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Ul s Wanderungen durch Europa und das Morgenland in den Jahren 1821 bis 181« von P. D. Holt haus, Schncidergeselle ausVerdohl inWestpha- len. ste Auflage. Mit dem Bildniß des Her ausgebers. Barmen, 1812. In der Überzeugung, allen unfern verehrten Abon nenten eine wahre Freude damit zu machen, geben wir aus diesem, von der ganzen deutschen Lesewelt so rühm lich ausgezeichneten Buche, einige Auszüge ohne beson dere Wahl, auf gut Glück, um die Leser und Abneh mer für das Ganze noch mehr zu locken. Blindlings öffne ich das Buch und schlage auf: Zweite Wanderung in die Wallachei. Es war im April 1836, als ich zum zweiten Male Ungarn betrat. Ich schlug wieder den alten Weg ein. Menschen und Gegenden kamen mir nicht mehr so fremd und ich mir nicht so abcntheuerlich vor, wie das erste Mal, obwohl ich ganz allein war; denn ich hatte schon eine ziemliche Praxis im Reisen. Ich wußte, daß auch hier Menschen wohnten, daß Arbeit und somit auch Reisegeld zu finden sey. Nachdem ich bis Preßburg auf bekannten Wegen geblieben, kam ich in Tyrnau und Neutra in Slawa- ken in eine noch nicht besuchte Gegend. In Neutra residirt ein Bischof, der einzige in Ungarn, der vom Kaiser eine militärische Besatzung unter sich. — Die Slamaken hier handeln viel mit Leinwand, sind meist Draht- oder Topsbinder und reisen durch ganz Oester reich und die Türkei. — Dann näherte ich mich wie der der Donau. Unterhalb Preßburg theilt sic sich in zwei Arme. Ich setzte über den linken und kam nach Comorn, an der Spitze der großen Donauinsel Schütt. Sie ist sehr stark befestigt. Dann setzte ich über den andern Arm nach Raab, von Deutschen und Ungarn bewohnt, wo ich wieder eine Zeitlang arbeitete. Bon hier eilte ich über Pape, eine ungarische Comitatstadt (Regierungsstadt), durch den großen, berüchtigten Ba- kony-Wald nach Wesprim. Das Dickicht dieses mit großen Eichen und Buchen besetzten Waldes ist gefähr lich und eine von Räubern bewohnte Statte. Ich hütete mich wohl, ihn bei Nacht zu passiren. Kurz vor mei ner Durchreise war ein Handschuhmachcrgesclle von ei nem mit ihm reisenden Fleischergcscllcn dort ermordet und beraubt worden. Doch war dem Bösewicht schon der Proceß gemacht; ich sah ihn aufgeknüpft an dem Galgen bei Wesprim baumeln. — Man sieht in Un garn häufig die Galgen aus diese Weise mit zwei oder drei Missethätern besetzt. In Wesprim, größtentheils vv" Ungarn bewohnt, ist wieder ein Bischofssitz. — Hier, westlich von der Donau, trifft man viele deutsche Kolonien. Die dort wohnenden Ungarn sind meist der reformirten Kirche zugethan, viele auch der lutherischen. Nicht weit von Wesprim liegt der große Platten see; zwei Stunden davon ist ein Sauerbrunnen. Darauf reiste ich einige Stunden aufwärts nach Stuhlweißenberg, einer sehr alten unga ischen Stadt, und erreichte nach einigen Meilen wieder Ofen und Pesth. Meine Füße hatten mich nicht so rasch herun ter gebracht, wie früher die Donau. In Ofen arbeitete ich zwei Monate, wobei ich zugleich gegen den noch immer nicht ganz verschwundenen Hautausschlag die Schwefelbäder gebrauchte. Bon Pesth wandte ich mich nun weiter in das eigentliche Ungarnland, was ich auf meiner ersten Reise weniger berührt hatte. Zunächst gings der Theiß zu, nach Ober-Ungarn und dem südlichen Abhänge der Karpathen. Bei Erlau und weiter nach Tokay kam ich durch die Gegend, wo die berühmten ungarischen Weine wachsen. Der vorzügliche Tokayer wächst nur an einem kleinen südlichen Gebirgsabhange. Gewöhn lich bleiben die Trauben etwas langer stehen und wer den dann noch die besten ausgesucht. Der Wein, den ich aber in Tokay trank, war ein erbärmliches Gewächs. Den besten schickt man in die Fremde. Schon gleich hinter Pesth, besonders aber von Miskolz an, wo auch viele Slawaken wohnen, beginnt eine öde, wüste Gegend. Es gibt ungeheure Sandflä chen, mit dürrem Gras überzogen; Haiden, wo man nichts, als einzelne Hirten und Schäferhüttchen (Pusten genannt) antrifft. Diese Hirten sind aber keine gute Hirten, sie gleichen mehr den Raubwälsen, und sind sehr diebisch und böse. Sie haben ganze Rotten von großen Wolfshunden. Kommt ein Reisenver, so Hetzen sie diese Bestien auf denselben los. Auch mir begegnete ein solcher Angriff. Ich schritt ganz unschul dig auf der Debreziner Haide einher, als ich auf ein mal von zwölf großen Hunden umringt wurde. Der Schäfer, der sie mir zugeschickt hatte, sah von