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236 sollten immer Priesterinncn des Anstandes und des Schönen im Leben sein, das ja so viel Unschönes, Ungehöriges und Rohes in sich faßt. Der heil. Hieronymus, ein besserer Wei berkenner, als man von einem Kirchenvater erwarten sollte, sagt: „Wir wissen, daß sich gar viele Weiber von ausge zeichneter Sittsamkeit zwar für keinen Mann, aber doch für sich selber zu putzen pflegen." Uebrigens sollten wir Männer dem schönen Geschlechts, eben weil es ein solches ist oder sein soll, selbst falsche Locken, Zähne und ähnliche künstliche Er gänzungen und Vergrößerungen nicht zu sehr vorwerfen, wenn wir an uns selbst gedenken. Wir sind eitler, als wir selbst glauben." — Zu dem schönen Schein, von welchem hier die Rede ist, giebt aber wie gesagt, den Damen der Winter weit mehr Mittel an die Hand, als die darauf folgende Saison. Diese zeigt gern Alles in ihrem wahren Lichte. Ein um so größerer Triumph über denselben ist es für die Frauen, wenn sic uns dennoch auf angenehme Weise zu täuschen wissen. Die meisten erringen jedoch diesen Triumph nicht ganz. Eine Dame, die sich z. B. im Frühjahre sehr bunt kleidet, versteht ihren Bortheil wenig. In der Zeit, wo die Natur sich mit lebhaften Farben schmückt, müssen die Damen vielmehr, wenn sie gefallen wollen, daraus sehen, so einfach wie möglich zu erscheinen. Dunkle Farben sind da von der größten Wirkung; dazu kann sich, mäßig gebraucht, das Blaßblau und das frische Grün gesellen. Gefährlich sind rosensarbene Stoffe; der Frühlingsteint der Damen ist nicht geeignet, durch rosen- rothe Toilette gehoben zu werden. Herrliche Dienste leisten die Schleier, sie sind den Frauen eine Zierde, wie das junge Grün der weißen Birken. Vorsichtig muß aber vor Allem auch die Coiffüre geordnet werden. Gescheiteltes Haar im Frühling zu tragen, ist nicht zu rathen; im Gegentheil sind diejenigen Damen klug, welche die Locken so lang und voll als möglich zu beiden Seiten des Gesichts hcrabhängcn lassen. Das scheint den Glanz der Augen und die Frische der Wangen zu erhöhen. Seid vorsichtig, ihr Schönen — jetzt, da die Natur eure rei zende Nebenbuhlerin ist, zeigt, daß ihr größere Macht habt, als-sie. Ihr habt sie, wenn ihr wollt, und diese flüchtigen Andeutungen sollt ihr dankbar dahinnehmcn, dann sie sind zu cuerm eignen — wenn auch zugleich zu unserm, der Männer — Wortheil gesprochen. Stam mbnchblätter. Zwei Himmelskräfte sind der Menschheit mitgcgcben; der Muth, um sich ein freies Erdcndascin zu gründen, und der Glaube, um cs in die Unendlichkeit zu erweitern. Nach Freiheit strebe der Mann, das Weib nach Sitte. Ein edles Herz wird durch Unglück und Schmerzen ver edelt und geläutert; mehr noch durch das Glück. Und was kann uns ein höheres Glück bieten, als die Liebe? Nichts schadet der Freundschaft so sehr, als Sentimenta lität. Das Leben greift uns keck und oft hart an, der Geist des Lebens ist ein freimüthiger d. h. wahrer. So sollen wir auch gegen Freunde sein — wahr und freimüthig. Eines feurigen Jünglings Liebe ist wie der Blitz, freilich auch sein Herz oft wie die Wolke. Die Liebe der Frau ist Sonnenaufgang. Erst einzelne leuchtende Strahlen (den kühlen Thau wcgzutrinken, sind sie noch zu schwach), dann mehr und mehr, bis endlich die ganze Glanzscheibe erwärmend aufsteigt. Der Augenblick der Gefahr wird oft der Augenblick der herzlichsten Zuneigung und Liebe. Die lebhafte Aufregung unseres Innern läßt uns der gewohnten Vorsicht vergessen und verräth die tief verborgenen Empfindungen, die uns un sere Klugheit in ruhigern Augenblicken verbergen, wo nicht völlig unterdrücken läßt. Einen Zufall anzunehmen, heißt: die Weltordnung der Willkühr beschuldigen; nur Kinder fragen nicht nach der Ursache, wenn sie eine Wirkung sehen. Erklärung der Modeukupfer. 1. Reisstrohhut mit bunten Federn geschmückt und Blume» unter dem Schirm. Robe von Mouffelin mit halboffener Taille, engen Aermeln, oben mit Epaulcttes besetzt; um die Taille schlingt sich ein seidenes Band, welches vorn gebunden und in langen Ende« herabhängt, der Rock ist mit einer Menge vvn Stüfche» benähet. 2. Italienischer Hut mit einem Blumenkranz ausgeputzt. Ueber- rock von Cachemir mit türkischem Muster, SchnePpentaille und vor» herunter mit Rosetten besetzt, Aermel ganz glatt eingenähet, oben eng und nach unten zu weit und offen, zu welchen weiße Moll ärmel gehören. Echarpe von Seide mit langen Franzen besetzt, 3. Spitzenhäubchen (gleich den Fächern gearbeitet) mit Band buffen ausgeputzt. Robe von changirtem Zeug mit breiten Lagen besetzt; sie sind weit und in drei Buffen gezogen. Canezou mit Einsatz und Atlasschleifen. 4. Herrenanzug. Rock von dunkler Farbe mit einer Reihe Knöpfe. Cravake dunkel. Beinkleider hell. Ertra-Kupfer Nr. 7. (10.) t. Herrenanzug. Rock und Beinkleider von lichter Farbe. Weste gemustert. Cravate dunkel. . Erepphut gezogen und mit einem Blumenbouquet geschmückt. Mouffelinrobe mit zwei Volants besetzt (sehr hoch), Blousentaille und weite Aermel. Echarpe von Spitze und farbig unterlegt. 3. Italienischer Strohhut mit Blumen verziert. Robe groß gemustert und mit zwei sehr breiten Lagen besetzt. Taille glatt und Aermel eng anliegend. 4. Seidener Hut mit herabhängender Feder. Bournouß von Mouffelin, gestickt, farbig unterlegt und mit Capuchon und Vo lants geziert. Druck von C. P. Melzer in Leipzig.