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210 sie allemal zum Angriff die Vorderfüße und nur im Fall der Noth und Vertheidigung auch jene. Ja, wie gesagt, selbst ihre Zähne lassen sie sich nicht ungenutzt gegeben sein, und es ist ungewiß, ob der tausendzähnige Drache von Rhodus hitziger auf die Rinder herabschoß, als ein Tabunenhengst es auf ei nen Wolf zu thun pflegt. Zuweilen versetzt er ihm mit den Vorderfüßen sogleich den erstell und letzten Schlag, zuweilen betäubt er ihn nur, packt ihn alsdann ohne Umstände mit den Zähnen in den Nacken und schleudert ihn durch's Gras den Stuten zu, die ihm dann den Pelz so gerben, daß auch nicht ein mikroskopisches Stäubchen darin bleibt. Daher muß sich der Wolf immer darauf beschränken, etwa einmal ein verirrtes Füllen heimlich zu stehlen. Sobald er von den Pferden be merkt wird, ist er ohne Rettung verloren, denn sie verfolgen und tödten ihn unvermeidlich. Scheinbar langes Leben. Einige bessarabische Städte haben dann und wann das Privilegium erhalten, jeden ohne Paß Anlangenden in die Gemeinde ihrer Bürger aufzunehmen. Man sieht daher eine Menge von Leuten, die sich aus diese Weise aus Vagabunden in ehrliche Bürger verwandelt haben. Hieraus erklärt sich auch die außerordentliche Zunahme der Einwohnerschaft der bcssarabischen Städte, und eben so auch die sehr interessante Erscheinung, daß an mehren sehr stark bevölkerten Ortschaften Bcssarabiens schon seit einer geraumen Reihe von Jahren kein einziger Mensch gestorben ist. Es könnte dicß einem Statistiker, der die Verhältnisse des Landes nicht kennt, viel zu vermuthen und zu denken geben über die außerordentliche Zähigkeit der Lebenskraft, über die Gesundheit des Klima's und über die erstaunliche Größe der mittleren Lebensdauer. Doch erklärt sich die ganze Sache sehr einfach aus einer kleinen Finesse, deren sich die Stadtobrigkeiten be dienen, um ihre Bürger wachsen zu machen. Meldet sich näm lich ein Entlaufener und bittet darum, als „Meschtschanin" (Bürger) bei der Stadt eingeschrieben zu werden, so sagen sic: „Nein, lieber Freund, das geht nicht! Du hast ja keinen Paß. Doch bleibe einige Zeit hier, wir wollen sehen, ob wir etwas für Dich thun können." Dann warten sie, bis ein Bürger in der Stadt stirbt, und lassen nun den Neuangekom menen wieder vor ihrem rothen Tische erscheinen. Sie fragen ihn: „Wie heißest Du?" — „Iwan - Gritschov." — „Wie alt?" — „25 Jahre." — „Nun, hör', Iwan, hier ist gestern Mitrophan Kalenko in seinem fünfzigsten Jahre gestorben. Wenn Du Bürger werden willst, so mußt Du seinen Namen und sein Alter annehmen, und wir wollen Dich dann in seine Stelle setzen und Dir seine Papiere geben." — Iwan Grit schov geht das mit Freuden ein und nennt sich in Zukunft Mitrophan Kalenko von 50 Jahren. Der Gestorbene wird höhern Ortes gar nicht als gestorben angegeben, lebt vielmehr noch lange nach dieser Metamorphose fort, bis sie ihn dann doch endlich einmal, vielleicht nach einer dritten und vierten Verjüngung in seinem >50sten Jahre sterben lassen müssen. Da darf man sich nun nicht mehr wundern, wenn uns aus Ruß land so oft von uralten Leuten gemeldet wird, die weit über hundert Jahre zählen. Niel Schaum! Im Jahre 1840 haben die Weinberge der Champagne über zwanzig Millionen Litres Wein geliefert, aus welchem Champagner gemacht werden konnte. In Frankreich und im Auslande wird aber jährlich noch zehn mal so viel unächter Champagner verkauft. Auch Grüncberger Moussü (Schattenseite) verfertigt man. Eine überraschende Begegnung. Vor Kurzem wan delte ein Herr aus der Straße von Roanne, etwa einen Flin tenschuß weit von der Postschaise, und rauchte dazu eine Ci garre. Da holt ihn ein Bauer ein, der denselben Weg ging, nähert sich ihm, hält seine schmutzige Pfeife an die Cigarre des Wanderers und sagt zutraulich: „Mit Ihrer Erlaubnis, mein Bürger!" Jener, den schlechten Tabak des Ansprechenden riechend, hält den Odem an sich und sieht wohl ein, daß mit dem Kerl nicht zu spaßen sein möchte, wenn er ihm die erbetene Er laubnis nicht erthcilte. Er läßt ihn also gewähren. „Gehen Sie noch weit?" fragt der Bauer, als seine Pfeife brennt. > „Ziemlich," antwortet jener, „bis Algier, und noch etwas weiter." „Ei, Wetter, Sie gehen nach Algier? Dort Hab' ich einen Sohn. Ja, ja! Ich habe recht lange keine Nachricht von dem armen Jungen erhalten." „Nun, mein Freund, sagt mir seinen Namen und die Nummer des Regiments, in welchem er dient, und ich ver sprich' Euch, ihn aufzusuchcn, ihn von Euch zu erzählen und ihn zu veranlassen, an Euch zu schreiben." Bei diesen Worten nahm er eine elegante, mit Gold aus gelegte Brieftasche aus dem Rocke und schrieb sich die ver langten Notizen gewissenhaft auf. Der gute Bauer war außer sich vor Freude und drückte dem Fremden derb die Hand. „Aber," sagte er dann, „theilcn Sie mir nun auch Ihren Namen mit, mein braver junger Mann! Ich habe darin ein sehr gutes Gedächtniß und werde ihn niemals in meinem Leben vergessen." „Ich heiße von Aumale," war die Antwort, „bin Obrist-Lcutnant und mein Vater ist — König der Franzosen." Man denke sich das Erstaunen des Landmanns! Wirklich war der junge Mann der Herzog von Aumale, der sich nach Toulon begab, um sich dort nach Algier einzuschiffcn. Bienenzucht« Die großartigste ist wohl in den blumigen Steppen des südlichen Rußlands. Sie wird nomadisch betrie ben. Die Bienenväter ziehen umher und stellen, wo sie die würzigsten Blumen finden, die Bienenstöcke in langen Reihen hin, um sic, weiter wandernd, wieder abzubrechen. Oesters führt ein solcher Nomade 1000 Stück mit sich. Der erste Bettler auf der Insel Eie. Dieser ist der Held einer alten Sage, welche Temme in seinen Sagen von Pommern und der Insel Rügen erzählt. Auf der ge nannten Insel nämlich kannte man noch keinen Bettelnden. Da siel cs Einem, als der See von Peenemünde bis zur Insel zugcfrorcn war, ein, über das Eis zu gehen und langte bei den Bewohnern derselben an. Am ersten Hause, an welches er trat, begann er sogleich sein Geschäft. Da führten ihn die guten Leute herein, speisten und beschenkten und bedauerten