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Beiblatt znv Gilpost für Moden. ^ 26. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. 2841. Neuestes Bulletin der Moden. Paris, den 29. April 1841. Man kommt jetzt in Verlegenheit, wenn man über die neueste Mode sprechen soll, denn man spricht dann von Etwas, was entweder nicht mehr, oder erst im Werden ist. Die Früh lingsmode hat noch nichts Positives, sie ist schwankend und launisch, nicht allein wegen der Künstler und Künstlerinnen, die sie vertreten, sondern auch wegen der Unbeständigkeit des Wetters, das sie bedingt. Hier sieht man Damen in wohl- gefütterten Pclisscn, während andere Strohhüte tragen. Ei» schöner Tag ruft die leichten Coiffuren an's Licht, ein rauher vertreibt sie wieder. Allem Anschein nach werden die Moden dieser Saison eben so schön und anmuthig, als — das wollen wir unseren Leserinnen nicht verbergen — reich und kost spielig sein. Der Luxus in der Pracht ist wieder im Steigen begriffen; die Zeit scheint aufhören zu wollen, wo man die Kammcrjungfcr nicht von ihrer Gebieterin unterscheiden konnte. Die wohlhabenden und angesehenen Leute sind jetzt gezwungen, Aufwand zu machen. Sprechen wir zuerst von den Stoffen. Die glacirten Seidenzeuge sind am beliebtesten; die widersprechendsten glacirten Nuancen sind in Harmonie gebracht durch die effect reiche Combination der Changcants. Da erscheinen dem Auge Farben, welche sonst als unvereinbar gegolten hätten. Himmel blau und rosenfarben, grün und gelb, blau und gelb, dun- kclroth und hcllroth sind zu der friedlichsten Einigkeit gebracht, und man musi die Phantasie und die Kunst wahrhaft bewun dern, welche kühn über die Grenze der gewöhnlichen Regeln hinausgcgangcn. Uebrigens sind die Stoffe so, daß sie, je von der einen oder andern Seite gesehen, ganz verschieden er scheinen. Dahin gehören die Taffetas, welche im Strahle der Sonne roth und blau, im Schatten aber violet und schwarz aussehen. So sahen wir vor einigen Tagen einen Llros >1« Kuples, der sich bald dunkelgrün und orangenfarben, bald hellgrün und paille darstellte. Die Organdi's sind ebenfalls herrlich. Die Palette des Malers kann keine schöneren Farben mischen, als welche man an diesen Stoffen bemerkt. Wir empfehlen zum Morgen- oder Mittaganzug besonders die Or gandi's tarlatanne; seien sie nun orange oder goldgelb oder kaffeebraun oder grün oder marguerite oder franz. blau u.s. w. Die Form der Hüte bleibt immer klein, denn sie kleidet am besten. Dabei sind sie einfach, was einer Schönheit einen bcsondcrn Reiz verleiht und einer gewöhnlichen Figur auch convenabel ist. Die Strohhüte sind von der angenehmsten Faoon; bisweilen füttert man sie mit farbigem Crep. Die Blumen, mit welchen man sie schmückt, liegen niedrig und schmiegen sich mehr an den Kopf, als daß sie hcrabfallen. So trägt man z. B. gern eine Guirlande, welche vom Scheitel ausgeht und nur bis an das Ohr reicht. Baudrant ver kauft viele Capotes von poult <!« so!«, rosenfarben oder blau, oben und unten ganz mit Tüll bedeckt. Eine kleine Boilette umfaßt kaum den Rand des Hutes. Diese Capotes ähneln sehr denen von Maurice Beauvais, rno kiickelisu Nr. 93, welche von rosenfarbenem Crep und mit Schleifen und Spitzen geziert sind. Die Ueberwürfe von schwarzen Spitzen «erden wohl für diesen Sommer prädominircn. Das Haus Larchevoque, rn« lle la ?aix Nr. 10, bietet deren in diesem Augenblicke von allerliebster Form. Dasselbe Magazin ist noch außerdem wegen seiner allerliebsten Mützchen zu rühmen, bei welchen die graciöse Anordnung von Band und Spitzen bewundrungs- werrh ist und die von der eleganten Welt schon allgemein in Schutz genommen werden. Rühmlich hervorzuhebcn sind auch die kleinen Fichus renaissnnoe von Spitzen; sie sind über und über mit kleinen rosenfarbencn Bandrollen umgeben, welche das Ansehn von Blumcnguirlanden haben. In den Magazinen zur „hohen Pforte" sahen wir Taschentücher, auf denen sich Vignetten von Golddruck befanden. Auf dieselbe Weise lassen sich auch Ziffern und Namen hinzufügen. Das Haus Rosset ist jetzt sehr von Käufern belagert, seitdem dort außer den indischen Cachemirs auch welche aus französischen Fabriken zu bekommen sind. Die Phantasie- Shawle verlieren jedoch nicht an Beliebtheit ungeachtet der schönen Cachemirs, und Madame Polet hat davon die ele gantesten Exemplare aufzuweisen. Die von goult -I« so!« glnve« mit Seidenstickerei, sind besonders schön wegen ihrer reichen Muster. Ebenfalls charmant nehmen sich aus die blauen oder rosenfarbencn, mit weiß glacirt; sic sind eben falls mit Seide gestickt. Männcrmoden. Die Palctotröckc werden noch immer getragen. Die dunklen Farben weichen nach und nach den Hellern. Der Sommcrpalctot nähert sich in seiner Form mehr, als jemals, dem Ucberrock, besonders vorn. Der Kragen ist niedrig. Die Fracks bekommen immer breitere Schöße. Die Far ben sind dunkel, meist bronzc, schwarz und grün. Was die Gilets betrifft, so streiten sich Helle kleingcmu- sterte Seidenzcuge mit den Cachcmires, ohne diese verdrängen zu können. Die beiden Nebenbuhler werden wohl friedlich