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246 neben einander herrschen. Auch sieht man viele granatgrüne oder violette Sammetwcsten mit kleinen Knöpfen. Die weiten Pantalons sind entschieden die zahlreichsten. Sie schließen eng an den Stiefel an. Doch sieht man auch weniger weite. Um aufrichtig zu sein, so müssen wir ge stehen, daß viel Willkür bei den Männermoden herrscht. Jeder darf auf seine eigene Art elegant sein. Feuilleton. Mitgcfangcn, mitgrhangen. Dieses bekannte Sprich wort hat in folgender Begebenheit seine Entstehung. Bei einem Wirth in Bielefeld in der Grafschaft Lutterbach (im westphälischen Regierungsbezirk Minden) lagen zur Kriegszeit vier Soldaten in Quartier, welche des Nachts auf Raub ausgingen. Als sie sahen, daß dieß der Wirth gemerkt, be redeten sie ihn, ihnen künftig als Schildwache zu dienen, dafür sollte er den fünften Theil der Beute bekommen. „Die Sache läßt sich hören," sagte der verschmitzte Wirth. „Mit- gchn will ich, aber daß ich etwas angriffe, was nicht mein ist'! Da sei Gott vor! Was ihr mir schenkt, das nehm' ich an; aber gestohlen haben will ich nichts." Des Nachts ward die feine Gesellschaft einmal eingezogcn und festgesetzt und sollte gehangen werden. Der Wirth aber wollte sich losrcden und sagte: „Ich bin ja gar nicht mitgcgangen, um zu stehlen, sondern blos, um — um — mitzugehen!" Die Richter lächelten und schwiegen. Als aber der Tag gekommen war, an dem die vier Soldaten gehenkt werden sollten, da ging der Frohn, auch den Wirth aus dem Thurmc zu holen.' „Was ist mein Schicksals" rief dieser ihm erwartungsvoll entgegen. „Mitgegangcn, mitgcfangen, mitgchangen!" er widerte der Frohn achselzuckcnd, und seit dieser Zeit lebt dieses Sprichwort in Aller Munde. Neue Opern, welche — zunächst in Paris — zu er- warten'stehen, sind: der Maltheserritter von Halevy und St. Georges, und Meyerbeer's schon oft besprochener Pro phet, der nun endlich einstudirt wird. Ei» Krokodilei. Vor Kurzem ward aus Afrika ein Krokodile! nach Lyon gebracht und dem dortigen naturhisto rischen Kabinet geschenkt. Der Präsident, Herr Jourdan, machte einen Versuch, das Ei durch Wärme ausbrüten zu lassen, uud dieser Versuch ist vortrefflich gelungen. Ein leben diges Krokodil ist ausgekrochen, und befindet sich bis jetzt sehr wohl. Man hofft, cs am Leben zu erhalten. Der Herzog von Orleans hat neulich den Dichter Victor Hugo besucht und ihn gebeten, einen Hymnus zur Feier der Taufe des Grafen von Paris zu schreiben. Victor Hugo hat sich willig finden lassen. Die Taufe findet am ersten Mai Statt. Ein segelnder Wagen. Neulich bemerkte man auf dem Wege von Rcgcnsburg bis Augsburg einen Wagen, der ohne Dampf und Pferde mit ausgespannten Segeln fuhr. Fünf Personen saßen darauf. Der sonderbare Wagen war eine Art von Draisine, die durch eine verborgene mechanische Vorrichtung getrieben wurde und sich der Segel bei gutem Winde als Beihülfe bediente. Deutsche Musik in Frankreich. Daß diese daselbst außerordentlich beliebt ist, haben wir schon einmal diesen Blättern bemerkt. Vor Kurzem behauptete die Augsb. Allgcm. Zeitung, die deutsche Musik werde bei den Franzosen das Ver ständnis deutschen Lebens überhaupt vermitteln; ein französi scher Dichter habe gestanden, daß ihm durch Meyerbcer's Musik die Pforten der Goethe'schen Poesie erschlossen worden seien. Schiller und der schottische Dichter Bnrns waren in einem Jahre geboren, keiner von beiden hatte aber jemals des andern Namen vernommen. „Sie glänzten," sagt Ear- lyle in einem Schreiben an Goethe, „als Sterne in entgegen gesetzten Hemisphären, oder, wenn man will, eine trübe Erd atmosphäre sing ihr gegenseitiges Licht auf." Lockhart lieferte eine interessante Biographie des Pflügers von Ayrshire. (Siehe Goethe's Werke, Bd. 46. S. 245.) Ei» seltsames Paar. In Schleswig lebt eine Frau, die Hebamme ist und zugleich eine Zeitschrift redigirt. Ihre Theaterkritiken sollen sehr scharf sein, obgleich ihr Mann Schauspieler ist. Nebenher treibt er das Goldarbeitergeschäft. Löwenbändiger. In neuerer Zeit ist man viel erstaunt gewesen über die Thierbändiger Van Ambourgh, Aken, Mar tin u. A. und doch ist ihre Kunst nicht so neu, als man glau ben sollte. So wird im Jahre >688 aus Breslau geschrieben: „Im August dieses Jahres kam ein fremder Mann anhero, der brachte mit sich einen lebendigen Löwen, ein Tigerthier, den Vogel Seydon, der einen Rüffel hatte wie ein Schwein, einen kleinen und großen Affen. Die Person gab zwei Sgr., wer diese Thierc sehen wollte. Ein Kerle steckte seinen Kopf in des Löwen aufgesperrten Rachen und der Löwe that ihm nichts." Die deutsche Oper in London macht schlechte Ge schäfte. Nur die ersten Vorstellungen waren besucht. Englische Blätter sagen, es sei eine Entweihung des alten klassischen Drulylane-Theaters, daß darin eine fremde Operngesellschaft Vorstellungen gebe. Wohl wahr! Wenn die nächsten Wochen keine bessere Ausbeute geben, so muß der Director Herr Schu mann nach dem Vaterlande zurückkehren und Mad. Schröder- Devrient reist nicht nach London. Auch gut. Todesfall. Vor wenigen Tagen starb der bairische Mi nister und Dichter Eduard von Schenk, der Verfasser des Bclisar, 52 Jahre alt. Sein neuestes Trauerspiel, das mit Beifall vor Kurzem in München gegeben wurde, ist „Adolph von Nassau", seine letzte Dichtung eine Todtenfeier zu Eßlair's Andenken. Berichtigung. Neulich.erzählten wir in diesen Blättern, der bekannte Prof. Lichtenberg habe auf die Frage, weshalb die Degcnscheidcn der Professoren weiß seien, geantwortet: „Zum Zeichen der Unschuld." Die Originalität dieses Bonmots