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17 18 getäuscht, da ich nachher mich gegentheils überzeugte, daß N. N. einigen Gewinn am Stoff selbst, Erspa rung von Quantität Stoffes und Vortheil an dem übrigen Zubehör genießt; auch bestellt er die Liefe rungen in sein Magazin, zum Behufe erforderlicher Afsortirung, nur in solchen Perioden, wo die Schnei der sonst fast gänzlich ohne Arbeit sind, so daß der Speculant den Arbeitslohn auf das Niedrigste hcrab- setzen kann, da bekanntlich der Schneider in solcher Zeit froh ist, auch nur einigen Verdienst irgendwie zu erhalten. Auf vorbczeichuete Art und Weise ist nun der Handelsmann definitiv in den Stand gesetzt, die Arbeitslöhnung so niedrig zn berechnen, daß der Schnei der, welcher nicht zugleich Tuch und Stoffhändlcr ist, kaum bestehen kann, der Handelsmann N. N. aber seine Rechnung dabei findet. Der dießjährigen Aschaf- senburger Zeitung entnahm ich in diesem Bezüge Folgendes: ,,„Wir nehmen die Aufregung gegen die Juden daher, daß die Juden von Tag zu Tag mehr die Geschäfte an sich ziehen, in fast alle Gewerbe eingrei sen, vermöge ihres Zusammcnhaltens, ihre HandelS- capitalien vermehren, und den Christen, die nicht die Wege vieler Juden gehen können, die Erwerbsquellen schmälern, die Handwerker durch ihre Magazine ferti ger Gegenstände zwingen, wollen sie nicht ganz arbeits los scyn, um ein Spottgeld für sie selbst zu arbeiten und so sich selbst den Sarg zu fertigen. — " " „In welchen Bestimmungen nun die allegirte Re organisation der Schneiderei bestehen soll und müsse, ist aus dem Vorhergcsagtcn leicht zu errathcn; denn es geht daraus deutlich und klar hervor: rr. daß der Schneider die in seinem Beruf allseitig nothwendigen Materialien als Geschäftsmann selbst anschaffe, gleich viel, ob aus eigenen Mitteln, oder durch Errichtung von Actien oder Vereinen; b. hierauf Bestellungen, zu Lieferungen von Kleidungsstücken anzunehmcn; e. zur Zeit, um allen Bedürfnissen entsprechen zu können, *) Allerdings geschieht dieß von Juden sehr häufig, aber die Aschaffenburger Zeitung hat sehr Unrecht, alle hieraus entste henden Nebel lediglich denJuden aufbürden zu wollen, da überall such viele Christen dasselbe thun, d. h. überall der Handelsstand Md sonstige Spcculanten ihr Geld benutzen, um mehr und mehr Lrwerb an sich, also dem Handwerker zu entziehen, demArmen Ä beinahe unmöglich machen, auch durch den angestrengtesten sleiß der Armuth sich zu entwinden. A. d. R. Kleidervorräthe fertigen und somit ein gehörig affor- tirtes Magazin zu errichten; ck. den Verschluß der Maaren sowohl, als der fertigen Kleidungsstücke in- und auswärts selbst zu besorgen, und o. das ganze Geschäft durch strenge innere und äußere Ordnung ge hörig zu administriren. Canneva sagt über lit. v.: „„Kein Handelsmann auf der weiten Welt ver wendet soviel Sorgfalt, Zeit und Thätigkeit auf seine Unternehmungen, wie der Schneider; dennoch ist kein Handelsgeschäft in einer traurigeren Lage, als das der Schneider, selbst in der blühendsten Zeit der Thätigkeit in ihren sonstigen Geschäften. Ordnung der Bücher, strengste Ordnung und kaufmännische Uebersichtlichkcit ist für solchen Verkehr unerläßliches Bedürfniß, dabei wird sich meine Kundschaft allmälig vermehren; ich werde vielleicht nicht sehr viele und nicht in die Au gen fallende Geschäfte machen; aber von Allem, was ich mache, gebührenden Vortheil ziehen, weil ich Ord nung habe und meine Kundschaft auswählen kann; ich werde zwar nicht, wie einige meiner College», fürst lich wohnen und fürstlich eingerichtet seyn, aber Geld in meiner Casse haben, ich werde nicht erst nöthig ha ben, von einem Kaufmann zum andern zn rennen, um bei einem wenigstens Waaren auf Credit und für ho hen Preis mir zu erschleichen, sondern die Herren Kaufleute selbst werden zu mir kommen, um Abnahme für sehr billige Preise mich ersuchen; ich werde also auch gute und doch billige Kleidungen mit gehörigem Vortheile verkaufen können und daher auch an ver ständigen und rechtlichen Kunden niemals Mangel haben!" " Man wird mir aber nicht ohne Grund erwidern: Der individuelle Schneider, welcher ein Geschäft nach vorhinbezeichneter Vorschrift einzurichten vermögend ist, hat solches bereits schon vollbracht. Ein unbemittelter Schneider kann so etwas nicht einrichten, wenn er sich auch von der Nothwendigkeit noch so sehr überzeugt haben wird. Ich aber erwidere hierauf: Vereinte Kraft macht stark. Dieser Wahlspruch zielt also klar und einfach auf die Constituirung von Ver einen hin, zur definitiven Ausführung eines solchen Geschäftes. Bereits alle Werke, Unternehmungen und Geschäfte neuerer Zeit werden durch Errichtung von Vereinen und Actienaufnahme ausgeführt; warum sollte dieß bei dem seit einem Jahrzehent so bedeutende technische Fortschritte gemacht habenden Gewerbe nicht auch geschehen, da sich doch unläugbar, mittelst einer