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171 172 Hier sollten wir eilf Tage bleiben. Am Tage vor dem Ablauf dieser Frist wurden wir von dem Arzte schon für rein erklärt; da aber unser Quardian (Bedienter) mit einem andern Quardian, dessen Passagiere so eben von Konstantinopel gekommen waren, Umgang gehabt hatte, so wurden auch uns noch zehn Tage Quaran täne zudictirt, und wir mußten also dieses geringfügi gen Umstandes wegen so viel länger ausharren. — Das war nun zum drittenmal, daß ich solche Fatalitä ten mit der Quarantäne hatte, doch diesmal war es wegen meines Augenübels weiter nicht unangenehm für mich. Ich mußte schreckliche Schmerzen leiden. Kaum konnte ich einige Schritte vor mich sehen. Tag und Nacht machte ich Aufschläge von kaltem Wasser und nahm die Röthlinger Pillen, welche ich von Konstanti nopel mitgenommen und die mir auch schon in Aegyp ten, wo ich an einer Art Ruhr litt, gute Dienste ge- than hatten. Kein Essen wollte mir schmecken. Ich trank nur Thee. Arabisches Brod war uns in Ucbcr- sluß gereicht worden, mir der Versicherung, daß wir nichts dafür bezahlen sollten. Meinem Kollegen wurde es allein zu viel, verschenken konnten wir es nicht und mußten also die verschimmelten Ueberreste ins Meer werfen. — Die Sklavenhändler und übrigen Passa giere baten täglich den Jnspector, unsere Quarantäne- srist abzukürzen, da doch der elende Quardian allein Alles verschuldet habe. Als 2 t Tage verflossen waren, wurden wir end lich nach der Visitation des Doctors entlassen, sollten jedoch, zu unserm größten Befremden, vorher 25 Pia ster für den Aufenthalt in der Quarantäne und neben bei eine Rechnung von 20 Piaster für Brod bezahlen. Ich stritt darüber lange, so viel ich auf Italienisch konnte; aber Alles vergebens — wir mußten zahlen. Won meinem Reisckollegen hatte ich unter solchen Um ständen durchaus keine Hülse zu erwarten, da er noch keiner fremden Sprache mächtig war. Wir bestiegen wieder eine Barke und fuhren in den Hafen Beiruts, wo wir den 26. Juli 1838 ans Land traten. Seit Damiette in Aegypten hatten wir 400 See- oder 100 deutsche Meilen zurückgelegt. Schon in Aegypten hatte ich erfahren, daß hier ein deutscher Schneider etablirt sey. Ich zog nun gleich bei einigen Franken, die ich am Ufer gewahrte, Erkun digungen ein und fand ihn in einem großen Haan, wo nur Fremde logirteu. Derselbe war uns behülf- lich, eine Kammer in diesem Haan zu miethen. Wir bekamen auch für 20 Parah täglich ein erbärmliches Zimmer, das weder bedielt noch gepflastert, wohl mit Fensteröffnungen versehen, aber ohne Fenster, im In nern ganz schwarz von Flöhen, Ratten und Mäusen bewohnt war. W'der Bank noch Tisch war darin. Für den hölzernen Schlüssel, mit dem man die Thür verriegelte, mußten wir noch drei Piaster extra zahlen. Auch der Sklavenhändler quartierte sich in unserm Haan ein und bot seine Schwarzen zum Verkauf aus. — Da wir seit 50 Tagen keine warmen Speisen genossen hatten, so war unsere nächste Sorge, ein fränkisches Speisehaus aufzusucken. Dort labten wir uns einmal wieder auf europäische Art und erquickten uns mit ei ner Flasche guten Wein, der hier auch sehr billig war. Der deutsche Schneider August, gebürtig aus dem Hannöverischen, machte schlechte Geschäfte. Zwar gab es dort mehrere Griechen und Franken, aber diese ließen ihre Kleider größtcntheils aus Marseille und Livorno kommen. Beirut liegt an einem steilen Berge dicht am Meere, ist nur mit einer Ringmauer umgeben und von der Mecresseite offen. Seine Straßen sind sehr un regelmäßig und ganz miserabel gepflastert. Auch be trat ich ein Pflaster, desgleichen ich auf allen meinen Reisen noch nicht gefunden hatte. Die Mitte der Straße war etwas ausgehöhlt, damit zur Regenzeit das Was ser abfließen konnte, und zu beiden Seiten spazierte man auf Nindshäuten einher, die sich wahrscheinlich von selbst gerben sollten, da sie wieder ausgenommen wurden, wenn sie glatt getreten waren. Eine merk würdige Gerberei! Weiter in der Stadt hinauf findet man die Bazare, wo die Professionisten, Kaufleute und Gemüsekramer sitzen. Mehrmals habe ich mich hier aw den süßen Getränken von abgekochtcm Johannis brot», welche mit Eis von dem Gebirge Libanon abge kühlt werden, erquickt. — Oberhalb Beirut, den Berg hinauf, hat man viele Gartenanlagen von Maulbeer bäumen; denn die Seidenzucht ist hier bedeutend. Die freundlichen, von Stein gebauten Gartenhäuser dienten den Reichen zu Sommervergnügungen. Die Männer haben dort die gewöhnliche morgen ländische Tracht; die Weiber tragen weite, geblümte Hosen und über den Kopf ein langes, weißes Tuch, das fast den ganzen Körper umhüllt und vor dem Ge sichte noch einen besonder» geblümten Schleier. — Un ter den im Gebirge Libanon wohnenden Drusen, einem Wolke, das sehr geheim mit seiner Religion thut, waren