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173 174 mir die Weiber durch ihre Tracht besonders auffallend. An der linken Seite des Kopfes haben sie in den Haa ren ein Horn von der Lange eines Fußes befestigt und darüber, gleich den Araberinnen, ein weißes Tuch ge worfen, das tief herunter hängt. So habe ich nun schon oft von den Trachten der fremden Völker gesprochen, aber noch nicht einmal ge sagt, wie ich selbst unter denselben gekleidet ging. Ich blieb ein Franke. Durch Aegypten trug ich einen leich ten schwarzen Ueberrock, eine graue Leinwandhose, Stie feln nach deutscher AU und einen weißen Filzhut. — Hier machte ich mir noch einen braunen Staubmantel mit einem schwarzlakirten Gurt umgürtet, kaufte mir einen großen Strohhut zum Schutz gegen die bren nende Sonne, und stand so, als nach sechs Tagen ge gen Abend ein Schiff nach St. Akre fuhr, mit einem Felleisen auf dem Rücken, eine Kürbisflasche und einen türkischen Sabel an der Seite, zur Pilgerfahrt fertig. Meinen Koffer ließ.ich bei dem deutschen Schnei der stehen und nahm in meinem Felleisen nur etwas Wäsche, zwei Wasserflaschen und einen alten Rock als Decke mit. Da wir von den Matrosen ins Schiff ge tragen wurden, zerbrach mir meine gute Neiseflaschc und der Inhalt wurde verschüttet. Wir fuhren längs der Küste, zwei Meilen von derselben entfernt. Auf dem Schiffe waren, außer dem Kapitän, nur zwei Matrosen, die es regierten. Sie wa ren alle Christen. Doch auch mit diesen Leuten konnte ich nur wenig sprechen, da blos der Kapitän etwas Italienisch verstand. Nachdem wir die Nacht über glücklich gefahren hatten, erblickten wir am nächsten Morgen früh in ei nem Thale, von Maulbecr- und Weingärten und wei terhin von kahlen Bergen umgeben, das alte Sidon, jetzt eine kleine Stadt, im Altcrthum aber die Haupt stadt eines großen Handelsreiches. Weiter blieb die Küste kahl und zackige Felsen erstreckten sich ins Meer hinein. Gegen Abend landeten wir bei der Schwesterstadt Sidons, dem alten, ebenfalls zerstörten Tyrus (jetzt Sur). Einige Trümmer der alten Stadt liegen im Meere, die höchsten ragen wohl 20 — 30 Fuß aus den Wellen hervor, die sich unaufhörlich mit lautem Getöse an denselben brachen. Der Wind legte sich und wir mußten zwei Tage feiern. Ich ging am folgenden Tage mit meinem Kolle gen vom Schiffe und wir kauften uns auf dem Markte (Bazar) einige Melonen und arabisches Brod. Hier fanden wir auch noch einen deutschen Landsmann, der von Jerusalem kam und sich wegen Krankheit einige Tage im Minorikenkloster aufhielt. — Tyrus ist heut zutage ein unbedeutendes Städtchen mit armseligen Hütten von Lehm und Stein, mit flachen Dächern. In der Ferne sieht es wie ein Trümmerhaufen aus. Am Abend des zweiten Tages erhob sich wieder ein ziemlich günstiger Wind, die Anker wurden gelich tet und unser kleines Schiff durchschnitt wieder die Meercsfluthen. Immer längs der Küste hinfahrend, die am folgenden Morgen flach wurde, bogen wir ge gen Mittag links in die Bucht St. Akre. — Wir stiegen ans Ufer. Mein Herz war voll Dank und Freude gegen Gott, der mich so wunderbar bis hierhin geführt hatte. Nun stand ich also nach vielen Mühseligkeiten zu Lande und zu Wasser endlich auf dem Boden des Landes, wovon ich schon in meiner Kindheit so oft geträumt und wo,nach ich mich immer gesehnt hatte; auf dem Boden des wunderbaren Landes, wo einst das Vater land eines von Gott so hoch begünstigten Volkes war, das ich nun aber überall in der Welt zerstreut und verachtet gesunden hatte; auf dem Boden des heiligen Landes, wo vor Zeiten Gott selbst mit den Menschen geredet und wo unser Heiland Jesus Christus einst voll Liebe gewandelt, gelehrt, gewirkt und gelitten hat. M i s c e l l e ir. Ein Hofschneider. Ein Hofschneider, der einst für Ludwig XV. und Ludwig XVI. gearbeitet, und damals in den besten Umständen gestanden hatte, ist am 23. Juli 1842 zu Paris in ziemlich großer Dürftigkeit und in einem Le bensalter von 107 Jahren gestorben. Der Wendepunkt seines Glücks zur Armuth war die Revolution; er lebte seit 47 Jahren in einer elenden Wohnung von den spärlichen Erträgnissen seiner Nadel-, die ihn einst so reichlich genährt hatte. 8ie transit »loria muncki! Er hinterläßt zwei Söhne und zwei Töchter. Das jüngste seiner Kinder ist gegenwärtig 80 Jahre alt. Er hatte noch Adressen und Maase, die mit den be-