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81 Zuerst meine Ansicht vom Pauperismus, dann Zeichnungen und Patronen zu einer deutschen Tracht, bestehend in einem gewöhnlichen Rocke für Stadt und Land, einem Gesellschaftsrock und einem Staatsrock, wobei ich thcilweise die K. K.sche Idee zum Grunde gelegt habe. *) Ich werde eine genaue Beschreibung der Farben beifügen, damit der Zeichner nicht in Verlegenheit kommt, in etwas gegen die Grundidee zu fehlen. Die Fortsetzung: Bcurtheilung der Körperstellun gen von DuboiS konnte ich, weil ich Blatt Nr. 5 nicht erhalten hatte, nicht weiter folgen lassen, und sie würde jetzt jedenfalls zu spät kommen. Herrn K. K. danke ich bestens für seine Empfeh lung meines Ueberwurfs, auch mit der Abänderung; nur wollte ich noch sagen, daß ich denselben ebenfalls verbessert habe, doch vorn etwas tiefer ausgeschnitten und die Theilung der Theile beibehalten, wodurch dem Faltenwürfe kein Abbruch gethan wird, und man da durch Gelegenheit bekommt, wie ich schon auf dem Bilde angedeutet hatte, denselben auf eine neue origi nelle Art zu verzieren. Pauperismus. Gewiß ein schreckliches, ganz neues Wort und schon so gemein in Zeit- und Flugschriften, daß es schon anekelt. Allein, cs ist Wahrheit, auf Millio nen von blassen Gesichtern kann man sie lesen, diese Wahrheit, und wie dieß ändern? Wer weiß, wie nahe die Zeit ist, daß es gar keinen freien Handwerks oder Mittelstand mehr giebt! In viele Gewerke hat sich der Reichthum schon eingedrängt, um sich die Armen dienstbar zu machen, und selbst unter uns Kleidermachern bricht sich der Reichthum immer mehr Bahn. O! es war eine schöne Zeit, als der junge Mei ster zum Anfänge nichts, als eine Scheere, ein Bie- gcleisen und einen Tisch brauchte, um sich bei einiger Geschicklichkeit cmporzuarbeiten und als wohlhabender Mann mit Haus und Hof sein Geschäft jüngern *1 Diese folgen im nächsten Blatt. Anm. des Redact. ") Die vom Reichthume zu Boden gehaltene Armuth. 8L Nachfolgern zu übergeben. Noch ist sie nicht ganz entwichen diese schöne Zeit; noch gelingt es Manchen, ein gutes Ziel zu erreichen, doch immer nur solchen, die schon Geld haben, nicht wie damals vor 20 und 30 Jahren, als man noch zum Kunden mit Tuchpro- bcn kommen durfte, um danach das Tuch vom Tuch händler zu holen. Wie ganz anders jetzt! Wer nicht gleich zum Anfang ein bedeutendes Capital in Tuch - und Futtervorräthe stecken kann, was unbedingt beim Schneider zur Ansicht vorliegen muß, wenn er nicht gleich ein Lager fertiger Kleidungsstücke hat, der kann bei der Concurrenz mit den Kleider händlern, die es aus bekannten Gründen wohlfeiler liefern können, nur geringen Arbeitslohn erringen, und daher, weil er davon nichts erübrigen kann, auch nie in den Stand kommen, mit größerem Vortbeile zu arbeiten. Sehen wir einmal den Zustand der Schneiderei in Berlin an. Die großen Meister, d. h. solche, welche 10 und mehr Gehülfcn beschäftigen, haben sämmtlich Waaren- vorräthe, wovon wieder die größer» ihre Modearti kel, wie man sie jetzt in Paris und London zu jeder Jahreszeit neu schafft, von Ort und Stelle selbst ho len. Diese allein bekommen ihre Arbeit noch gut be zahlt ; auch der Arbeiter wird so gehalten, daß er Lust behält, ein gutes Stück Arbeit zu verfertigen; doch können es die fleißigsten zu keinem solchen Wochenver dienste mehr bringen, wie ehedem, weil eben die jetzige Schneiderei viel künstlicher ist und daher zuviel Mühe und Arbeit erfordert, theilS deßhalb, weil immer meh rere an einem Stück zusammen arbeiten, um, wie es der Zeitgeist erfordert, schnell aufwarten zu können. Die geringem Meister, die mit 4 und 8 Gehlst- fen arbeiten, sind meist Speculanten, man trifft sie in Bier- und Kaffeehäusern, oder wo sonst Gesellschaft ist, um Geschäfte zu machen. Wehe dem Tuchhänd ler, der sich von diesen überreden läßt, viel Credit zu geben! Denn sie haben nichts und bringen cs auch zu nichts, und fallen früher oder später den Kleiderhänd lern in die Hände, denen sie sich, wie ich einige Bei spiele kenne, förmlich verkaufen. -) '1 Häufig zeigt sich leider diese Erscheinung auch in andern Städten; aber allgemein ist sie doch wohl noch