt. Die Richter wagten nicht zu entscheiden, wer von den beiden ersten den Preis gewonnen habe; denn, sagten sie, der zuerst anlangcndc hat die Regel der Steeplc-chase verletzt. Die Sache wurde an den Jokeyklub verwiesen. Dieser entschied am folgenden Tage in einer allgemeinen Versammlung, daß demjenigen, der zuerst angclangt sei, der Preis gebühre. Dieses Urthcil ist in einigen Tageblättern angefochten worden, aber mit einer Ehrfurcht, als ob es ein Urtheil des Criminalhofcs oder des Caffationsgcrichts beträfe. Wahrscheinlich fürchte» die Jour nalisten Händel zu bekommen, da beträchtliche Wetten im Spiel gewesen sein mögen. Luise Mühlbach, die Gattin Theodor Mundt's, hat ein neues Buch geschrieben, welches unter dem Titel: „Bunte