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167 168 aber mit großer Mühe noch ein anderes Schiff um denselben Preis, das auch nach einigen Stunden ab- fuhr. Auch trafen wir zum Glück noch einen Euro päer, der uns als Dolmetscher diente, und mit dessen Hülfe wir einen Discret (schriftliche Uebereinkunft) von der arabischen Kanzlei erhielten, indem wir gleich im Woraus bezahlen mußten. Mit schwachem Winde fuhren wir den Nil wie der hinab. — Noch einmal hatte ich das Vergnügen, das paradiesische Nilthal zu durchfahren. Wir gelang ten nach fünf Tagen, dem Städtchen Massura auf der rechten Nilseite gegenüber, bei einem kleinen Flecken an, dessen Name mir aber entfallen ist. Hier waren wir leider gcnöthigt, ein anderes, kleineres Schiff zu bestei gen, indem uns der Capitän erklärte, daß er wegen zu geringer Fracht mit dem großen Schiffe nicht weiter fahren könne. Wir waren wieder übel daran, zumal wir lange Zeit gar nicht verstanden, was er wollte, und mußten uns abermals nach vielem Herumzanken in unser Schicksal fügen. Ich wollte durchaus nicht vom Schiffe, stritt mit dem Capitän auf Arabisch, Ita lienisch und in allen Sprachen, bis er uns einen an dern Kahn zeigte, der nach Damiette fuhr, und dem er auch seine Weizcnladung übergab. Aber wir waren nicht eher zufrieden, als bis er vor unfern Augen dem andern Capitän für unsere Beförderung 15 Piaster auszahlte. Wir standen uns viel schlechter, denn wir erhielten einen offenen Kahn, und waren den gan zen Tag der heißen Sonnengluth ausgesetzt. Dennoch verlangte der unverschämte Araber einen Bakschis. Da ergriff mich die Wuth, ich hob meinen Stock und schlug nach ihm. Doch sprang er schnell auf die Seite und der Hieb fehlte. — Noch erbitterter wurde ich, als wir in das Schiff traten und die halbnackten in Lum pen gehüllten Schiffsleute so voll Ungeziefer fanden, daß es aus dem Boden sogar davon wimmelte. Aber mein Zorn wurde doch bald durch die freund liche Begegnung einer hübschen Reisegefährtin etwas gemildert. Es war eine koptische Christin, die nach Damascus in Syrien reisen wollte, vermuthlich um einen dortigen Liebhaber oder ihren Mann bei dem Militär zu besuchen. Ich konnte mich nicht viel mit ihr unterhalten, da sie nur Arabisch und einige Worte Italienisch sprach; aber dennoch verfloß mir die Zeit in ihrer Gegenwart recht angenehm. Sie zog ihren Schleier vor den schwarzen, funkelnden Augen hinweg und vergönnte mir den freien Anblick ihres Gesichtes, das zwar etwas blatternarbig, aber doch sonst recht lieblich war. Sie reichte mir ihren langen Tschibuk, den sie rauchte, damit ich ihn auch trinken sollte, und ich gab ihr von meinem Branntwein zu trinken, von dem ich eine große Flasche von Cairo mitgenommen hatte. Da wurde sie noch freundlicher und sing sogar an zu liebkosen — und ich vergaß bei diesem Aben theuer den ganzen Groll über unser Mißgeschick. In den fruchtbaren Ebenen des Nilthals sah ich zu beiden Seilen herrliche Felder, Gartcnanlagen mit Palmenbäumen und andern fremden Pflanzungen. An den Ufern weideten ganze Heerden von Büffeln, ein schwarzeo Vieh mit zurückgcschlagenen Hörnern. Häufig sah ich sie durch den Nil schwimmen; dann saß der Hirt auf einem Büffel, und man sah weiter nichts, als von beiden die Köpfe. — Große Schaaren von Vögeln, besonders Tauben, flogen zu Tausenden auf. Je tiefer wir kamen, desto kleiner wurde der Nil, da er durch die vielen Kanäle beständig an Wasser ver liert. Sandbänke, die man im Nil häufig trifft, legen den Schiffern viele Hindernisse in den Weg, und häufig kommt es, daß sich die Schiffe festsetzen. Da wir uns der Mündung näherten, wurde sein Bett wieder etwas weiter. Endlich kamen wir nach einer langsamen Fahrt von acht Tagen am 21. Juni in Damiette, vier Stun de» vor der Nilmündung, an. Wir wurden von den Douanen in ein griechisches Kloster gewiesen, wo wir für ein Zimmer täglich einen Piaster (2 Sgr.) zahlten. Unsere Nahrung, die wir uns selber besorgen mußten, war sehr einfach, denn wir fanden in der ganzen Stadt kein fränkisches Speise haus, und begnügten uns mit hartgesottenen Eiern, arabischem Brod, Melonen, Feigen und Datteln. Bei einem Kopten kauften wir uns Branntwein und nah men dann zuweilen einen Schluck dazu. Damiette liegt am rechten Ufer des Nils, in einer niedrigen, fruchtbaren Gegend. Die Stadt hat blos eine bedeutende Straße, welche Bazare für Kaufleute und arabische Professionisten enthält. Diese ist unge fähr eine Stunde lang. Die übrigen sind Winkelstra ßen mit kleinen und großen Gebäuden, von Ziegelstei nen gebaut, nach alter ägyptischer Art. Nur ein Ge bäude, nahe am Hafen, ist merkwürdig, in dem die Konsuln aller Nationen ihre Kanzleien haben. — Jeder hat seine Landesfahne auf einer Stange befestigt. Wir hatten diese schon zwei Stunden vor der Stadt erblickt. Alle diese Konsuln sind meistens Kaufleute und kopti-