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83 Die auch in unsrem Journal gegebenen Formen für Frühlingspaletots sind bis jetzt in Paris und Lon don auch für den Sommer bei allen eleganten Leuten, welche zugleich Anspruch auf guten Geschmack machen, beibehalten und werden nur auZ leichtern, eigentlich sommerlichen Stoffen verfertigt. Dabei mag es denn auch bei uns vor der Hand bleiben, wahrscheinlich wird schon der nächste Monat einiges Neue in dieser Gat tung wieder bringen. Die Figur 28 unsrer heutigen Bildertafel zeigt einen gerade geschnittenen Oberrock, der weit hinauf zugeknöpft werden kann, kurze und weite Schöße hat, die Acrmcl vorzüglich am Handknöchel sehr knapp halt, den niedrigen Kragen mit einer Spitze ziert. Die Pantalons sind chamoisfarbig und über dem Stiefel abgerundet. Das Bild Nr. 29 ist ein eleganter Anzug, ein Oo8tume lwbille. Ein Frack von Heller Granatfarbe, am Untertheil des Revers etwas ausgehühlt, mit brei ten und viereckigen Schößen, daS Revers ein wenig gewölbt und weit, der Kragen niedrig, die Knöpfe von Gold, matt ciselirt. Eine offne Shalweste, weißer Grund mit rothem Zickzack. Pantalons Halbenge, über dem Stiefel gekreuzt. Das Bild Nr. 30 liefert einen Reitanzug. Farbe Milchkaffee, Schöße breit und vorn völlig, Schoßpat ten querliegend; die Schöße gehen bis an das Knie- band hinab; die Borderthcile sind gekreuzt und haben schmale Anglaisen; zwei Reihen Knöpfe von ciselirtem Silber; Kragen niedrig und mit Spitzen. Pantalons himmelblau, knapp über dem Stiefel sich anlegend. Shalweste von weißem Pique. Die Einfassungen an Fräcken und Obcrröcken sind noch immer sehr beliebt, umsonst bemühen sich viele Modekünstler, diese Wörtchen und Schnürchen abzu schaffen, die Mehrzahl der Schneider beharrt dabei, die Mehrzahl der Kunden läßt sich diesen Gebrauch gern gefallen und die Kleidungen selbst genießen an ihren Kanten davon einigen Bortheil, ohne auf irgend eine Weise dadurch entstellt zu werden. Die Patronen 36 und 37 für Frack und Panta lons sind sehr elegant und in der That auch graziös, deshalb cmpfchlenswerth. Der Frack ist für eine gewöhnliche Taille von ver- hältnißmäßigem Bau und gerader Haltung berechnet. 84 Bei Zuschnitt und Zusammensetzung sind folgende Be» merkungen wohl zu beachten: Am Zwickel und in dessen Gegend darf nicht ausgezogen werden, indem das Untertheil vollkommen nach der natürlichen Weite geschnitten ist. L. Will man jedoch um t oder 2 Centimetcr ausziehen, damit er sich in die Hüstenhöhle genau füge, so genügt zu diesem Zweck eine kleine Falte unter dem Arm, welche eben so breit gehalten wird, als man aus» ziehen wollte, bei der Zusammensetzung erst angebracht wird und nach den Armloch hin sich allmählig verliert. Diese Maasrcgel verdirbt auf keine Weise das Aplomb des Vordcrtheils, wovon doch hauptsächlich die Schön» heit jedes Kleidungsstücks abhängt. Alles muß sehr genau zusammengesetzt und dabei nirgends eine Wat» tirung angebracht werden. Der Mangel an Aufmerk samkeit beim Ansatz der Aermel an die Leibtheile ver dirbt oft die besten Schnitte und nöihigt zu unange nehmen Nachbesserungen. Durch diesen falschen An satz findet man oft am Armloch eine Gegend ausge zogen, die andere eben so grundlos eingehalten, woraus für die ganze Haltung des Obertheils, der Taille und der Aermel manche wesentliche Uebclständ« entspringen. Bon der Form der Vordertheile hängt Hauptfach» lich das Gelingen der ganzen Kleidungsstücke ab und die Form derselben ergibt sich hauptsächlich aus einer richtigen und sinnigen Anwendung des Besatzes; da her bitten wir vorzüglich darauf Rücksicht zu nehmen, daß auch der Besatz zu Aufnahme der Zwickel, welche wir vom Halsloch bis unter die Revers schief hinab- gezogen haben, sich vollkommen eignen. Diese Zwickel dienen trefflich zu einer hübschen Wölbung der Brust, indem die Seite am Revers kürzer wird als die ge genüberliegende Seite, diese dadurch sich wölben muß und dem Vordertheil bei diesem Schnitt eine so an- mulhige Form verleiht. Der Rand der Brustthcile kann beim Annähen durch die Anglaisc etwas angehalten werden, dadurch vermeidet man die wagerechtcn Zwickel, welche andern falls angebracht werden müßten, um den Bordertheilcn die nöthige Tournure zu verleihen. Da die Schöße breit genug sind, so haben wir dieselben oben unmerklich so ausgeschweift, chaß sie über den Schenkel hinab eine leichte Wellenlinie bilden. Statt der üblichen 3 Zwickclchen wird etwas Watt« aus den Hüften gute Dienste leisten.