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„Ich werde verrückt, ich werde ein Narr," rief Rifolv bestürzt. „So," versetzte der Präsident des Kriegsrathcs, „ Sie bestehen also dabei, zu läugnen, daß dieser Mann nicht Ihr Mitschuldiger ist." „Mein Mitschuldiger!" antwortete mit einer Be wegung des Abscheucs derjenige, an den diese Frage gerichtet gewesen. „Wählt man solche Kreaturen zu Mitschuldigen?" „Aber wie kamen dann die Beweise Ihres Ver brechens, von dem Niemand eine Ahnung hatte, in die Macht dieses Mannes? Wie brachte sie der Zu fall in seine Hände?" „Sie bezahlen, Sic belohnen die Anbringung, und Sie staunen, Anbringer zu finden? Dieser Nichts würdige hat mir mein Geheimniß gestohlen, um das selbe an Sie zu verkaufen . . . Doch wozu verliere ich so viele Worte, meine Herren! Wir wollen diesen Streitigkeiten ein Ziel setzen. Ich bin ein Engländer, ich wagte meinen Kopf, um meinem Vaterlandc zu dienen; meine Pläne sind entdeckt, führen Sie mich zum Tode. Es lebe England! Schmach und Schande Frankreich!" Unter den Zuhörern wurde ein Murren hörbar, j zu welchem sich vielleicht ein geheimes Gefühl der Be- ! wunderung gesellte, welche die Kühnheit und Uncr- i schrockcnheit deS jungen ManncS erweckte. Der Gene- ! ral versetzte bewegt: „Bestehen Sie darauf, daß d^Name John Sydney, unter welchem Sie bekannt sind, nicht Ihr wahrer Name ist?" „ Ja." „Beharren Sie eben sowohl darauf, Ihren wah ren Namen zu verschweigen?" „Nur England kennt ihn, es wird demjenigen, der für seine Sache stirbt, ein ehrenvolles Andenken weihen." Der General beugte sich zu den Ossicicren, die um ihn her saßen und bericth sich leise mit denselben. Nachdem er ihre Ansichten vernommen, sprach er das Urtheil aus, daß John Sydney, alä Spion von England, zum Tode verdammte. „ Haben Sie nicht noch irgend eine letzte Willens meinung?" fragte der General. „In einer Viertel stunde wird Ihr Todcsurthcil ^vollzogen werden." „Keine, meine Herren! Wenn man das Spiel spielt, das ich verloren habe, ist man stets zum Ster ben bereit." „Johann Risolä hingegen hat die Pflicht erfüllt, die das Gesetz von jedem guten Bürger erheischt; er hat eine Verschwörung gegen den Staat entdeckt, der Kriegsrath erklärt daher, daß kein Grund vorliegt, et was gegen ihn zu unternehmen, er stellt ihn dem Ver fügen Sr. Ercellenz des Herrn Polizeiministers anheim." Der Gefangenwärter trat hervor, winkte Rifolö und führte ihn in den Schloßthurm zurück. „Sapperment, Kamerad, Ihr seyd gut durch- gckommcn!" Er sprach noch, als bereits das Abschießen meh rerer Gewehre hörbar wurde. „Horcht," fügte der Mann mit dem Schlüssel bunde hinzu, „das stand auch Euch nahe. Euerm Englischman lhut nun kein Zahn mehr wehe, diesem versetzte man zwölf Kugeln in den Leib." RW6 sank ohnmächtig nieder. ' Als er wieder zu sich kam, theilte man ihm den Befehl mit, hinabzukommen. Eine Postschaise war tete seiner im Festungshofe, man ließ ihn einsteigcn und der Wagen führte ihn zum Polizeiminister. Hier ge leitete man ihn zu dem Herzog von Otranto, der ihn mit offenen Armen und freundlicher, als vorher empfing. „Mein guter Rifolö," sagte der Minister, „Sie haben so eben zwei harte Tage erlebt; allein ich ge stehe Ihnen, meine erste Ansicht war keine andere, als Sic müßten der Mitschuldige des Spions seyn. Wer hätte argwöhnen sollen, daß Sic mit Ihrem einfachen Aussehen und Ihrem Jocrisse-Benehmen das Gehcim- niß eines Mannes durchschauten, der weder dem Kai ser, noch selbst mir das mindeste Mißtrauen cingeflöß: hatte. Die originelle Weise, durch die Sie mich aus den rechten Weg geführt, bat mich vollends irre ge macht. Sie konnten mir auf keine treffendere Art be weisen, daß Sie ein gescheuter Mensch sind, und wie bedeutende Ansprüche Sie haben, in meinem Fache nütz lich verwendet zu werden." (Schluß folgt.)