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183 184 Flucht ergreift. Dicß Kleidungsstück stammt aber ohne Frage aus Egypten, wo nicht aus Indien; es ist un streitig der allgemeinste Theil der weiblichen Toilette, spielt auch bekanntlich bei den Jüdinnen eine große Rolle. In Egypten kommt dasselbe auch als Deko ration der Männer vor. Von seinem nächsten Anver wandten, dem Schleier, sprechen wir wohl eigentlich zweckmäßiger, wenn wir einmal das sitlengeschichtliche Kapitel des menschlichen PutzeS abhandeln; das von der eigentlich sogenannten Kleidung ist an sich soweit schichtig , daß wir in das daranhängcnde ohne Nolh nicht überschweisen wollen. Bei den Römern diente der Hut ebenfalls bloß auf Reisen. Als Zeichen der Freiheit ist derselbe bei diesen Weltbeherrschern niemals getragen worden, hätte sich auch zu ihrer sonstigen feierlichen und pompösen Staatötracht, als in welcher allein sich ein altrömisch denkender Bürger öffentlich zeigte, nur carrilaturmä- ßig auSnehmen können. Und das muß man ein- für allemal bei aller griechisch römischen Kleidertracht mer ken: so oft allerdings auch bei ihnen die Mode wech selte (doch wechselte sie nie so buntscheckig und kindisch wie bei uns), sind sie doch fast nie, wenigstens nie vor den Zeiten ihres durch die Vermischung »nt Bar baren beschleunigten Verfalls, aus geschmacklose Trach ten verfallen. Der Hut war ein Zeichen der Freilassung. Wenn ein Gebieter seinen Sklaven frei erklärte, io setzte er demselben den Hut auf; nahm er aber diesen Akt zugleich als bürgerliche Cercmonie vor der Obrig keit vor, weil daS Bürgerrecht der Freilassung zu fol gen pflegte, so verrichtete der Prätor jene symbolische Handlung. Zugleich wurde dem Freigesprochenen ein Streich mit einer Ruthe.gegeben, welcher Theil dieses Herkommens sich in der mittelalterlichen Solcnnität des Ritterschlags erhalten hat. Eben diesen weiße», grauen oder braunen Filz der Freilassung setzten aber die Freigelassenen eines Verstorbenen auf, wenn sie ih ren Gebieter zu Grabe trugen. Dieß war eine Pflicht der Dankbarkeit, besonders, wenn sie die Freiheit so eben erst, vermöge testamentarischer Anordnung, em pfangen hatten. Daß aber der Hut Symbol der Frei lassung wurde, hat ebenfalls einen sehr einfachen Grund. Wir haben gesehen, daß die Sklaven ihr Haupt un bedeckt und glatt rasirt tragen mußten. An den Sa kurnalien, dem ErinnerungSseste des goldenen Zeital ters, unser» WeihnachiStagcn (dem Kalender nach fast buchstäblich; denn dieselben begannen mit dem sieben- zebnten Deeember und dauerten bis zum dreiundzwan- zigstcn), hatten die Sklaven das Recht, sich wie freie heute zu benehmen, ja sich von ihren Herren bedienen zu lassen. Was war natürlicher, als daß sie vor Allem nach einem äußeren Abzeichen ihres augenblicklich fin- girten Standes griffen? Der Kahlkops war Sinnbild ihres Sklavenstanbes: sie setzten einen Filz ans und sie schienen Freie. Später, als man es mit dem Sym bol der Sklaverei nicht mehr genau nahm und fort schreitende Humanität, sowie die Etikette eines feine- ren Hebens, die auch den Sklaven in einem eleganten Aeußcrn um sich sehen wollte, den Sklaven gestattete, ihr Haar wachsen zu lassen, blieb gleichwohl die Ge wohnheit, im Hute als saturualischer Freimann zu parabiren. " (Fortsetzung folgt.) Beim Verleger dieses ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Heinrich Dietc, vollständige Lehre der Mernnsscb neiderei, namentlich die neueste geometrische u. corporismetrische MaßnehmungS- mctbode, das Reduciren und Transportiren durch die An wendung des Reduelions-Schema's bei allen Arten von Kleidermustcrn (Patronen); diegeomctr. u. corporismetr. Zuschneidekunst, nach den neuesten Muster» aus dem Pariser hehrcurs, von Oberröcken, Fräcken, Paletots, Twinen, Uniformen, Waffeuröcken, Burnus, Mänteln, Weste», Beinkleidern, kurzen Hosen, Gamaschen, Kna- benanzügen, für den regelmäßigen und unregelmäßigen Körperbau und Wuchs; auch ihrer Zusammensetzung und Bearbeitung, praktischen Winken über Nachbesse rungen und Veränderungen :e. Nebst einigen Ncben- kennluissen für Schneider, namentlich der Netzung und Decalirung, der Berechnung des Tuchbedarss bei allen Tuchbrelten für die verschiedenen Kleidungsstücke, Ein- theilung aller Patronen aus den möglichst kleinen Raum re. Äte sehr verbess. u. mit den Fort schritten der Mode verm. Aufl. Mit 26 lilh. Foliotaseln, enthaltend 600 Figuren und 36 geometri sche Zeichnungen. 8. Rlhlr. oder 2 fl. 42 kr. Die Verdienste des Hrn. Dietc, vormaligen Zuschneiders im Atelier des Meisters Petit zu Paris, um die moderne Manns- schneidcrci sind bekannt und haben in öffentlichen Blättern, na mentlich in der beliebten Modczeitung, der Elegante genannt, schon wiederholt die rühmlichste Anerkennung gefunden. Seine Anweisung zum Auschneiden der Oberrdcke, Fräcke, Westen, Mäntel, Paletots, Uniformen, sein neu erfundener Corporis- melcr (Körpermesser) habe» seinen Herrn Kunstgenossen die besten Dienste geleistet, vor Altem aber die vorstehende Lehre der Mannsschneidcrci, von der wir jetzt die zweite Auflage anzei- gen. Sie ist nicht etwa ein bloßer Abdruck der ersten, sondern ein völlig neues und vollendetes Werk, mit der größten Sorgfalt auf den allcrneucstcn Standpunkt des Geschäfts und der Mode gebracht, das kein mit seiner Zeit fortgchcnder Kleidermachcr entbehren kann, was ihm dagegen alle übrigen entbehrlich macht, von denen viele nichts als unverständliche Auszüge aus der alten Auflage dieses Werkes enthalten. Modebilder L8 — «L. Patronen V3 —