Rciscskizzcn aus Ungarn und Kroatien. W8 Keiselkizzen aus Ungarn und Kroatien von dem Wasserbauinspector Keß zn Hannover. Zur Begutachtung bedeutender wasserbaulichcr Anlagen nach Ungarn und Kroa tien berufen, hat der Verfasser Gelegenheit gehabt, Theile dieser Länder kennen zu lernen, welche nur selten von Reisenden besucht und daher im Ganzen wenig bekannt sind; auch in landwirthschaftlicher Beziehung, und namentlich für den Cultnr-In genieur bieten diese in Betreff der Bodencultnr zum Theil erst im Aufblühen begrif fenen Landestheile manches Interessante, und so mag es vergönnt sein, auch in diesen Blättern einige Mittheilnngen über die dortigen Verhältnisse zu bringen. Der Deutsche hält die ungarische Ebene, und nur diese kommt hier in Frage, sür eine ausgedehnte Haid- und Weidefläche, ans welcher der Noßhirt in Gemein schaft mit dem Rinder- und Sauhirten und dem Schäfer sein Wesen treibt. Diese Vorstellung hat eine gewisse Berechtigung, denn vor Jahrhunderten nomadisirte der Magyar auf den endlosen Pnßten, und erst, nachdem dies Nomadenleben lange schon sich verloren und die Bewohner sich vor den Angriffen der Türken und wegen der Unsicherheit des Lebens und Eigcnthums in größere Ortschaften vereinigt hatten, trat in den letzten Jahrzehnten nach Anlage der Eisenbahnen die Cultur des Getreides in den Vordergrund. Ueberrascht staunt der Fremdling diese unendlichen Flächen mit wallendem Korn und die hohen Stauden des Kukuruz an, und nur einzeln trifft man noch die ursprünglichen Weidegründe mit den weidenden Viehherden. In den süd lichen Gegenden ist der Kornbau fast vorherrschend geworden; ausgedehnte Haidflächc» hat der Verfasser in der Gegend westlich der Theiß und südlich der Linie Wicn- Pcsih-Szegcdin nicht gesehen, selbst der in den nördlicher gelegenen Landestheilen mehr vorherrschende Sandboden zeigt sich noch graswüchsig und nur hin und wieder finden sich Sandschellen. Der Lehmboden der Niederungen und die bei Regenwetter grundlosen Wege erinnern an die Marschen an den Ufern der Elbe, Weser und Ems, und doch wel cher Unterschied in der Landschaft selbst; während in Norddeutschland die einzelnen massiv erbauten Höfe der Hausleute ans dem umgebenden Garten und Baumhos her vorsehen oder die Höfe in langgestreckten Reihen der Hauptstraße entlang liegen, so daß jeder Grundbesitzer unmittelbar von seinem Hofe auf seinen Acker fährt, haben die ungarischen Verhältnisse ein Zusammendrängen in einzelne Ortschaften oder Städte bewirkt. Ausgedehnte Dörfer und endlose Feldmarken, in denen kein Baum noch Strauch, nur Korn und Kukuruz zu erblicken ist. Die einstöckigen Häuser, weiche an den übermäßig breiten Straßen erbaut sind, liegen meistens mit der schma len Seite der Straße zugekehrt; die Herstellung derselben geschieht in der einfachsten Weise in Lehm-Pisöbau und werden die Thür- und Fensteröffnungen herausgeschnit ten, wenn der Lehm eine gewisse Festigkeit erlangt hat. Da schon wegen der bessern Erhaltung ein häufiger Kalkanstrich erforderlich ist, so sehen die Häuser reinlich und nett aus, tritt aber, wie es noch in diesem Jahre in der Theißgegend vorgekommen,