Miscellen. 321 W r s c e t t e n. Liernur's System der Städtereinigurrg in der Praxis. Die schwäbische Chronik vom 5. October 1872 (Nr. 237) bringt darüber fol gendes Referat: „Daß das genannte System der Entfernung der Fäcalstoffe ans den großen Städten in der Theorie das vollendetste System sei, darüber sprechen sich Landwirthe und Aerzte übereinstimmend aus. Dem Landwirth ist jedes Schweuimsystem ein Greuel, das seinem Boden die werthvollen Düngstoffe entzieht und unbenutzt dem Meere zuführt, er heißt daher jedes System willkommen, das ihm jene Stoffe zuführt, und heißt dasLiernursystem um so willkommener, je frischer es ihm dieExcrementc auf seine Wiesen und Aecker schafft; desgleichen stimmen auch die Aerzte mit Freuden einem Systeme bei, das den Hauptgrund vieler ansteckender Krankheiten so rasch wie möglich ans dem Bereich der menschlichen Wohnungen entfernt. Nicht minder ent zückt jeden Städter, der gern behaglich in guter Luft wohnen möchte, der Gedanke, daß die Übeln Gerüche, die ihm so oft daS Leben in der Großstadt beschwerlich und gefährlich machen, mit dem Systeme Liernur's ein Ende erreichen werden. Sollen doch nach diesem System sämmtliche Excrcmente in gußeisernen Röhren gegen jede Berührung mit der Luft abgeschlossen bleiben, aus den Röhren in die luftdicht ver schlossenen Reservoirs abgezogen und endlich in luftdichte Behälter mittelst Luftdrucks entleert, täglich aus dem Bereich der Stadt abgeführt werden. So hat denn auch das königl. würtembergische Medicinalcollegium keinen Anstand genommen, Li er nur unserer Stadt Stuttgart aufs Wärmste zu empfehlen. Das Medicinalcollegium er blickt namentlich in der täglichen Entleerung einen Vorzug vor dem Tonnensystem, welches die Entleerung nur alle 4 bis 7 Tage gestatte und noch dazu mehr Zeit und Arbeitskraft in Anspruch nehme. — Einsender dieses hatte sich nun zur Aufgabe ge macht, zunächst sich selbst ein richtiges Urtheil über diesen Gegenstand zu bilden und das Liernursystem in der Praxis kennen zu lernen. Dank der großen Gefälligkeit und Zuvorkommenheit der städtischen Beamten in Amsterdam wurde ihm nicht bloß die Einsicht in alle betreffenden Pläne und Zeichnungen gestattet, sondern auch Gele genheit geboten, bei den alle 2 Tage stattfindenden Entleerungen der Reservoirs an wesend zu sein. Der Augenschein lehrte ihn aber, daß die Praxis hinter der Theorie weit zurückbleibt und in Wahrheit noch mit so vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, daß Einsender es in seinem eigenen Hause nicht einführen, geschweige denn hiesiger Stadt empfehlen möchte. Gerade der Brennpunkt des ganzen Systems, der luft dichte Verschluß, ist in Wirklichkeit dessen größte Schwäche. Ein über eine Län genstreckung von 100 Meter verzweigtes Röhrensystem mit 30 bis 40 Abtrittsmün düngen läßt sich in Wirklichkeit nur sehr schwer luftdicht mache». Sobald die mit Der t5llltur.Ii«stettielir. Bd. III. 01